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Der Jahresrückblick 2013

Das Jahr geht zuende und was darf da nicht fehlen, genau der Jahresrückblick. Da es hier im Blog ja eher um das Denken über die Welt geht, wird es der Jahresrückblick der Konzepte.

Schock oder Sicherheit

Die Welt war 2013 im Schock. Also mit Welt meine ich natürliche die westliche Welt ((Der Rest hat seine Verwandten unter eingestürzten Nähereien, in zerstörten Städten und den Überresten von Kriegsgebieten gesucht, versucht etwas zu essen zu haben oder schlicht zu überleben.)) und Schock war in manchen Bereichen der Gesellschaft eher so das Pokerface, das die endgültige Sicherheit ausdrückt, das unsere Bürgerrechte oder auch Menschenrechte den Herrschenden und vor allem ihren nahezu autonomen Untergebenen scheißegal sind. Hier dann natürlich besonders, wenn es sich um Herrschende anderer Staaten handelt. Erst war die Bevölkerung schockiert, dass sie jenseits der freiwilligen Herausgabe aller Daten an Facebook und Google diese in Kopie auch noch einmal bei der NSA abgeben, dann war die Regierung schockiert, dass sie wie ein Bürger behandelt wird.

Stasis

Es bleibt 2013 auch vieles, wie es war. Die Bevölkerung hat ihr Interesse an Stasis eindeutig in verschiedenen Wahlen Ausdruck verliehen und die Regierung ist dem mit dem neuen Koalitionsvertrag nachgekommen. Die SPD hat uns mal wieder verraten und die Verachtung der Regierenden für die Bevölkerung ist genauso groß wie vorher und wir dürfen erwarten, dass keinerlei der immanenten Probleme gelöst oder aber auch nur erkannt werden. Damit bleibt dann auch die Erwartung, dass die Politikerverdrossenheit weiter mit dem revolutionären Potenzial steigt. Blieb also alles beim Alten.

Empörung

Gerade im Internet, aber auch in den Mainstreammedien, hat die Tendenz zur Empörung zugenommen. Die sozialen Medien haben sich als Ort der Empörung (twitter) und als Quelle der Empörung (Facebook) etabliert. Die extremen alternativen Positionen haben sich alle fröhlich eingemauert und sind für Argumente nicht mehr zugänglich. Der gesellschaftliche Fortschritt wird dem Aufregen über die Position des jeweils anderen geopfert. Denn die Welt hinter meinen Augen ist wichtiger als das Schicksal der Welt auf deren Existenz wir uns geeinigt haben.

Tidbits

Hier noch die kleinen und großen Fakten, die man für 2013 nicht vergessen sollte.

  • Die Menschheit hat ihr Potenzial nicht ausgeschöpft.
  • Politischer Protest wird Mainstream.
  • Es hören mehr Menschen bei Omniakonzerten auch auf die Ansagen.
  • Russland ist definitiv keine Demokratie mehr.
  • Die USA haben noch die Wahl, ob sie wieder eine werden.
  • Deutschland ist verzweifelt, dass das Grundgesetz eine Abschaffung der Demokratie verbietet.
  • Shopping Queen ist die Sendung des Jahres.
  • Auch im deutschen Fernsehen wird jetzt gebacken.
  • Markus Lanz macht immer noch Wetten Dass?!
  • Die Presselandschaft ist trotz Leistungsschutzrecht am Sterben.
  • Im Pazifik schwimmt immer noch ein Floß aus Plastikmüll.
  • Fukushima schmilzt immer noch vor sich hin.

Für eine bessere Welt!

Nachdem es hier bisher ja darum ging die Romantik in dieser Welt darzustellen und zu dekonstruieren und aufzuzeigen, warum sie eine schlechte Idee ist, muss sich ja dann die Frage danach gestellt werden, wie wir diese Gesellschaft weiterbekommen, wenn es durch romantische Verklärung und den daraus resultierenden Zwang nicht wirklich möglich ist. Wie kann also eine Einstellung zur Welt aussehen, die positive Effekte hat, aber nicht dogmatisch oder unterdrückend ist oder in ihren Resultaten wird.

Egal um welche Facette des Sozialen oder Politischen es sich handelt, wenn man eine positive Veränderung möchte, dann braucht es mehrere Komponenten. Ein paar davon sind eher trocken, ein paar sind hier natürlich von meiner persönlichen Philosophie geprägt. ((Die schreibe ich irgendwann mal auf. Oder auch nicht…)) Also fangen wir mal vorne an.

Fakten

Es klingt jetzt irgendwie banal, wird aber in der medienverseuchten Postmoderne immer wichtiger, dass man wirklich die Fakten überprüft, soweit man es kann und sich auch bewusst ist, wenn man es nicht kann. Dazu sollte man gegenüber allen Quellen einen gewissen Grundsatzskeptizismus hegen und noch einmal mehr gegenüber welchen, die man nicht überprüfen kann und die offensichtlich eine Agenda haben. ((Beispiel: Das Innenministerium und die Terrorabwehr.)) Dazu sollten man immer versuchen alle Fakten zu haben oder sich wiederum bewusst sein, dass man diese eben nicht hat. Bevor man sich mit einem Problem beschäftigt muss man Fakten über dieses Problem haben, sonst wird es nur Gequatsche oder postmoderner Werteeinheitsbrei, bei dem man sich wahlweise aufgrund religiöser Tendenzen die Gurgeln rausreißt oder sich bestätigt, dass ja der andere genauso viel recht hat und man ja total tolerant ist. ((Also so tut, als würde man sich nicht gegenseitig die Gurgeln rausreißen wollen.))

