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Unsere Moderne ist nicht so modern…

Ich habe gerade auf piqd einen Anreißer gelesen, in dem eine Guardian Autorin mit dieser Perle zitiert wird:

We are finally beginning to recognise that sexuality is neither a binary nor fixed. That love, attraction, identity, attachment and sexuality are more layered and interesting than they have been allowed to be represented in public space until now and that as their complexity is opened to us the crudity of realising you were always gay or always straight is for many people a nonsense.

Dazu fiel mir dann mal wieder auf, wie selbstbesoffen diese Diskussion geführt wird. Das hat zwei Gründe:

Zum einen wird davon ausgegangen, dass irgendwelche avantgardistischen Diskussionen in irgendwelchen Zeitungen ((Oder solchen Blogs hier…)) irgendeine Relevanz für einen Großteil der Welt haben. Das trifft nicht einmal für die Gesellschaften zu aus denen die Beiträge stammen. Im abgehängten Viertel irgendeiner Stadt interessiert es niemanden, dass wir jetzt Sexualität und Partnerschaft so komplex sehen, wie sie sind. Dort wird das nur gelebt. Teilweise in aller Privatesse, aber auch öffentlich. Geredet wird darüber nur in Medien, die jetzt mitbekommen, dass der Zeitgeist gegen die, von ihnen produzierten, Normalitäten weht. Da müssen jetzt Sachen öffentlich diskutiert werden, die soundso stattfinden, und deren mangelnde Öffentlichkeit hauptsächlich mit den selben Gatekeepern zu tun hat, die das jetzt als Thema entdecken.

Zum anderen ist das doch gar keine neue Erkenntnis. Sie wurde nur bisher nicht von gesellschaftlich als relevant angesehenen Medien ausgesprochen. Jedenfalls seit ungefähr 200 Jahren nicht mehr. Vorher war es eher so normal, weil die sozialen Kreise kleiner waren und damit auch permissiver, wenn es darum ging Abweichungen in ihrem Inneren zu erdulden. Diese Permissivität würde irgendwann mal gegen die Anonymität der Stadt ersetzt, aber dass Liebe und Sexualität komplex sind, ist nur eine Neuigkeit für die Moderne, wie sie medial verbreitet wird. Und diese orientiert sich in ihrer Modernitätserzählung spätestens am 19. Jahrhundert. Nur wurde da schon einiges an gesellschaftlichem Liberalismus durch Konventionen ersetzt, die dann später ernst genommen wurden. Was vorher war, können wir nur an wenigen Artefakten nachweisen, die von engen Bevölkerungsschichten mit konkreten Absichten erstellt wurden. Dementsprechend ist es vielleicht gewagt davon zu reden, dass in der Öffentlichkeit Sexualität und Geschlecht noch nie so offen verhandelt wurden. Wir wissen nicht, wie das so vor 1000 Jahren war und damit ist die Aussage doch etwas gewagt.

Man sollte sich vielleicht weniger auf die eigene Modernität etwas einbilden als sich die Frage zu stellen, warum Dinge für unsere Gesellschaft außergewöhnlich sind, die in anderen Kulturkreisen und Zeiten vielleicht schon total normal waren, bevor wir sie kolonialistisch wegmcdonaldisiert haben.

Vom freien Medium zum Medium der Unterdrückung

Die social media Welt und daran angehängt die Reste der alten Medien beschäftigen sich seit gestern mit Bildern von amerikanischen Stars, die sich selbst nackt fotografierten und deren Bilder durch ein Datenleck veröffentlicht werden konnten.

Dazu kann man viel sagen und vieles wird gesagt. Zum Beispiel:

  • dass die ja selbst schuld sind Appleprodukte zu benutzen, bei Android wäre das nie passiert (aber natürlich…)
  • dass sie Nutten und Huren sind und nicht anständig (weil wir ja besser sind, vor allem diejenigen, die um das festzustellen erst einmal alle Bilder gesichtet haben) ((Das erinnert mich immer an den Teil der Parteiprogramms der bibeltreuen Christen, wo gefordert wird, dass Pornografie und Prostitution streng überwacht werden. Die Überwacher testen das dann unter Gefahr für ihre Seele sicher unter Schmerzen.))
  • dass die Bilder noch nicht mal was besonderes sind. (Kommt halt immer drauf an für, wen nicht?)
  • dass Frauen zum einen sich nackt fotografieren dürfen und sollten wie sie wollen und zum anderen die Welt an sich, sich bitte den Kommentar verkneift. (Endlich mal eine Aussage mit Hirn…)

