Schlagwort-Archive: AfD übersetzen

AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 (5)

Letzte Runde.

Bildung

Wir fordern bundesweit einheitliche Bildungsstandards orientiert an den besten Schulsystemen Deutschlands.

Die Forderung an sich ist nicht neu und durchaus anerkannt. Das dezentrale Bildungssystem in Deutschland ist ein Problem. Doch der Nachsatz mit den „besten Bildungssystemen“ ist spannend, denn das sind die aus den südlichen Bundesländern und diese sind vor allem für eine starke soziale Selektion und konservative Ausrichtung bekannt.

Wir fordern, Bildung als Kernaufgabe der Familie zu fördern. Kitas und Schulen müssen dies sinnvoll ergänzen. Nichts ist für unsere Zukunft wichtiger als die Bildung unserer Kinder.

Das ist dann der konservative Wunsch, dass die Familie nicht durch Schule und Kindertagesstätten ersetzt werden soll. Das Problem hier ist, dass dieselbe wirtschaftsliberale Politik, die die AfD propagiert auch dazu führt, dass viele Familien zwei Einkommen in Vollzeit haben und davon nicht überleben können. Dann soll am besten die Mutter daheim bleiben und Brötchen schmieren. Die Bildungsunterschiede in unserer Gesellschaft lassen sich auf die sozialen Unterschiede der Familien zurückführen. Es würde also den Aufstieg von geeigneten Menschen aus den unteren Schichten behindern. Es scheint also gar nicht um die Bildung aller Kinder, sondern nur derer als ordentlichen Familien zu gehen.

In erster Linie sind die Eltern für die Bildung und Erziehung ihrer Kinder verantwortlich. Der Staat muss ihnen dabei helfen, diese Aufgabe zu erfüllen. Frühkindliche Bildungsangebote sol- len unabhängig vom Familienhintergrund verfügbar sein.

Die Struktur mit dem Nachsatz kennt man auch von der NPD. Hier wird meist ein Feigenblatt versteckt, also eine Abmilderung versucht. Spannend ist, dass alle anderen Bildungsangebote durchaus vom Familienhintergrund verfügbar sein können. Also bitte keine Arbeiterkinder am Gymnasium. Die Eltern sind immer noch verantwortlich und dumme Kinder bedeutet verantwortungslose Eltern. Der Staat soll Ungleichheiten eben nicht ausgleichen, sondern die Eltern nur unterstützen.

Spannend ist hier, dass diese Argumentation zum einen Artikel 7 des Grundgesetzes unterminiert, weil sie implizit Heimunterricht rechtfertigt und damit Evangelikalen und anderen Spinnern diese Tür öffnet, und zum anderen die Arbeit von Laien an Kindern als wichtiger heraushebt als die von Fachkräften.

Wir fordern ein qualitativ hochwertiges Universitätssystem, das den Studenten angemessene Betreuungs- und Fördermöglichkeiten bietet. Auch eine Rückkehr zu bewährten Diplom- und Staatsexamensstudiengängen muss möglich sein.

Da steht nicht dabei, dass das Universitätssystem für jeden ist und hochwertige Systeme muss man am Ende durch Studiengebühren bezahlen. Exzellenz und so. Das Diplom und Staatsexamen sind der wunde Punkt alter Akademiker. Bologna war Blödsinn und stinkt, aber das heißt nicht, dass die ursprüngliche Idee eines europäischen Universitätssystems mit einer vergleichbaren Basis dumm ist. Hier wird Vergangenheitsverklärung mit aktuellen Schmerzen und Europafeindlichkeit verbunden. Und viele Menschen werden hier aus einem Grund nicken, ohne zu wissen, dass sie auch zu den anderen Aussagen nicken.

Energiepolitik
Wir fordern ein nachhaltiges Energiekonzept für bezahlbare Energie. Es ist unzumutbar, dass die Bevölkerung mit drastisch steigenden Preisen für die kopf- und konzeptionslose Politik der Bundesregierung büßen muss.