Konsistenz

Ist das mit den Fakten geregelt, muss man diese bewerten. Das kann man eigentlich nach jeder Philosophie machen und das ist auch legitim, allerdings sollte man tatsächlich eine konsistente Argumentation aufbauen und sich die Frage stellen, ob das, was man da erzählt überhaupt noch mit den Fakten und vor allem mit dem restlichen Weltbild, was man so gerade zur Bewertung verwenden will, übereinstimmt. Egal, worum es geht, es wird nicht besser, wenn man sich selbst lieber und den anderen ein Märchen erzählt, das man dringend glauben will, aber das eben nicht stimmt. Gerade persönliche kognitive Dissonanz führt oft dazu, dass man eben die falsche Entscheidung trifft, weil man nicht einsieht, dass die eigenen Wünsche eine größere Rolle spielen, als man glaubt. Das ist alles okay, aber Konsistenz bedeutet eben eine Ehrlichkeit gegenüber der Sache und sich selbst und ohne diese wird das mit dem Weltretten nichts. Denn auf Lügen kann keine Strategie aufbauen, die dann belastbar die Welt verbessern kann.

Respekt

Doch, jenseits des eigenen Kopfes gibt es auch noch andere Köpfe und nur weil man Ordnung und eine Perspektive in seinem eigenen Schädel hat, heißt das noch nicht, dass das was man da denkt auch den anderen Leuten einleuchtet. Die Wahrscheinlichkeit, dass es mindestens eine Person gibt, die es genau anders sieht als man selbst. Diese und auch der Rest der Menschen benötigt eines: Respekt. Man muss den Standpunkt anderer Menschen nicht nachvollziehen können, obwohl das definitiv sehr hilft, aber man sollte ihn immer respektieren. Dabei ist die respektloseste Handlung gegenüber einem intellektuellen Gegner ihn mit eigenen Kampfbegriffen zu überziehen und a priori zu stereotypisieren. Respekt ist hier eine der wichtigsten Komponenten. Wir können nur zu einer möglichst idealen Einigung über ein Problem kommen, wenn sich jeder respektiert fühlt, denn nur dann kann man auch davon ausgehen, dass der Konsens zwischen allen Parteien tragfähig ist. Gegenseitige Vorwürfe und Zwang führen dazu, dass das beste Konzept zur Weltrettung nicht angewendet wird, weil die Mauer des Sozialen dazwischen steht. Wollen wir hier Probleme lösen, dann hilft es nicht die Menschen, die andere Ideen über die Lösung haben von vorneherein gegen uns und unsere Position aufzubringen.

Klare und einfache Sprache

Wenn man möchte, dass die ideale Weltrettungsidee, die wir auf Fakten hrausgefunden haben, konsistent begründen können und die von allen anderen als valide respektiert wird, auch irgendwie eine Wirkung bekommt, dann muss man sie so verpacken, dass sie jeder Depp und sein Bruder und im Zweifel dessen Hundesitterin versteht. Also kann man nicht irgendwelchen hochgestochenen überdefinierten Wissenschaftsdiskursen ankommen. ((Jedes Mal, wenn jemand auf twitter von einem wichtigen Diskurs redet, tötet Gott ein Kätzchen aus Frust darüber, dass irgendwelche Sesselfurzer angeblich tolle Gedanken im Lehnstuhl haben, aber anstatt zu handeln lieber quatschen.)) Es muss klar und einfach auch an den letzten Mann und die letzte Frau gebracht werden. Dabei geht es dann auch wieder um Respekt gegenüber dem jeweils anderen Menschen. Denn wenn ich ihn respektiere, dann ist er mir eine Erklärung wert, die er auch versteht.

In diesen Bereich gehört auch das Vermeiden von Diskussionsskripten und ähnlichen rhetorischen Tricks. Zum einen sind wir hier wieder beim Respekt angekommen, zum anderen bedeutet das Verwenden solcher Tricks, dass das mit den Fakten und der Konsistenz nicht stattgefunden hat. Wenn ich nämlich meinen Punkt anständig machen kann, dann brauche ich keine rhetorischen Tricks. ((Mit dem Gedanken mal ’ne Rede von irgendeinem Großpolitiker außer Gysi und Ströbele schauen. Die beiden glauben 100% was sie da erzählen.))

Eine Subkategorie dieser Skripte muss ich hier auch noch erwähnen. ((Weil mir davon besonders schlecht wird.)) Gerne wird versucht mit Hilfe emotionaler Wendungen Argumente zu gewinnen. Die Bochumer Arbeitsgruppe für sozialen Konstruktivismus und Wirklichkeitsprüfung hat in ihrem famosen Arbeitspapier 5 einige Varianten dieser Struktur dargestellt:

Der um den anderen besorgte Menschenfreund

  • „Wie kannst du nur mit diesen Gedanken glücklich sein?“
  • „Wie kannst du überhaupt mit diesen Gedanken leben?“
  • „Da mußt du doch mit verzweifeln!“
  • „Das du überhaupt noch ruhig schlafen kannst!“
  • „Du bist ein armes Schwein, wenn du solche Gedanken hast!“

Erklärung: Wie in anderen Skripten wird hier personalisiert, gleichzeitig dabei aber großes Verständnis für A gezeigt. B erscheint geradezu menschenfreundlich. B unterstellt mit seinem/ihrem Skript der anderen Person Gefühle, die diese eigentlich haben müßte (wenn er/sie nur ehrlich wäre und es zugeben würde etc.). A’s Gedanken sind nicht vereinbar mit einem stimmigen und zufriedenen Leben. B macht mit seinem/ihrem Skript auch klar, daß A als Person nicht ganz okay ist, bzw. nicht ganz okay sein kann, da sie solche Gedanken vertritt.