Doch ich möchte einen Schritt weiter vorne anfangen. Der Grund, warum diese Fotogeschichte so ein Problem ist, ist dass hier nicht nur Frauen objektifiziert und sozial unterdrückt werden. Das ist ja irgendwie schon Standard in der schönen neuen Welt der social media. Es ist die Tatsache, dass der Kontrollverlust über Daten immer schneller passiert und dass Meinungen immer schneller ausgetauscht werden können. Doch der Umgang mit diesem Phänomen ist mittlerweile auf dem Niveau der Hexenprozesse von Salem angekommen. Unter dem Vorwand der freien Meinungsäußerung und mit der schweigenden und erigierten Masse im Rücken drücken Minderheiten ihre konservativen Wertvorstellungen in die Welt und unterdrücken damit die Freiheit, die uns das Internet und social media geben sollte. Anstatt endlich genug Raum für jede Nische zu haben, wird erfolgreich versucht eine Gleichschaltung ((Jap, das Wort ist Absicht.)) auf puritanische Werte zu erreichen, die selbst für 50er Jahre rückschrittlich erscheinen können. Anstatt also persönliche Freiheit zu generieren, generiert das social Web einen unheimlich engen Korridor sozialer Konstrukte und Erwartungen, denen man dringend entsprechen muss, möchte man nicht am nächsten Tag vom wütenden Mob zum Galgen gebracht werden.

Die Freiheit man selbst zu sein und vor allem die Freiheit dies jenseits von streng geschützter Privatsphäre in den globalen ((Das ist ja auch ein Lacher für sich. Wer denkt, dass das Web nicht komplett an Kulturgrenzen balkanisiert ist, zählt jetzt mal bitte die Websites im Verlauf, die nicht auf com,de,net oder org enden.)) Medien, die einem zur Verfügung stehen, zu tun, ist verschwunden, da immer mehr unseres Lebens vernetzt werden. Doch anstatt nun in der Weite des Netzes den Menschen ihre Frei- und Schutzräume einzuräumen, werden die Inhalte dieser nur noch auf den öffentlichen Marktplätzen vor der geifernden Masse verhandelt, deren Privatsphäre nur vorerst sicher ist, weil sie selbst noch uninteressant ist ((Es ist ja nicht eine Frage, ob du was zu verbergen hast, sondern nur vor wem.)) oder die sich eh schon komplett in der Öffentlichkeit entkleidet.

Das Letztere ist ja die Vision der post-privacy Befürworter. Diese vergessen hierbei immer, dass soziale Dynamiken keine Rücksicht auf die Einzelperson nehmen und damit post-privacy nicht zur ultimativen Freiheit sondern zur ultimativen Uniformität wird. Denn die Masse wird nicht anfangen das Individuum zu respektieren, sie wird das Individuum dazu zwingen sich anzupassen oder es zerstören. Und damit wird aus dem Traum der ultimativen Freiheit im Netz der Albtraum der ultimativen sozialen Unterdrückung aller durch alle. Die ersten Anzeichen hierfür kann man schon gut erkennen. Der Mob auf Facebook und twitter erschlägt jetzt schon regelmäßig die Dissidenten und zerstört Leben, die nicht den fiktiven Anforderungen entsprechen, die gesetzt werden und denen man selbst dann natürlich auch nie genügen könnte.

Romantische Selbstreproduktion

Wir denken gerne mal, dass wir gebunden sind. Das Soziale umarmt uns immer wieder und erzählt uns, wie unser Leben zu sein hat. Die Narrative der postmodernen Pseudoleistungsgesellschaft sind erdrückend: sei flexibel, sei modern, sei preiswert und du wirst belohnt werden. Die Welt wird begriffen als rein rationale Angelegenheit in der unser Tun als Akteure einer Wirtschaft in der Mitte stehen. Diese Welt wird also von den Mythen und Märchen des finalen Kapitalismus bestimmt. Das heißt, dass viele Menschen sich diesen angeblichen Zwangslogiken ergeben haben. Das ist auch der Fall, wenn es sich um die irgendwelche „Alternativkulturen“ handelt. Diese haben meist einen romantischen Ursprung und ziehen ihre Energie aus dem selben abscheulichen Menschenbild, dass uns vorgesetzt wird. Diese romantische Verklärung ist also nur die Betäubungspille für diejenigen, die sich unwohl mit dieser kalten Welt der Ausbeutung fühlen. Da wird man dann eingelullt in die Wärme des romantischen Gequatsches, in ein wohliges Gefühl des angeblichen Verständnisses, dass aber seine Prämisse und sein Ziel der Gegenwehr aus den selben unmenschlichen Prinzipien unserer Gesellschaft zieht. Würden wir diese Prinzipien tatsächlich ändern, dann würde auch die Romantik sterben.