Wenn wir die Energie verstaatlichen würden, wäre sie billiger. Das möchte die AfD nicht. Diese Aussage ist reiner Populismus und öffnet allen Möglichkeiten von erneuerbaren Energien bis zu Kernspaltung oder Braunkohle. Es geht nur um den Preis für den Bürger, nicht langfristigeren Wirkungen. Politik sollte eine größere Vision haben als die niederen Instinkte der Bürger zu befriedigen.

Wir fordern eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG). Es ist unsozial, Subventio- nen für Sonnen- und Windenergie durch die Strompreise zu finanzieren.

„Wir fordern eine Abschaffung des EEG, weil wir der Meinung sind, dass gesellschaftlicher Fortschritt nicht von der Gesellschaft bezahlt werden sollte und wir verstecken uns für diese Aussage in einer unpassenden Marktanalogie.“

Wir fordern, dass Subventionen für erneuerbare Energien stattdessen aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert werden. Es muss offengelegt werden, welche Energieart wie stark
subventioniert wird.

„Und wenn wir die Steuern dafür heben müssten haben wir ein gutes Argument wieder die Atomkraft mit dem Argument einzuführen, dass sie billiger sei und wir ja nicht in den Markt eingreifen dürfen. Dann werden wir argumentieren, dass gesellschaftlicher Fortschritt im Sinne erneuerbarer Energien zuviele Subventionen kostet und es geht zurück zu Energien, bei denen nach uns die Sintflut kommen kann.“

Integrationspolitik

Wir fordern eine Neuordnung des Einwanderungsrechts. Deutschland braucht qualifizierte und integrationswillige Zuwanderung.

„Wir fordern nur noch Menschen einwandern zu lassen, die fließend hochdeutsch reden und schon Schweinebraten essen, bevor sie da sind. Eine Konvertierung zum Christentum ist wünschenswert, aber wenn das mit dem Schweinebraten klappt und die weniger Geld wollen als unsere Arbeiter bei gleicher Bildung, nehmen wir sie gern. Außer sie sind Fußballer, dann fällt das mit dem deutsch weg. Artikel 16a Grundgesetz existiert nicht, wenn die nicht Fußball spielen können, brauchen sie auch kein Asyl. Und soundso brauchen wir keine Ausländer, weil wir Deutschen sind eh die besseren Menschen.“

Wir fordern ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild. Eine ungeordnete Zuwande- rung in unsere Sozialsysteme muss unbedingt unterbunden werden.

„Die Kanadier haben ihre Fremdenfeindlichkeit hinter einem Punktesystem versteckt und das könnten wir ja auch machen.“

Ernsthaft politisch Verfolgte müssen in Deutschland Asyl finden können. Zu einer menschenwürdigen Behandlung gehört auch, dass Asylbewerber hier arbeiten können.

„Und da kaum jemand eine ernsthafte politische Verfolgung nachweisen kann, schmeißen wir die ganzen Schmarotzer wieder raus. Wenn es doch mal jemand schafft, dann darf er unsere Straße kehren anstatt einfach nur versorgt zu werden.“ Es gibt von mir einen Perfidiebonuspunkt für den Konjunktiv im ersten Satz. Es ist schon toll, wie man Fremdenfeindlichkeit so formulieren kann, als hätte man nur deren Bestes im Sinn.

AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 (4)

So. Weiter geht es.

Staatsfinanzen und Steuern

Wir fordern, die Schuldenbremse zu achten und die Schuldenberge abzubauen. Auch Deutsch- land hat viel mehr Schulden als zulässig.

Also das ist natürlich so eine Hülse, die auch von anderen Parteien herbeigeredet wird. Es wird nicht deutlich, warum eigentlich Staatsschulden etwas schlimmes sind, jenseits dessen, dass wir unsere Währung nicht austauschen können und sie im Zweifel nicht los werden. Die Aufgabe des Staates ist ja nicht eine gute Bilanz zu haben, sondern das Gemeinwesen zu stützen.