Konsequenzen: B stellt Distanz her, indem er/sie nicht das Thema behandelt, nicht auf das Argument von A ein- geht, sondern, scheinbar außenstehend, die Person in ihrem So-Sein und in ihrer Welt betrachtet. B erscheint als externer Psycho-Päda-Therapie-Gucker bzw. als durchaus einfühlender Menschen- freund, der sich eben augenscheinlich Sorgen um A macht. B wirkt nicht so, als würde er/sie A angreifen.

Coping: Ehrenwerte Copingstrategien scheinen rar zu sein, da A als beratene Person die Haltung von B nicht verändern und auch die Meinung von B nicht entkräften kann. A sollte auf jeden Fall versuchen, die von B vorgenommene Entmündigung zu thematisieren. „Bitte beschäftige dich doch mit meinen Argumenten und nicht mit meiner Psyche!“ „Um meinen psychischen Zustand kümmere ich mich schon, daß brauchst du nicht!“ Eine weitere mögliche Offensive ist: „Du, ich bin ja wohl das beste Beispiel dafür, daß man mit diesen Gedanken wunderbar leben und glücklich sein kann!“

Das letzte Coping gefällt mir besonders gut. Das ist mir schon öfter passiert und ich kann da dann auch nur sagen, dass man hier eigentlich noch mehr mit absurder Intervention draufhauen kann. Ein zweites Beispiel ist mir auch noch wichtig:

eigene Gefühle einbringen

  • „Du ich fühle jetzt, wie ich dir gar nicht mehr zuhören möchte.“
  • „Du ich bin sehr traurig, wenn du so etwas sagst.“
  • „Wissen Sie, das macht mich sehr betroffen, wenn Sie hier einfach sagen, daß…“
  • Auch die Kombination ist möglich: „Du, das macht mich sehr betroffen, wenn ich mir vorstelle, wie du unter deinen Gedanken leiden mußt!“

Erklärung: Es lassen sich zwei Vorgehensweisen unterscheiden:

B bringt eigene Gefühle ein, indem er/sie sich auf den Inhalt oder die Art und Weise des von A Gesagten bezieht.

Eigene Gefühle einbringen und auf den Inhalt beziehen: B gibt zu erkennen, daß der Inhalt von A’s Argument ihn/sie betroffen macht. Gleichzeitig drückt B aus, daß er/sie emotional beteiligt ist und deswegen auch wesentlich authentischer mit dem inhaltlichen Thema umgehen kann (siehe Beispiele 2 und 3)

Eigene Gefühle einbringen und auf die Art und Weise des von A Gesagten beziehen: B versucht durch Einbringen seiner/ihrer Gefühle zu zeigen, daß in Wirklichkeit in der Diskussion etwas schief läuft: so könne dies Thema nicht angemessen behandelt werden, sonst hätten sich ja seine/ihre Gefühle als authentisch-eigentliche Instanz nicht von selbst gemeldet (siehe Beispiel 1)! Sehr wichtig ist natürlich das kulturell definierte Hintergrundstereotyp, daß Gefühle viel wesentli- chere und zuverlässigere Indikatoren für die angemessene Bearbeitung und die richtige Bewertung von Themen sind, als irgendwelcher kopflastiger Schnickschnack.

Auf den Inhalt bezogen ergeben sich folgende Konsequenzen: Da Gefühle das wesentlichere sind, kann B offensichtlich mit dem derzeitigen Inhalt angemessener umgehen als A. Somit erscheint B authentischer, A dagegen hoffnungslos verkopft. Auf die Art und Weise bezogen erreicht B durch das Einbringen seiner/ihrer Gefühle, daß A sich dem Vorwurf ausgesetzt sieht, offensichtlich unnormal und unangemessen mit dem Thema umzugehen.

Coping dürfte sehr, sehr schwierig sein. Natürlich läßt sich auf die Struktur verweisen. Des weiteren steht A vor der Alternative, ob er/sie bei dieser Gefühlseinbringung mitmachen will oder nicht. „Was macht dich denn so traurig?“ „Was stört dich denn genau?“ „O. K., sprechen wir über unsere Gefühle, aber dann sollten wir zum Thema zurückkehren.“

Diese Art des Argumentierens ist, wenn man sich die erste Regel anschaut, die ich dort oben formuliert habe, schon schwierig. Schliesslich soll es um Fakten gehen und diese Art von Kommunikation wischt die Fakten weg. Allerdings ist sie gerade bei den romantischen Vertretern der Weltveränderer sehr beliebt, denn diese fühlen sich meist emotional von einem Problem betroffen. Diese tragen sie dann gerne in den Diskurs und erpressen den Gegenüber emotional mit solchen Skripten. Das führt dann zu einem sozialen Terrorismus durch Menschen, die es nur gut meinen.

Fazit

Wenn wir die Welt verändern wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die anderer Meinung sind überzeugt werden, aber nicht überwältigt. Denn nur, wenn Menschen sich selbst von einem Standpunkt überzeugt haben, werden sie ihn im Zweifel auch vertreten. Das bedeutet, dass jegliche Art von Zwang kontraproduktiv ist. Die Art wie viele wichtige und moderne Diskurse innerhalb, aber auch außerhalb, des Netzes geführt werden ist also eigentlich der Mittelpunkt der Frage, wie wir eine bessere ((lies: den moralischen und politischen Vorstellungen des Vertreters besser entsprechende)) Welt bekommen. In dem wir die Sache und die Freiheit des Einzelnen ernst nehmen, aber nicht uns selbst und unsere Mission.