Und mit ihr würden die vielen salbungsvollen Floskeln sterben, die wir uns erzählen um darüber hinweg zu täuschen, dass wir eigentlich nichts gegen diese Welt unternehmen wollen. „Genieße dein Leben, denn der harte Teil kommt noch!“, „Wir müssen uns mehr den Gefühlen widmen und uns wieder zur Natur zurückkehren.“ und „Erfülle deine Träume, weil später kannst du es nicht mehr.“ Das ist alles der romantische Backlash, der auf der Annahme beruht, dass der finale Kapitalismus das einzige Paradigma ist. Also auf der Annahme, dass wir nur rationale Wesen in einer kapitalistischen Welt werden und nur das werden können. Dagegen kann man sich fein wenden, aber das Prinzip ändert man damit nicht, man verfestigt es. Man blickt verklärt zurück oder sagt sich, dass die Zukunft schlecht wird, weil man die Idee nicht in Frage stellt.

Und so ist das romantische Geschwafel selbstproduzierend, weil es die selbe Welt braucht, über die es lamentiert anstatt sich gegen diese Welt zu wenden. Doch wenn es diese Welt nicht mehr gibt, wenn es, Eris befürchte, sogar eine gute Welt wird, über die man sich kaum beschweren kann, dann sitzen die ganzen verschnieften Romantiker da und haben auch ihren Lebenszweck verloren. Das geht nicht, also bleibt alles beim Alten, denn wenn sich die Dinge, über die wir weinen ändern, dann macht uns das selbst im größten Vorteil unglücklich und das muss verhindert werden.

Interview mit Andrea Bottlinger II (wg. Beyond)

Es ist mir zum wiederholten Mal eine Freude Andrea Bottlinger zu befragen. Sie hat vor Kurzem ihre Buchreihe Beyond auf allen digitalen Kanälen veröffentlicht, die es so gibt. Es handelt sich hierbei um eine Serie von „Büchern“, die in Folge veröffentlicht werden. Ich selbst habe mir das erste Buch Ready…Fight! im iBook Store von Apple gekauft und gelesen. Deswegen möchte ich heute mit ihr über das neue Buch reden.

Hallo! Da sind wir mal wieder. Diesmal habe ich dein Buch sogar gelesen. Doch bevor wir über den Inhalt von Beyond: Ready… Fight! reden, möchte ich erst einmal wieder etwas die publizistische Seite beleuchten. Was führt dich dazu Beyond als Ebook zu vertreiben?

Mir hat das Konzept des Rohde Verlags gefallen, eine Geschichte in einer EBook-Reihe zu erzählen. Die Idee ist folgende: EBooks werden ein immer größerer Markt, aber es ist ein Markt, den die großen Verlage versuchen möglichst von sich fernzuhalten, indem sie ihre Bücher im EBook vielleicht einen Euro billiger anbieten als in gedruckter Form. Da muss es einen besseren Weg geben, und genau das wollen wir ausprobieren. Deshalb wird Beyond in Episoden zu je 2,45 Euro verkauft. Das ist ein Preis, den man sehr viel eher bereit ist zu bezahlen, um ein Buch von einem verhältnismäßig unbekannten Autor anzutesten.

Dazu kommt, dass der Rohde Verlag auch vom Genre her die richtige Idee hatte, wie ich finde: Science Fiction Leser gelten ja generell als technikaffin, also liegt es nahe, Science-Fiction-EBooks herauszubringen.

Das Ganze ist also ein Experiment. Ich möchte herausfinden, ob dieses Konzept funktioniert.

Das Buch erscheint ja in sechs Folgen oder Büchern, war das allein deine Entscheidung und was waren die Gründe das so zu tun?

Das Reihenformat gehört mit zum Konzept des Rohde-Verlags. Wir halten uns auch offen, mehr als sechs Folgen zu machen, auch wenn Band 6 definitiv die aktuelle Handlung abschließen wird. Ich baue in die derzeitigen Romane immer wieder kleine Hinweise ein, die ich später verwenden kann, um neue Geschichten daraus zu stricken.

