AfD übersetzen – Das Kurzwahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 (3)

Und weiter geht es.

Rechtsstaatlichkeit und Demokratie

Wir fordern, den Rechtsstaat uneingeschränkt zu achten. Staatliche Organe dürfen sich selbst in Einzelfällen nicht über Gesetze und Verträge hinwegsetzen. Vielmehr sind diese nach ihrem Buchstaben und nach ihrem Geist zu respektieren.

Der Rechtstaat beinhaltet folgende Komponenten: Rechtsgleichheit, Rechtssicherheit, die Bindung des Staates an Recht und Gesetz und unabhängige Richter. Für die AfD scheint hier nur die Bindung des Staates an Recht und Gesetz wichtig zu sein. Wobei das Gesetz auch nur respektiert werden soll. Eingehalten steht da jetzt nicht. Spannend ist, dass dies auch auf Verträge zutrifft, was immerhin erklärt, warum sie die Änderung der EU Verträge beim Europarecht verlangen.

Das Handeln jeder deutschen Regierung findet seine Beschränkungen im Völkerrecht, im Grundgesetz und in den Europäischen Verträgen. Diese sind für unsere Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung und strikt zu befolgen.

Hier ist die Reihenfolge eigenartig. Das Handeln der Regierung findet seine Grenzen im Grundgesetz und nicht im Völkerrecht. Das Völkerrecht ist eher ein internationaler Sandkasten ohne Regeln. Hier werden die europäischen Verträge auch einzeln genannt als möchte man betonen, dass die Position unter Währungspolitik vollkommen legitim ist, weil man die Verträge, die man ändern und dann am besten abschaffen möchte, ja an sich wichtig findet. Die AfD darf sich da gerne mal entscheiden.

Wir fordern eine Stärkung der Demokratie und der demokratischen Bürgerrechte. Wir wollen Volksabstimmungen und -initiativen nach Schweizer Vorbild einführen. Das gilt insbesondere für die Abtretung wichtiger Befugnisse an die EU.

Demokratie gibt es in indirekt und direkt. In Deutschland wird vor allem eine indirekte Demokratie bevorzugt, da die Zeit der Nazidiktatur gezeigt hat, was passiert wenn man die Bevölkerung agitiert. Die AfD wünscht sich das natürlich aus zwei Gründen. Zum einen ist die Forderung nach mehr Demokratie (was immer das sein mag) immer gut, zum anderen sind konservative Entscheidungen bei Volksentscheiden wahrscheinlicher als progressive, insbesondere, wenn Parteien wie die AfD dann noch agitieren. Besonders perfide sind die „demokratischen Bürgerrechte“. Bürgerrechte betreffen nur Bürger eines Staates und sind weniger als Menschenrechte, die für alle Menschen gelten. Demokratisch können beide Rechte nicht sein, weil Demokratie nun mal eine Regierungsform ist. Dies ist also pseudo-volksnahes Gewäsch.

Parteien sollen am politischen System mitwirken, es aber nicht beherrschen.
Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.

Dieser Absatz zeugt wahlweise von kompletter Ignoranz des politischen Systems oder abgrundloser Perfidie. Parteien kanalisieren politische Meinungen, sie sind nicht das Sprachrohr einzelner Menschen. Parteien in Deutschland sind qua Grundgesetz demokratisch und auch direktdemokratisch zu organisieren. Ich wünsche mir, dass die AfD das bitte vormacht. Herr Lucke wird sich sicher freuen, wenn jede Entscheidung von seiner Partei per Abstimmung getroffen wird. Es gibt Gründe, warum man deligiert. Die Perfidie dieser Aussage ist es den Lesern die Idee zu vermitteln, dass die AfD ihre Partei ist, in der sie voll mitsprechen können und die anderen Parteien ja alle nur weltfremde Eliten seien. Das mag richtig sein, es hierbei sei aber auch darauf hingewiesen, welche Berufe die Granden der AfD ausüben.

Wir fordern, dass Bundestagsabgeordnete ihre volle Arbeitskraft der parlamentarischen Arbeit widmen. Das Mandat darf nicht unter bezahlten Nebentätigkeiten leiden.

Es wird hier nicht gefordert, dass Abgeordnete dafür angemessen bezahlt werden. Das werden sie im Zweifel in Deutschland immer noch nicht. Die Nebentätigkeiten könnte man dann verbieten. Hier wird auch wieder mit dem Hass des Volkes auf die „faulen und verkumpelten“ Politiker gesetzt. Ich möchte darauf hinweisen, dass der zweite große Sprecher der AfD der Wirtschaftsvertreter Hans-Olaf Henkel ist. (Herr Henkel ist kein Mitglied der Partei, aber gerne ihr Sprachrohr.)

Wir setzen uns dafür ein, dass auch unkonventionelle Meinungen im öffentlichen Diskurs ergebnisoffen diskutiert werden, solange die Meinungen nicht gegen die Werte des Grundgesetzes verstoßen.

Diese Formulierung findet man in anderer Form auch bei der NPD. Sie ist eine Schutzfloskel um Meinungen, die eigentlich gesellschaftlich geächtet sind trotzdem zu verbreiten. Die Werte des Grundgesetzes werden hier genannt um rechtsstaatlich zu wirken. Dabei widersprechen andere Forderungen dann auch mal gerne irgendeinem Grundrecht und man zieht sich auf „man wird das wohl doch noch sagen dürfen!“ zurück. Hiermit soll ein Weg geebnet sogenannte „Denkverbote“ aufzulösen, diese „Denkverbote“ sind meist gesellschaftliche Stigmata, die in Deutschland auf Ausländerfeindlichkeit, soziale Ungerechtigkeit und mangelnde Gleichberechtigung liegen. Es ist also ein Feigenblatt, mit dem man so tut, dass man ja nur die „Wahrheit sagt“ und dass die anderen alle festgefahren sind.

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