Vorsicht vor den guten Menschen…

Nachdem ich mich jetzt schon einmal darüber geäußert habe, dass wir romantische Strömungen in unserer Gesellschaft haben und ich dem Phänomen eher negativ gegenüberstehe, ((Okay, das ist ein reiner Euphemismus. Ich find’s eklig.)) muss ich jetzt auch mal erklären, warum dem so ist. Dazu mache ich hier mal eine kleine philosophische Einteilung auf.

Jedes philosophische System erstellt auch ein Menschenbild. Und diese Menschenbilder zeigen bestimmte Hoffnungen und Annahmen über den Menschen. Das ist schön, aber um das gleich klarzustellen: die sind alle falsch. Oder sie sind alle richtig, sucht es euch aus. Diese Menschenbilder kann man grob in diejenigen unterteilen, die den Menschen positiv und die, die ihn negativ sehen. Ich erkläre das mal an zwei Beispielen.

Thomas Hobbes – Hilfe, wir brauchen einen Diktator

Thomas Hobbes schrieb in seinem Leviathan die erste der politischen Vertragstheorien der Neuzeit. Er plädiert in dem Werk, dass man einen eigenständigen Souverän braucht. Seine Begründung zieht er dabei aus einer Analyse des Menschen im sogenannten Naturzustand dieser fiktive Zustand ist Hobbes‘ Vorstellung für eine ungeregelte menschliche Gesellschaft. Seine Vorstellung ist die einer gewalttätigen unberechenbaren Gesellschaft in der sich der Stärkste jedes Recht nimmt und man in dauerhafter Angst und Unsicherheit lebt. Dafür braucht es dann eben einen regulierenden Staat.

Hobbes ist ein Pessimist und Zyniker. Er erwartet von den Menschen nichts Gutes. Er misstraut ihnen auf Schritt und Tritt und gesteht deswegen einem Gemeinwesen nicht einmal zu, dass es nach der Einsetzung seines Souveräns, des titelgebenden Leviathans, keinen Einfluss mehr auf diesen hat. ((Ob das so eine gute Idee ist, ist eine andere Diskussion.)) Hobbes ist durchgehend skeptisch gegenüber der menschlichen Natur. Das führt allerdings auch dazu, dass er sich für ein politisches System ausspricht, das eigentlich nur das Schlechte im Menschen, das er sieht, reguliert und sich damit zufrieden gibt. Hobbes halt also ein negatives Menschenbild, es führt aber in der Verwirklichung zu einem Staat, der Freiheiten nur einschränkt, damit das Tier in uns die  anderen nicht umbringt. Man sieht hier also, dass ein eher negatives Menschenbild einen zu einer regulierenden Idee über menschliches Zusammenleben führt. Man möchte etwas verbessern, das man als negativ wahr nimmt. Und mehr als diese Verbesserung braucht es meistens nicht. ((Okay, man kann über das Ziel hinausschießen, aber dann landet man automatisch in der anderen Kategorie.))

Karl Marx – Die Hoffnung stirbt zuletzt ((Das tat sie dann ungefähr auf Höhe Stalins.))

Marx hat uns eine Vielzahl philosophischer Ideen hinterlassen. Das Ziel seiner Philosophie ist aber der sogenannte wissenschaftliche Kommunismus. In diesem soll es kurz gesagt dann keine Herrschaft mehr geben. Er begründet seine historisch-kritische Theorie auf einer Wirtschaftsanalyse und zieht damit seinen Kommunismus basierend auf wirtschaftlichen Ideen auf. In diesem zukünftigen Kommunismus soll es aber keine Herrschaft mehr geben. ((Lies: Die Produktionsmittel gehören allen.)) Das bedeutet allerdings auch, dass jeder in der kommunistischen Gesellschaft freiwillig arbeiten muss, damit die Welt weiter läuft. In Marx‘ Ideenwelt machen die Menschen das auch, weil sie erkennen, dass es das Beste für sie ist, wenn sie der Gesellschaft dienen. Diese Idee setzte sich dann im realen Sozialismus Osteuropas erstmal auf irgendeine Art fort. Doch stellte man schnell fest, dass es nicht funktionierte. Die Menschen begannen weniger zu Arbeit zu erledigen, weil sie soundso bezahlt wurden. Keiner tat etwas, was er nicht dringend musste und so musste sich der Staat Anreizmodelle einfallen lassen. Die eine Idee waren die Aktivistenorden in der DDR, also ein positiver Stimulus. Die leiern sich nur leider aus. Deswegen setzte man dazu auch noch auf geheimdienstliche Überwachung und Oppression. ((Die wurde auch eingesetzt um Landflucht vorzubeugen. Immerhin brauchte man die Leute und konnte sich auch nicht vorstellen, warum die überhaupt nicht im Sozialismus leben wollen.))

Hier sieht man, dass ein positives Menschenbild das Problem birgt, dass man oppressiv werden muss, wenn die Menschen sich nicht an die Vorstellungen halten, die man selbst von ihnen hat. Man muss sie also zu ihrem Glück zwingen. Das bedeutet dann auch, dass sie dieses Glück verlieren, denn sie sind in einem totalitären Zwangsstaat. Ein positives Menschenbild führt also langfristig zu Überwachung und Staatsterrorismus.

Vorsicht vor den guten Menschen…

Man kann also sehen, dass Ideale über das menschliche Zusammenleben und ein idealistisches Menschenbild immer dazu führen, dass man Menschen, die sich nicht an diese hohen Standards halten, also einfach Menschen sind, zu ihrem eigenen Glück zwingen muss. Das kollidiert dann mit der Welle an Romantik, die da durch die Welt schwappt. Es gibt also sehr viele Menschen, die sich nach einer heilen Welt sehnen und glauben, dass man die dadurch erreichen kann, dass man andere Menschen dazu auffordert sich entsprechend zu verhalten. Gerade soziale Netzwerke sind ein einfacher Weg sozialen Druck auf Menschen aufzubauen, die das persönliche Romantikempfinden stören oder aber sogar daran zweifeln, dass diese Ansicht eine valide auf der Welt ist. Sie haben also ein negatives Menschenbild und das kann man ja nicht haben. Die Welt soll gut und toll sein, wir sollen uns alle lieb haben und die niederen Teile unseres Wesens überwinden oder unterdrücken.