Ich war sehr erstaunt über den relativ niedrigen Preis des Einzelkapitels, ist das Teil der Strategie? Immerhin ist Ready…Fight! durchaus schon ein gutes Drittel eines normalen Buches.

Das ist definitiv Teil der Strategie. Der Preis ist so berechnet, dass man, wenn man alle 6 Teile kauft, die zusammen ungefähr 600 Seiten haben werden, einen Preis gezahlt hat, der noch unter dem des durchschnittlichen 600-Seiten-Fantasy-Paperpacks liegt.

Denkst du, dass diese Art der Verbreitung und Vermarktung ein zukunftsfähiges Modell oder ein Modell der Zukunft sein wird?

Genau das will ich herausfinden. Ich sehe die Möglichkeit durchaus.

Doch nun zum Inhalt des Buches, oder besser des ersten Teils. Ich muss sagen, dass ich meinen Spaß mit Ready…Fight! hatte. Ich werde zwar hier im Blog noch einmal ausführlicher rezensieren, aber kann jetzt schon sagen, dass es mir gefallen hat. Die Anfangsfrage muss dann aber trotzdem sein: Cyberpunk? Ich dachte der sei tot!

Cyberpunk ist nicht tot. Die Ideen, die es früher in dem Genre gab, sind nur zu größeren Teilen Realität geworden oder wurden  noch übertroffen. Viele der alten Cyberpunkautoren konnten sich ja zum Beispiel die Möglichkeiten des W-LANs noch nicht vorstellen, oder die Idee, dass man mit seinem Handy von überall online gehen könnte.

Cyberpunk ist bisher einfach zu wenig mit der Zeit gegangen. Es braucht keine Leute mehr, die klobige Decks mit weniger Rechenleistung als ein heutiges Smartphone mit sich herumtragen, um sich irgendwo einzustöpseln. Das war zu den Zeiten von Neuromancer eine geniale Idee, aber wenn man in der heutigen Zeit Cyberpunk schreibt, sollte man von der heutigen Zeit ausgehen und versuchen, das ein Stück weiter in die Zukunft zu denken.

Wir leben ja eigentlich zumindest teilweise in der Welt, die die Cyberpunkromane der 80er beschreiben. Ist es schwer da noch etwas auf diese Welt draufzusetzen?

Wie gesagt gehe ich nicht von dem aus, was in den 80ern in dem Genre beschrieben wurde, sondern ich schaue mir an, was es heute gibt, und überlege, wie es in 20 oder 30 Jahren aussehen könnte. Ich denke, das ist mehr im Sinne des Genres, als einfach zu kopieren, was andere Leute vor Jahren geschrieben haben.

Wovon lässt du dich für die Welt von Beyond inspirieren?

Von allem Möglichen. Ich schaue mir an, was gerade erfunden wurde oder in der Entwicklung steckt und versuche mir vorzustellen, wie es wäre, wenn das Teil des Alltags wäre. Oder ich schaue mir derzeitige gesellschaftliche oder politische Entwicklungen an. Ich sage nur NSA. So lande ich dann zum Beispiel bei einer Welt, in der man keine Mail mehr schreiben kann, ohne dass irgendjemand mitliest und in der man einen Pop-up-Blocker braucht, um über die Straße gehen zu können, ohne dass man seine Glasses so voll mit Pop-ups hat, dass man die Straße nicht mehr sieht.

Ich fand es beim Lesen sehr angenehm, dass die Welt nicht gewaltsam konstruiert wirkte sondern sehr oft logisch an unserer weitergedacht war. Ist es da schwer sich nicht zu verrennen und unplausibel zu werden?

Es ist eher schwer, mit der Entwicklung mitzuhalten. Ich hatte die allgegenwärtige Überwachung für Beyond erfunden, bevor das mit der NSA bekannt wurde. Und danach saß ich da und dachte: „Wie setze ich da jetzt noch einen drauf?“

Im Roman bewegen sich die Charaktere durch eine Welt voller augmented reality. Dieses Konzept ist mir das erste Mal in Charles Stross‘ Halting State begegnet. Hältst du das für eine wünschenswerte Welt?

Ich halte neue technische Erfindungen generell für wünschenswert. Es ist halt immer eine Frage, was man dann damit anstellt.