Wir fordern, dass die Haftungsrisiken aus der Euro-Rettungspolitik endlich in der Finanzplanung berücksichtigt werden. Derzeit wird den Bürgern bewusst Sand in die Augen gestreut.

Der zweite Satz ist reine wissende Demagogik. Die AfD weiß, dass wir da „belogen“ werden. Hier wird ein aufklärerisches Interesse vorgeführt, aber die Argumentationslinie ist diejenige, die man auch von Esoterikern kennt. Wird gesagt, dass diese Forderung erfüllt ist, kann man immer noch behaupten, dass die Zahlen nicht stimmen und dass die Politik weiter lügt, weil man selbst wisse es ja ohne Angabe von eigenen Zahlen besser. Man kann sogar fiktive Zahlen anführen und sich dafür anfeinden lassen und damit besser stehen. Heimlich wird hier die Autorität von Herrn Lucke als Wirtschaftsexperten angeführt, die natürlich auf die ganze Partei abfärbt. Es ist also eine Kombination aus: „Wir sind schlauer als ihr.“ und „Ihr lügt alle!“

Wir fordern eine drastische Vereinfachung des Steuerrechts in Anlehnung an das progressiv wirkende Kirchhofsche Steuermodell. Der Bürger muss verstehen können, warum er in welcher Höhe besteuert wird.

Kirchhoffsche Steuermodell ist eine sehr liberale/libertäre Idee. Es beruht auf einem Konzept der Gerechtigkeit, bei dem Gleichbehandlung als gerechter gesehen wird als unterschiedliche Behandlung. Derzeit gilt in Deutschland die Idee, dass je mehr Einkommen Menschen verdienen, sie auch mehr Steuern bezahlen. Dabei sind aber viele Einkommensarten wiederum ausgenommen. Im Kirchhoffmodell zahlt man immer auf alle Einkommensarten eine feste Steuer, damit zahlen die „Reichen“ definitiv mehr Steuern als bisher, die „Armen“ im Zweifel aber auch. Die Frage ist ob dies gesellschaftlich gewollt ist. Der Bürger will vor allem verstehen, warum der andere weniger besteuert wird als er selbst.

Alterssicherung und Familie

Die Eurokrise gefährdet alle Formen der Altersvorsorge durch Überschuldung und minimale Zinsen. Die Schulden der Eurokrise dürfen nicht zu einer Rente nach Kassenlage führen.

Diese Aussage geht von einer starken privaten Rentenvorsorge der Bürger aus. Das Rentensystem in Deutschland ist vom Steuersystem und den Staatsfinanzen theoretisch getrennt. Die Schieflage des Rentensystems entsteht durch den demografischen Wandel und nicht durch fehlerhafte Finanzpolitik. Die macht es vielleicht schlimmer. Die Europolitik hat damit erstaunlich wenig zu tun, aber die Europolitik ist das einzige Thema der AfD.

Wir fordern, Kinder stärker bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.

Wie, warum und ob das bei Schwulen auch gilt, steht da dann ma nicht. Aber gut.

Deutschland hat zu wenige Kinder. Renten- und Krankenversicherung stehen deshalb auf tönernen Füßen. Deutschland muss kinder- und familienfreundlicher werden.

Man könnte natürlich auch das Renten- und Krankenversicherungssystem verändern. Hier steht eine konservative Haltung dahinter, die unser Sozialsystem als gegeben betrachtet und denkt, dass sich die Welt dem System anpassen muss und nicht das System der Welt. Da ist die AfD aber jetzt nicht allein.

Wir stehen für den Schutz der Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Eine solidarische Förde- rung der Familien ist eine Investition in unsere gemeinsame Zukunft und wesentlicher Teil des Generationenvertrages.

Und Familie bedeutet Mutter, Vater, Tochter, Sohn, mit einem arbeitendem Vater und einer Hausfraumutter, die Tochter lernt Ballett und der Sohn ist im Schützenverein und spielt Fußball.