Doch was ist, wenn die anderen das nicht tun? Dann wird Druck aufgebaut, gerne über die emotionale Schiene und über einen diffusen Moralbegriff. ((Beide zutiefst verabscheuungswürdig.)) Dabei werden essentielle Grundlagen des zwischenmenschlichen Umgangs ignoriert und verletzt. Weder wird auf die Eigenständigkeit des anderen, noch auf sein Recht zu einer eigenen Meinung Rücksicht genommen. Man weiß ja schliesslich selbst, was die bessere Welt wäre. Dazu kommt noch, dass dieses Verhalten einen blind gegenüber den meisten Dimensionen einer multivariaten und komplexen Welt macht. Es ist also auch jenseits absoluter Menschenfeindlichkeit als Problemlösungsstrategie für eine soziale Gruppe eine absolute Katastrophe. Denn der Einzelne ist immer blind gegenüber den Änderungen in der Welt und die einzige Hoffnung ist der Diskurs mit den anderen. Wenn man diesen dann unterdrückt, weil es nicht dem kitschig-romantischen Weltvorstellungen entspricht, endet man im Terrorismus der guten Menschen.

Fazit

Wie die Überschrift sagt: misstraut Menschen, die nur das Gute wollen. Sie sind die Diktatoren von morgen. Sie haben nicht mehr Ahnung, wie die Welt läuft als man selbst und sie haben im Zweifel keine Skrupel ihre Interessen mit sozialer oder sogar körperlicher Gewalt durchzusetzen, denn sie nehmen für sich in Anspruch das richtige und Gute zu tun. Aus einem positiven Menschenbild folgt nämlich immer Terrorismus, ob in sozialen Netzwerken oder an der Spitze von Staaten ist hierbei vollkommen egal.

Romantische Selbstreproduktion

Wir denken gerne mal, dass wir gebunden sind. Das Soziale umarmt uns immer wieder und erzählt uns, wie unser Leben zu sein hat. Die Narrative der postmodernen Pseudoleistungsgesellschaft sind erdrückend: sei flexibel, sei modern, sei preiswert und du wirst belohnt werden. Die Welt wird begriffen als rein rationale Angelegenheit in der unser Tun als Akteure einer Wirtschaft in der Mitte stehen. Diese Welt wird also von den Mythen und Märchen des finalen Kapitalismus bestimmt. Das heißt, dass viele Menschen sich diesen angeblichen Zwangslogiken ergeben haben. Das ist auch der Fall, wenn es sich um die irgendwelche „Alternativkulturen“ handelt. Diese haben meist einen romantischen Ursprung und ziehen ihre Energie aus dem selben abscheulichen Menschenbild, dass uns vorgesetzt wird. Diese romantische Verklärung ist also nur die Betäubungspille für diejenigen, die sich unwohl mit dieser kalten Welt der Ausbeutung fühlen. Da wird man dann eingelullt in die Wärme des romantischen Gequatsches, in ein wohliges Gefühl des angeblichen Verständnisses, dass aber seine Prämisse und sein Ziel der Gegenwehr aus den selben unmenschlichen Prinzipien unserer Gesellschaft zieht. Würden wir diese Prinzipien tatsächlich ändern, dann würde auch die Romantik sterben.

Und mit ihr würden die vielen salbungsvollen Floskeln sterben, die wir uns erzählen um darüber hinweg zu täuschen, dass wir eigentlich nichts gegen diese Welt unternehmen wollen. „Genieße dein Leben, denn der harte Teil kommt noch!“, „Wir müssen uns mehr den Gefühlen widmen und uns wieder zur Natur zurückkehren.“ und „Erfülle deine Träume, weil später kannst du es nicht mehr.“ Das ist alles der romantische Backlash, der auf der Annahme beruht, dass der finale Kapitalismus das einzige Paradigma ist. Also auf der Annahme, dass wir nur rationale Wesen in einer kapitalistischen Welt werden und nur das werden können. Dagegen kann man sich fein wenden, aber das Prinzip ändert man damit nicht, man verfestigt es. Man blickt verklärt zurück oder sagt sich, dass die Zukunft schlecht wird, weil man die Idee nicht in Frage stellt.

Und so ist das romantische Geschwafel selbstproduzierend, weil es die selbe Welt braucht, über die es lamentiert anstatt sich gegen diese Welt zu wenden. Doch wenn es diese Welt nicht mehr gibt, wenn es, Eris befürchte, sogar eine gute Welt wird, über die man sich kaum beschweren kann, dann sitzen die ganzen verschnieften Romantiker da und haben auch ihren Lebenszweck verloren. Das geht nicht, also bleibt alles beim Alten, denn wenn sich die Dinge, über die wir weinen ändern, dann macht uns das selbst im größten Vorteil unglücklich und das muss verhindert werden.

Discounterleid

Ich kann durchaus verstehen, dass es in dieser Wirtschaft und Welt einen logischen Platz für Discountsupermärkte gibt. Doch ich habe da meine Probleme mit. Es gibt hier so einen großen Discounter bekannten Namens in den ich manchmal mit Freunden gehe und bei dem es mittlerweile legendär ist, dass es mir nach dem Besuch nicht wirklich psychisch gut geht. Das ist leider kein Witz und ich klinge sicher wie ein arrogantes Arschloch mit tierischen first-world problems, aber man möge mir bitte zuhören, bevor man mich shitstormed oder ähnliches. ((Hey, ehrlich? Ich kenne die Zugriffszahlen hier. Den Shitstorm möchte ich sehen… Und wo ihr dabei seid, flattrt mich doch gleich.))