Würdest du gerne in ihr leben?

In der Welt von Beyond würde ich nicht gerne leben, nein. Ich glaube nicht, dass Autoren da einen guten Stand haben. Im Zweifelsfall erginge es mir so wie der Reporterin Nina, die man in Band 3 kennenlernt.

In einer Welt mit Augmented Reality würde ich aber durchaus gerne leben. Das fände ich cool.

Kommen wir mal zu ein paar inhaltlichen Details. Ich fand die Werbung und auch den gelben Drachen sehr witzig. Letzteren kennen die Leser deines Blogs als allmächtige Metapher für unseren größten Logistiker. Wie viele dieser Ideen landeten im Buch, weil sie dich selbst nerven?

Ich glaube, jeder findet Werbung nervig. Die ist aber eher im Buch gelandet, weil es mir Spaß gemacht hat, sie zu schreiben – und weil ich es nur logisch finde, dass man sich in der Zukunft vor Werbung kaum mehr retten kann.

Der gelbe Drache hat sich einfach so ergeben. Meine Protagonisten müssen in dem Spiel Beyond eine Mission erledigen, die mit Post zu tun hatte, und ich brauchte einen Endgegner. Da habe ich wieder an das Bild gedacht, das ich schon vor Jahren entworfen habe: Der gelbe Drache, der auf den Briefen und Päckchen sitzt, die nie zugestellt wurden.

War es eine Genugtuung den gelben Drachen zu erlegen?

Das hat auf jeden Fall Spaß gemacht *g*

Ich fand die kleinen und großen Lacher im Buch sehr gelungen. Wie viel Freiheit hattest du beim Inhalt verglichen mit den anderen Werken?

Ich hatte vollständige Freiheit. Die einzige Vorgabe war, dass die Story auf 6 Bände passen muss, wobei jeder Band einen in sich abgeschlossenen Handlungsbogen hat. Das war kein Problem. Ich habe dann mit Markus Rohde erst über das Exposé und später noch mal über den eigentlichen Text gesprochen, und er hatte ein paar sehr gute Anmerkungen, aber es ist nicht so, als hätte er mich dazu verdonnert, irgendetwas zu ändern, was ich nicht ändern wollte. Die Zusammenarbeit mit ihm ist sehr gut.

Bisher hat ja der Hauptcharakter Leander einen gewissen Hintergrund bekommen, erfahren wir im nächsten Teil auch mehr über Charlotte?

Das tun wir tatsächlich. Wobei es im Gegensatz zu Leander nichts mit ihrer Vergangenheit zu tun hat, sondern wir in Band 2 sehen, was die derzeitigen Ereignisse aus ihr machen.

Das war es erst einmal mit meinen Fragen, ich hoffe, dass ich nach dem nächsten Teil wiederkommen darf. Ich danke für deine Geduld und Bereitschaft zu antworten.

Ich danke ebenfalls, und ich freue mich schon darauf, über den nächsten Teil wieder mit dir zu reden.

Also gehet hin und kauft Beyond: Ready…Fight! wo ihr es überall bekommt findet ihr hier.

Sozialkosten

Also das mit dem Internet ist ja eigentlich schon eine gute Sache. Wir lernen neue Menschen kennen und wir haben einen besseren Kontakt zu denen, die da draußen sind. Doch eigentlich nutzen wir diese Mittel doch kaum. Und das mag daran liegen, dass wir einer sozialen Entropie unterliegen, die dazu führt, dass wir bestimmte Menschen weniger wahrnehmen, obwohl wir ihnen sofort einen bestimmten positiven Wert für unser Leben zuweisen würden.

Soziale Entropie? ((Habe ich gerade als Begriff erfunden.))

Entropie an sich bedeutet, dass sich Teilchen in einem System immer weiter ungeordnet verteilen, wenn diesem System keine Energie mehr zugeführt wird. Das trifft auch auf soziale Beziehungen zu. Die Menge an Energie, die man für das Aufrechterhalten einer sozialen Beziehung benötigt hängt von der räumlichen Nähe der Personen und vom Informationsfluss zwischen ihnen ab. Je weiter also die Person im Raum und in der Informationsvermittlung von einem entfernt ist, desto weniger Kontakt hat man mit ihr und desto weniger spielt man eine Rolle für ihr Leben. Spielt für einem die Person an sich eine sehr große Rolle für einen, dann kann man diese realen und sozialen Distanzen besser überbrücken als wenn er das nicht tut. Allerdings ist es vollkommen normal, dass wir versuchen die Komplexität unseren Soziallebens bestmöglich zu reduzieren, weswegen Menschen, die uns nahe stehen und öfter begegnen wichtiger werden als diejenigen, die dies eben nicht tun.