 

AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 (3)

Und weiter geht es.

Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Wir fordern, den Rechtsstaat uneingeschränkt zu achten. Staatliche Organe dürfen sich selbst in Einzelfällen nicht über Gesetze und Verträge hinwegsetzen. Vielmehr sind diese nach ihrem Buchstaben und nach ihrem Geist zu respektieren.

Der Rechtstaat beinhaltet folgende Komponenten: Rechtsgleichheit, Rechtssicherheit, die Bindung des Staates an Recht und Gesetz und unabhängige Richter. Für die AfD scheint hier nur die Bindung des Staates an Recht und Gesetz wichtig zu sein. Wobei das Gesetz auch nur respektiert werden soll. Eingehalten steht da jetzt nicht. Spannend ist, dass dies auch auf Verträge zutrifft, was immerhin erklärt, warum sie die Änderung der EU Verträge beim Europarecht verlangen.

Das Handeln jeder deutschen Regierung findet seine Beschränkungen im Völkerrecht, im Grundgesetz und in den Europäischen Verträgen. Diese sind für unsere Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung und strikt zu befolgen.

Hier ist die Reihenfolge eigenartig. Das Handeln der Regierung findet seine Grenzen im Grundgesetz und nicht im Völkerrecht. Das Völkerrecht ist eher ein internationaler Sandkasten ohne Regeln. Hier werden die europäischen Verträge auch einzeln genannt als möchte man betonen, dass die Position unter Währungspolitik vollkommen legitim ist, weil man die Verträge, die man ändern und dann am besten abschaffen möchte, ja an sich wichtig findet. Die AfD darf sich da gerne mal entscheiden.

Wir fordern eine Stärkung der Demokratie und der demokratischen Bürgerrechte. Wir wollen Volksabstimmungen und -initiativen nach Schweizer Vorbild einführen. Das gilt insbesondere für die Abtretung wichtiger Befugnisse an die EU.

Demokratie gibt es in indirekt und direkt. In Deutschland wird vor allem eine indirekte Demokratie bevorzugt, da die Zeit der Nazidiktatur gezeigt hat, was passiert wenn man die Bevölkerung agitiert. Die AfD wünscht sich das natürlich aus zwei Gründen. Zum einen ist die Forderung nach mehr Demokratie (was immer das sein mag) immer gut, zum anderen sind konservative Entscheidungen bei Volksentscheiden wahrscheinlicher als progressive, insbesondere, wenn Parteien wie die AfD dann noch agitieren. Besonders perfide sind die „demokratischen Bürgerrechte“. Bürgerrechte betreffen nur Bürger eines Staates und sind weniger als Menschenrechte, die für alle Menschen gelten. Demokratisch können beide Rechte nicht sein, weil Demokratie nun mal eine Regierungsform ist. Dies ist also pseudo-volksnahes Gewäsch.

Parteien sollen am politischen System mitwirken, es aber nicht beherrschen.
Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.

Dieser Absatz zeugt wahlweise von kompletter Ignoranz des politischen Systems oder abgrundloser Perfidie. Parteien kanalisieren politische Meinungen, sie sind nicht das Sprachrohr einzelner Menschen. Parteien in Deutschland sind qua Grundgesetz demokratisch und auch direktdemokratisch zu organisieren. Ich wünsche mir, dass die AfD das bitte vormacht. Herr Lucke wird sich sicher freuen, wenn jede Entscheidung von seiner Partei per Abstimmung getroffen wird. Es gibt Gründe, warum man deligiert. Die Perfidie dieser Aussage ist es den Lesern die Idee zu vermitteln, dass die AfD ihre Partei ist, in der sie voll mitsprechen können und die anderen Parteien ja alle nur weltfremde Eliten seien. Das mag richtig sein, es hierbei sei aber auch darauf hingewiesen, welche Berufe die Granden der AfD ausüben.