Warum ist das mit dem Discountsupermarkt so ein Problem? Weil hier etliche Sachen, die mich an unserer Welt stören geballt aufeinander treffen, und das in einer Atmosphäre, die an sich schon furchtbar ist. Discountsupermärkte sind ein Sinnbild für die Unmenschlichkeit dieser unserer Welt. Große, künstlich beleuchtete Räume voller Produkte, die aufgrund ihrer Preise schon eine moralisch zweifelhafte Herkunft haben, aufgereiht in engen Gängen, die einen riesigen Überfluss zeigen, den wir nicht brauchen und durch die unterbezahlte Bedienstete, die mit etlichen der Besucher das Schicksal teilen, möglichst preiswerte Produkte kaufen zu müssen, um ihr Überleben zu sichern. Wir haben also den billigen Überfluss für den unsere Welt und die produzierenden Menschen belastet und ausgebeutet werden, der dann an Menschen verkauft wird, die von jemandem anders genauso weit ausgebeutet werden, dass sie sich dieses Zeug kaufen müssen. ((Jaja, auch für ein paar Menschen, die glauben ihren Reichtum durch einen Einkauf hier zu sichern. Es gibt halt auch Arschlöcher in der Welt.))

Und so ist es also, dass der Discountsupermarkt mir nicht nur die Sinne schwummrig macht, weil er wie ein heller Sarg aus Konsum wirkt, er ist auch alles, was an dieser Welt schlecht ist. Der massenhafte Konsum einer aufs Wachsen fixierten Wirtschaft auf Kosten der Menschen und der Natur. Hier ist alles so billig, dass man sich fragt, wie es überhaupt hergestellt werden kann und die Menschen, die hier arbeiten wirken zu oft so, als hätte man ihnen ihr Potenzial mit ihrem Blut ausgesaugt. Und ich fühle oft, wie meine Lebensenergie von diesen Läden aufgesaugt wird.

Weg zum Niedergang?

Ich war heute in Eisenach unterwegs um mit meiner Mutter einzukaufen und man konnte an der Stadt schön erkennen, wie sich ostdeutsche Städte in der Welt von ALG II und jugendlicher Landflucht aussehen können.

Bevor hier die Empörung aufschlägt erst einmal: ich bin hier geboren und ich mag diese Stadt sehr. Sie ist für ihre Größe voller Kultur und Möglichkeiten. Mir geht es nicht darum zu sagen, dass der Osten scheiße ist, sondern dass man hier sieht, wie die bisherige Sozialpolitik auf eine Stadt wirken kann.

Eisenach ist etwas entvölkert von jungen Menschen und das durchschnittliche Lohnniveau ist, ähnlich anderen ostdeutschen Städten, leicht unter dem Durchschnitt. Geburtenraten sind rückläufig, die Bevölkerung überaltert langsam vor sich hin. Es wird schon darüber gescherzt, dass der Wachstumsmarkt hier wohl Altenheime und deren Pflegepersonal wird.

Wenn man dann so durch die Stadt geht fällt einem das dann auch auf. Mir sind nacheinander drei Geschäfte mit preiswertem Krimskrams untergekommen. Da steht nur nicht mehr der Mensch mit Migrationshintergrund hinter der Theke sondern eine Dame mittleren Alters mit fehlendem Migrationshintergrund. Die zwei Bratwurstwagen in der Einkaufsstraße sind vielen zu teuer und die längsten Schlangen findet man dann fast schon in der Apotheke. Es ist jetzt alles noch nicht so schlimm, aber bezeichnend. Die Menge an Menschen, die sich durch die preiswerten Läden quetschen ist etwas höher und qualitativ hochwertige Sachen gibt es nicht gerade in großen Mengen.

Dazu kommt das „Einkaufszentrum“ am Rand der Stadt, das einerseits zur Entvölkerung der Innenstadt führt, andererseits aber auch wieder nur aus eher preiswerten Geschäften besteht, wobei der Supermarkt darin eigentlich schon zu den teuereren zählt. Alles in allem zeigt sich hier halt, dass sich die Ladenwelt schon an ein niedrigeres Durchschnittseinkommen angepasst hat.

Das ist eigentlich die Tragik, denn Eisenach ist eine sehr schöne Stadt, die allein aufgrund der Wartburg eigentlich nicht nur ein Touristenmagnet sondern auch sehr wohnenswert sein sollte. Ist sie aber nicht. Das liegt teilweise an fehlenden Angeboten für Jugendliche, aber auch genug reizvoller Industrie und einem gewissen Eigenbrödlertum. Die Lethargie und Innovationsfeindlichkeit, die sich dann ergibt ist echt schade und so verfällt so manches vor sich hin, dass eigentlich diese Stadt lebenswerter machen würde.

Argumentationshilfen für politische Diskussionen

Ich holte gerade meine Mutter ab und da saßen etliche ältere Herren und diskutierten über Politik und die Welt. Das taten sie natürlich auf die beste Stammtischmanier, die man sich vorstellen kann. Die klassische Idee ist, dass diese Leute ja alle dumm sind und man sich das am Besten nicht antut. Ich denke aber, dass das genauso intelligente Menschen sind, wie das jeder von sich annimmt. Also kann man mit denen auch reden. Das tat ich dann irgendwann mal und siehe da. Die sind nicht dumm, die sind nur nicht informiert und folgen dir locker, wenn du ihnen eine klare Argumentationslinie gibt.