Ein Beispiel wäre, dass ich nahezu keinen Kontakt zu den meisten meiner ehemaligen Schüler habe. Man verbringt ein Jahr in mehr oder minder großer Nähe und entwickelt dort auch eine (professionalisierte) soziale Beziehung, aber diese bricht sofort ab, wenn es keinen Grund mehr für diese Beziehung gibt. Gleichzeitig zieht sie aber auch sehr viel Aufmerksamkeit auf sich. In einem gegebenen Schuljahr sind mir meine Schüler manchmal näher als so manche Person, zu der ich tatsächlich tiefere soziale Bindungen habe.

Was kann man dagegen tun?

Nunja, wer der Erklärung mit der Entropie oben gefolgt ist, dem wird klar sein, dass man wohl Energie in das System investieren muss. Doch das ist gar nicht der erste Schritt. Dieser benötigt zwar auch Energie, ist aber auch schwieriger, weil er auch spontan aus der Person heraus entstehen muss. Denn sich zu erinnern, wer wie viel Wert für einen hat und, dass dieser Wert nicht der Qualität der sozialen Bindung entspricht, muss aus dir heraus kommen. Dann muss man tatsächlich Energie investieren. Man muss den Kontakt wieder auffrischen und versuchen zu halten. Da man selbst aber in seiner eigenen Welt und der andere in seiner Welt lebt, braucht man immer wieder Energie am besten beider Seiten, um die Bindung in irgendeiner Art aufrecht zu erhalten. Es ist aber anstrengend, denn man hat ja irgendwie doch so sein eigenes Leben. ((Also meines ist immer eng genug, dass ich am Ende eines Tages nicht weiß, was ich alles getan habe und mich zu jeder Art von Extraaktivität fast per Planung zwingen muss.)) Und dann schaut man in sein modernes Leben ((Und da bin ich eigentlich jemand mit einem Job, der sehr bürgerlich und strukturiert schein. Das ist leider nicht wahr.)) und merkt, dass man so wenig gefühlte Zeit und Möglichkeit hat.

Dumme Ratschläge

Ein Ratschlag ist ja eigentlich immer ein Schlag. ((Woher das kommt? Wenn du kochst und dann sagt jemand: „Nimm doch lieber Sahne zu Soße.“ heißt das auch: „Du bist zu blöd Soße zu kochen.“)) Aber was kann man trotzdem tun? Hier meine Gedanken:

  • Bei allem Scheiß, der Facebook und andere social networks sind, helfen sie uns doch in einem einfachen Benutzerinterface mit Menschen Kontakt zu halten. Leider belästigt einen Facebook und die anderen gerne mit jeder Menge Scheiß. Es geht da ja auch nicht um Kontakpflege sondern um das erstellen eines eigenen Raums für sich selbst. Trotzdem kann man es verwenden.
  • Kalender helfen bei Geburtstagen und die sind so das mindeste auf was man achten sollte, wenn einem da was wert ist. Warum weiß ich nicht, aber es ist so ne Tradition. ((An sich ist es ja soundso eigenartig, dass wir uns dazu gratulieren, dass unsere Mütter Schmerzen und Stress gehabt haben, während wir auf die Welt gepurzelt sind und geschrien haben.))
  • Notizen machen und zuhören bei den kleinen Gesprächen, die man dann führt. Wenn man dem anderen das Gefühl gibt, dass er wahrgenommen wird, dann ist das die halbe Miete.
  • Im Notfall da sein. Jeder hat so seine Skills und ich vertrete ja eh die Meinung, dass wenn jeder jedem seine Fähigkeiten anbietet, wir alle einen Vorteil haben. ((Die Idee der Konkurrenz als Motor des Fortschritts ist behämmert.)) Gerade Menschen, die einem etwas wert sind, sollte man immer seine Hilfe ((Im Rahmen des Möglichen…)) versichern.

Ich denke damit lässt sich die soziale Entropie abbauen, aber die Kosten an Energie sind hoch. Es bleibt die finale Frage an der Sache: Welche Menschen sind mir diese Kosten warum wert?

Die müsst ihr selbst beantworten.