Wir fordern, dass Bundestagsabgeordnete ihre volle Arbeitskraft der parlamentarischen Arbeit widmen. Das Mandat darf nicht unter bezahlten Nebentätigkeiten leiden.

Es wird hier nicht gefordert, dass Abgeordnete dafür angemessen bezahlt werden. Das werden sie im Zweifel in Deutschland immer noch nicht. Die Nebentätigkeiten könnte man dann verbieten. Hier wird auch wieder mit dem Hass des Volkes auf die „faulen und verkumpelten“ Politiker gesetzt. Ich möchte darauf hinweisen, dass der zweite große Sprecher der AfD der Wirtschaftsvertreter Hans-Olaf Henkel ist. (Herr Henkel ist kein Mitglied der Partei, aber gerne ihr Sprachrohr.)

Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.

Diese Formulierung findet man in anderer Form auch bei der NPD. Sie ist eine Schutzfloskel um Meinungen, die eigentlich gesellschaftlich geächtet sind trotzdem zu verbreiten. Die Werte des Grundgesetzes werden hier genannt um rechtsstaatlich zu wirken. Dabei widersprechen andere Forderungen dann auch mal gerne irgendeinem Grundrecht und man zieht sich auf „man wird das wohl doch noch sagen dürfen!“ zurück. Hiermit soll ein Weg geebnet sogenannte „Denkverbote“ aufzulösen, diese „Denkverbote“ sind meist gesellschaftliche Stigmata, die in Deutschland auf Ausländerfeindlichkeit, soziale Ungerechtigkeit und mangelnde Gleichberechtigung liegen. Es ist also ein Feigenblatt, mit dem man so tut, dass man ja nur die „Wahrheit sagt“ und dass die anderen alle festgefahren sind.

AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm der Bundestagswahl 2013 (2)

Teil zwei der Serie in der ich das Bundestagswahlprogramm 2013 der AfD übersetze. Diesmal:

Europapolitik

Wir bejahen ein Europa souveräner Staaten mit einem gemeinsamen Binnenmarkt. Wir wollen in Freundschaft und guter Nachbarschaft zusammenleben.

Binnenmarkt ja, aber bitte nicht das selbe Geld. Dies widerspricht irgendwie den Aussagen aus der Währungspolitik. Freundschaft und gute Nachbarschaft bedeutet hier auch, dass da bitte eine Grenze dazwischen ist. Denn zwischen dir und deinem Nachbarn ist immer eine Hecke.

Wir bestehen auf dem uneingeschränkten Budgetrecht der nationalen Parlamente. Eine Transferunion oder gar einen zentralisierten Europastaat lehnen wir entschieden ab.

Die EU bedeutet gemeinsamer Binnenmarkt, soll dieser überleben muss auch die Wirtschaftspolitik zumindest angeglichen werden. Das berührt aber nicht das Budgetrecht der Nationalparlamente, denn Steuern werden bisher national und nicht zentral erhoben. Der zweite Satz schürt Ängste des nationalen Identitätsverlustes und der Kontrolle durch die berüchtigten Technokraten der EU.

Wir werden dafür sorgen, dass Gesetzgebungskompetenzen zurück zu den nationalen Parlamenten verlagert werden.

Nunja, die AfD möchte ja eh die Europäischen Verträge kippen oder ändern. Dann ist auch das hier möglich. Die Abgabe von Gesetzgebungskompetenzen an die EU ist übrigens notwendig um diesen Binnenmarkt zu unterhalten, den sie sich weiter oben weiterhin wünschen. Es scheint, als möchte man alle Vorteile ohne die Kompromisse, die eine supranationale oder internationale Organisation wie die EU bedeutet. Wir wollen viel Geld machen, aber bitte alles behalten.

Wir werden uns für eine Reform der EU stark machen, um die Brüsseler Bürokratie abzubauen und Transparenz und Bürgernähe zu fördern.