In diesem Sinne habe ich mir gedacht, dass ich doch ein paar der Standards nochmal aufschreibe und die jeweilige Copingstrategie ausführe.

1. „Ausländer“

Das erste Argument, was in diesem Themenbereich kommt ist natürlich die Frage, was denn überhaupt ein Ausländer ist. Meistens wird hier eine pseudobiologische Definition herangenommen, nämlich die, dass man deutsche Eltern gehabt hat. Das ist zwar von alters her die Basis der deutschen Staatsbürgerschaft, allerdings ist ein Deutscher nunmal einfach die Person, die einen deutschen Pass hat. Legt man das an, dann lassen sich viele dieser Diskussionen ganz anders gestalten. Unter anderem diejenige darüber, dass Ausländer bevorzugt werdenDenn wenn erst einmal klar ist, dass diese „Ausländer“ Deutsche sind, dann ist auch klar, dass diese dieselbe Unterstützung bekommen wie wir.

Da sind wir dann auch bei einem zweiten Thema, dass in diesem Zusammenhang gerne kommt, nämlich dass Deutsche mit Migrationshintergrund krimineller wären als echte Deutsche ((oder so…)). Dazu muss man dann in die Sozialstruktur schauen und stellt fest, dass es gar nicht am Migrationshintergrund an sich liegt, dass die Kriminalität da höher ist. Zum einen ist das ein klassischer Fall der Unterreportage von Straftaten Deutscher, weil auch die Presse hier unbewusst voreingenommen ist. Dann gehören die Menschen mit Migrationshintergrund zu großen Teilen zu den unteren Statusgruppen dieser Gesellschaft und diese neigen allein aufgrund ihrer prekären Situation zu mehr Kriminalität. Es ist also nicht so sehr die Eigenschaft als Migrant, sondern eher die als Mitglied der unteren Statusgruppen.

2. „die da oben“

Da ist es schwierig zu argumentieren, denn unsere politischen Eliten sind tatsächlich eher so mau. Trotzdem ist unreflektiertes Schimpfen auf die Obrigkeit natürlich ein Klassiker. Man sollte hier vielleicht eine Argumentationslinie verwenden, die betont, dass die Eliten unfähig sind und manchmal korrupt anstatt durchweg böse. Dummheit ist meist die bessere Erklärung.

Dazu sollte man immer auf die Filterbubble achten in der auch die politischen Eliten leben. Die merken meist durch Lobbying und ähnliches nicht, welche Probleme die Menschen da draußen im Lande haben. Das ist teilweise auch gut, aber man sollte es den Leuten ins Gedächtnis rufen und sie darauf hinweisen, dass mangelnde Beteiligung definitiv nichts im Bereich Bürgerrepräsentation erreicht.

3. falsche Annahmen

Das ist etwas seltener, aber mir auch schon öfter untergekommen. Dabei geht es meist um solche Sachen wie Beamte zahlen keine Steuern ((tun sie, sie zahlen keine Sozialabgaben)), Ostdeutsche müssen keinen Solidaritätszuschlag zahlen ((natürlich müssen sie das)), in Hamburg leben die armen Leute ja auch in der Innenstadt ((so gehört letztens, äh nein?)). Hier sollte man möglichst mit Überzeugung erklären, wie die Sachlage tatsächlich ist.

Soundso basieren die meisten Stammtischargumente auf Wissensmangel, den man bei respektvollem Umgang durchaus ausräumen kann.

4. Bleib sachlich und lasse dich nicht auf Ideologie ein

Man sollte immer argumentativ bei der Sachlage bleiben und sich weder auf persönliche Angriffe noch auf Nebenkriegschauplätze einlassen. Das ist schwerer als man denkt. Dazu ist es von Vorteil, dass die Leute weniger über einen wissen. ((Das kriegt man zwar nicht immer hin, aber es hilft.)) Es hilft natürlich auch klassische Diskussionsskripte, die man kennen sollte. Ad hominem Strategien einfach abperlen lassen, immer zurück auf das Thema, immer Relevanz für den Gegenüber herstellen, damit der sich das vorstellen kann und selbst keine Vorwürfe erheben. Dann wird einem sogar zugehört.

5. früher war alles besser

War es das wirklich? Da würde ich einfach mal nachfragen und einen Vergleich heranziehen. Meist war früher nur anders, nicht besser. Darauf kann man an der Stelle immer abheben und es funktioniert auch.

So, wenn euch noch etwas einfällt, dann kommentiert hier mal und ich baue das noch ein.

Über das Wollen….

In den letzten Wochen hatte ich arbeitsmäßig mit eindeutig zu vielen Fällen von psychischen Problemen zu tun, als dass meine Hoffnung die Gesundheit dieser Gesellschaft vorerst noch gerechtfertigt wäre. Aber wenn man diese Fälle so betrachtet, dann fällt mir ein Muster auf, über das ich mal wieder schreiben wollte. Es geht um die Auswirkungen der Märchen, die uns der finale Kapitalismus so erzählt.