Warum das da steht, wundert dann schon. Weil eigentlich will man oben verklausuliert den kompletten Kern der EU aushöhlen. Diese Aussage soll primär die diffusen EU-Ängste der Bürger schüren und beschwört dabei das breitgetretene Bild des Bürokratiemonsters EU. Dabei setzt man hier natürlich darauf, dass keiner so richtig weiß, wie diese EU funktioniert.

Das europäische Parlament hat bei der Kontrolle Brüssels versagt. Wir unterstützen nachdrücklich die Positionen David Camerons, die EU durch mehr Wettbewerb und Eigenverantwortung zu verschlanken.

Das beste Bonmot am Ende. Die Briten waren schon immer EU skeptisch bis feindlich und das seit dem Aufsteig von UKIP umso mehr. Diese Briten sehen die EU maximal als Steigbügelhalter für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg und nicht als Friedensprojekt. Dementsprechend bezeichnend ist es, wenn David Camerons Positionen, die auch die EU eher auflösen wollen, hier genannt werden. Cameron hatte erst kürzlich damit gedroht die EU zu verlassen, wenn der Rest der Union nicht nach seiner Pfeife tanzt.

Diese haben übrigens nichts mit dem europäischen Parlament zu tun. Die  Idee, dass das Parlament „Brüssel“ kontrollieren soll, zeugt übrigens von mangelnder Durchdringung des Sachverhaltes. Die EU ist konsensorientiert und damit weniger konfrontativ. Hinzu kommt, dass die zentralen Kontrollen auch durch die Organe der Mitgliedsstaaten (Rat der EU, europäischer Rat) ausgeübt werden.

AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm der Bundestagwahl 2013 (1)

Caspar Clemens Mierau wünscht sich, dass jemand die AfD übersetzt. Ich werde hier meinen kleinen Beitrag mit dem Kurzwahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 leisten. Von diesem ist auszugehen, dass es die Basis für die nächste Wahl wird.

Währungspolitik

Wir fordern eine geordnete Auflösung des Euro-Währungsgebietes. Deutschland braucht den Euro nicht. Anderen Ländern schadet der Euro.

 

Dies ist in diesem Bereich die zentrale Forderung, der AfD. Sie ist ziemlich klar. Die Begründung im zweiten Satz bedeutet, dass wir als Wirtschaft stark genug sind um ohne einen großen Binnenmarkt mit einfachen Absatzmöglichkeiten zu überleben. Das ist eine nationalstaatliche Auslegung von Wirtschaft, die auf der einen Seite globalisierte Wirtschaft ignoriert und gleichzeitig den Mythos der deutschen Wirtschaftsstärke heraufbeschwört. Die anderen Länder werden nicht näher genannt, aber es soll hier suggeriert werden, dass eine Abschaffung des Euro für diese Länder eine Gnade sei. In der Formulierung sind sie aber egal. Es geht primär um Deutschland. Der Rest Europas, mit dem wir heutzutage eng verbunden sind, ist unwichtig.

Wir fordern die Wiedereinführung nationaler Währungen oder die Schaffung kleinerer und stabilerer Währungsverbünde. Die Wiedereinführung der DM darf kein Tabu sein.

 

Die AfD stellt sich gerne gegen „Denkverbote“ so auch in dem Nebensatz mit der Wiedereinführung der DM. Hierbei werden zum einen Euro=Teuro Ressentiments bedient, zum anderen wird mit dem ersten Satz suggeriert, dass eine kleinere (lies nationalstaatlichere) Währungseinheit stabiler ist. Markant ist auch das oder zwischen nationale Währungen und stabilerer Währungsverbünde letztere scheinen hier nur eine Notlösung zu sein.

Wir fordern eine Änderung der Europäischen Verträge, um jedem Staat ein Ausscheiden aus dem Euro zu ermöglichen. Jedes Volk muss demokratisch über seine Währung entscheiden dürfen.