Der Anfang hier ist das schöne Märchen von der Leistung. Die FDP meinte ja erst im letzten Wahlkampf, dass diese sich wieder lohnen muss. ((Nuja, tut sie ja laut dem ungeschönten Armutsbericht nicht.)) Aber das Märchen wird den Jugendlichen im Schulsystem immer wieder erzählt, zusammen mit der Bedrohung, dass wenn sie nicht leisten sie keine Zukunft haben. ((Das heißt übrigens auch keine Geisteswissenschaften oder sowas sinnloses als Studienfach zu wählen. Da verdient man ja nix.)) Dazu kommt dann noch, dass etliche junge Menschen sich von vorneherein aus romantischen Gründen hohe Ziele setzen. Das führt dann natürlich zu vielen Effekten für den Einzelnen. Zum Einen wird man schnell zum Soziopathen, weil ja schließlich Mitfühlen und Empathie im ständigen Konkurrenzkampf hinderlich sind und deswegen besser abtrainiert werden, zum Anderen werden die schwächeren Menschen Opfer von Panikattacken und anderen schwereren psychischen Störungen wie Borderline, Anorexie oder Depressionen mit Suizidneigung. Man kann halt nur so lange den Anforderungen, die an einen gestellt werden, standhalten, bevor man anfängt an sich selbst zu zweifeln oder sich in dem Versuch ausbrennt so gut zu sein, wie man denkt, dass man sein muss.

Dabei ist das alles halt nicht wahr. Leistung entscheidet weniger über den Zugang zu hohem Sozialstatus als das Geld und der Status der Eltern. Dazu garantieren die wenigsten Berufe heutzutage Zukunftssicherheit oder wenigstens die Rettung vor Altersarmut. Es gibt halt keinen Grund sich wegen diesen Forderungen unter Druck zu setzen oder ähnliches. Aber das ist natürlich leicht gesagt, es hilft den Menschen, die in diesen Konstruktionen gefangen sind natürlich nicht. Vielleicht sollten wir sie aber mal daraus befreien…

Self-fullfilling prophecy anyone?

In einem ihrer letzten Posts hat Andrea über Amazon und deren Behandlung der eigenen Mitarbeiter geschrieben. In den Kommentaren entstand dann die Idee mal über unsere Arbeitswelt  und deren Auswüchse zu schreiben.

Die Frage die bei der Unterhaltung zentral war inwiefern man überhaupt eine Möglichkeit hat, solche Jobs abzulehnen, wie sie einem Amazon da anbietet. Und eigentlich ist die Antwort relativ einfach: viele Menschen können es sich eben nicht aussuchen, ob sie diesen Job ablehnen. Allerdings ist die Erklärung, warum das so ist, etwas komplexer und zeigt das große Missverständnis, dass eigentlich mit der neoliberalen kapitalistischen Idee einhergeht.

Kapitalistisches Wirtschaften bedeutet erst einmal, dass versucht wird mit möglichst geringen Kosten den höchsten Gewinn aus dem Umsatz zu erzielen. Das ist auch okay so. Allerdings lässt sich dies mit zwei Methoden erreichen: Kostenreduktion und Preismaximierung. Nun ist Preismaximierung schwierig, aber Kostenreduktion einfacher. Schaut man sich die Kosten, die ein Unternehmen so hat an, stellt man fest, dass der größte Posten die Angestellten und Arbeiter sind. Ein Großteil der Personalkosten sind dann wiederum die sogenannten Lohnnebenkosten. Diese sind neben dem eigentlich Gehalt so niedrig wie möglich zu halten, um einen hohen Gewinn zu erreichen. Da die Lohnnebenkosten vom Gehalt abhängen, sollte dieses auch niedrigstmöglich sein.

Das wäre alles kein Problem, würde diesem Prozess die soziale Marktwirtschaft sinnvoll entgegen stehen. Das tut sie aber seit einigen Jahren nicht mehr. Seit der Agenda 2010 wurde sukzessive dafür gesorgt, dass Arbeit in Deutschland preiswerter wird. Durch die neuen 400€ und Mini-Jobs konnten immer mehr Menschen angestellt werden. ((Das Ziel waren ja sinkende Arbeitslosenzahlen.)) Diese verdienen aber immer weniger Geld und zahlen auch immer weniger in die Sozialversicherungen ein. Doch natürlich möchten viele Menschen eigentlich nicht für so wenig Geld arbeiten, also muss es auch noch einen Zwangsmechanismus geben.

Diesen Zwangsmechanismus findet man im ALG II. War es bis dahin so, dass Arbeitslosigkeit etwas war, das den Staat in seine Fürsorgerolle brachte, galt sie nun als selbstverschuldete Belastung des Gemeinwesens. Deswegen sollte nur das mindeste für diese Menschen ausgegeben werden und es herrschte seitdem der Wahlspruch fördern und fordern vor. Unter diesem zynischen Mantel war es den Arbeitsämtern ((Seitdem Arbeitsagenturen. Man hatte Klienten, die über sich frei bestimmen, keine Staatsabhängigen, die Hilfe eines Amtes brauchen.)) erlaubt Menschen mit ihrer Existenz zu bedrohen. Nimmt man heute als Arbeitssuchender ((Noch ein Euphemismus.)) keinen zumutbaren ((Zumutbar bedeutet hier: jeder angebotene)) Job an, so wird einem das wenige Geld, das man überhaupt noch bekommt gekürzt. Schließlich gibt man sich ja keine Mühe. Und so landen viele Menschen bei Amazon und ähnlichen Buden um zu unmöglichen Bedingungen und Löhnen ohne eine Wahl zu arbeiten.

Doch da beißt sich die Katze auch in den Schwanz. Denn diese unterbezahlten Menschen haben auch kein Geld mehr, das sie verkonsumieren können. Damit müssen die Produkte des täglichen Bedarfs ((Pferdefleischskandale anyone?)) natürlich auch billiger werden und damit auch die Personalkosten weiter sinken. Solange bis das ganze am Boden landet und die marxsche Revolution doch noch kommt.

DIe Empörung, die es da bei vielen Menschen gab, wie schlimm das mit Amazon ist, ist eigentlich heuchlerisch, denn es ist auch der Neid und die Bequemlichkeit derer, die alles möglichst billig für den eigenen Gewinn haben wollen, der dazu führt, dass am sie selbst auch nichts mehr verdienen und haben.