 

Die AfD hat richtig erkannt, dass es eine Änderung der Europäischen Verträge benötigt um aus dem Euro auszusteigen. Ein Land kann das theoretisch auch freiwillig machen, aber das ist völkerrechtlich relativ komplex. Der zweite Satz suggeriert, dass uns Deutschen unsere Währung weggenommen wurde und wir über diese Währung demokratisch bestimmen. Das ist leider nicht richtig. Währungen werden von Staaten festgelegt, nicht Bevölkerungen. Eine Währung als legales Zahlungsmittel hat nichts mit Demokratie zu tun, außer, dass wir die Leute wählen, die festlegen, wie diese Währung aussieht. Die Entscheidung, was ein Volk als Währung hat, ist nicht die Entscheidung des Volkes sondern der Regierung. Diese mag demokratisch gewählt sein, aber das hat wenig damit zu tun, was die Leute auf der Strasse davon halten.

Wir fordern, dass Deutschland dieses Austrittsrecht aus dem Euro erzwingt, indem es weitere Hilfskredite des ESM mit seinem Veto blockiert.

 

„Wir fordern, dass Deutschland die schwachen Länder der Eurozone mit ihrem Bankrott erpresst, bis ihm gestattet wird sich offiziell aus der Verantwortung zu schleichen.“

Wir fordern, dass die Kosten der sogenannten Rettungspolitik nicht vom Steuerzahler getragen werden. Banken, Hedge-Fonds und private Großanleger sind die Nutznießer dieser Politik. Sie müssen zuerst dafür geradestehen.

 

„Wir fordern, dass die bösen Banker dafür gehängt werden!“ Die politische Verantwortung für die Eurokrise liegt bei den Regierungen der Länder und deren nationalstaatlich ausgerichteter Wirtschaftspolitik in einem europäischen Binnenmarkt. Die mangelnde Regulierung des Bankenwesens ist Verantwortung der Politik, nicht der Banken. Hier wird ein einfaches Feindbild aufgebaut ohne zu hinterfragen, was die strukturellen Ursachen der Eurokrise sind. Aller Fairness nach: die etablierten Parteien schauen da meistens auch nicht hin. Ist etwas peinlich, was da rauskommt.

Wir fordern, dass hoffnungslos überschuldete Staaten durch einen Schuldenschnitt entschuldet werden.

 

„Der deutsche Steuerzahler sieht sein Geld nie wieder.“ Der Schuldenschnitt wird oft gefordert, allerdings belastet er einseitig die Steuerzahler der anderen europäischen Länder, weil ein Schuldenschnitt von privater Seite (Banken…) her wohl kaum realistisch ist. Es ist vielleicht ein notwendiges Mittel, aber dafür, dass die Banken oben für alles gerade stehen sollen, geht das mit dem Aufgeben von staatlichen Einnahmen schnell.

In der Schuldenkrise müssen Banken ihre Verluste selbst tragen oder zu Lasten ihrer privaten Großgläubiger stabilisiert werden.

 

Das ist zum einen eine sehr populistische Forderung, zum anderen eine, die öfter diskutiert wurde. Die deutsche Politik hat sich hier entschieden Banken zu retten und große Schwächungen der Wirtschaft zu vermeiden. Es ist zumindest diskussionswürdig, ob ein solche Vorgehen ratsam ist.

Wir fordern ein sofortiges Verbot des Ankaufs von Schrottpapieren durch die Europäische Zentralbank. Inflation darf nicht die Ersparnisse der Bürger aufzehren.

Diese Forderung versteht niemand. Aber gut, es geht hier darum dass die EZB immer mehr Geld druckt und deswegen mein eigenes Geld immer weniger wert ist, während die EZB mit dem vielen neuen Geld die Schrottpapiere aufkauft. Die Forderung ist auch diskussionswürdig, aber die Frage ist, ob die drohende Deflation uns wirklich mehr bringt. Es ist am Ende eine populistische Forderung, die darauf anspielt, dass der Kleinsparer hier übers Ohr gezogen wird.