Schlagwort-Archive: Comics

HCH094 Sandman 4 - Season of Mists

Ich bin bei Band der Tradepaperbacks angelangt und wir steigen hier eigentlich in die große Geschichte des Comics so richtig ein…

HCH089 Sandman 1 - Einführung, Preludes and Nocturnes

Ich bespreche meinen Lieblingscomic von Neil Gaiman: The Sandman. Trade-paperback für trade-paperback. In dieser Folge geht es um das erste Buch Preludes and Nocturnes.

Ich achte nicht auf Spoiler. Wer das Werk nicht gelesen hat, möge es vorher lesen. Ich erzähle aber auch nicht den kompletten Inhalt nach.

HCH082 Ferienprogramm 2019 - Sprache und Realität

Ich wurde hierzu noch mal gefragt und hier ist die Folge.

Shownotes

HCH055 Advi Weekly: 4.5.-10.5.2019 Comics, Nerdkram, Prüfungen

Diese Woche waren mündliche Prüfungen und die mussten überlebt werden, dazu habe ich Comics und Rollenspiele geshoppt.

Achja… ich habs nicht erzählt, aber hier ist Twitterpause… die Menge toxischer Kommentare war mir dann mal wieder zuviel.

Rezension – Phoebe Gloeckner – Diary of a Teenage Girl

Im Urlaub fand ich in einem Comicladen eines dieser Bücher, das man einfach mal so mitnimmt. Diesmal war es Diary of a Teenage Girl von Phoebe Gloeckner. Das Buch wird wohl zeitnah in den Kinos erscheinen und ist etwas älter.

Das Buch ist das bebilderte Tagebuch von Minni Goetze (gesprochen: „Getz“), die im Alter von 15 Jahren im San Francisco der späten 70er Jahre wohnt und direkt am Anfang des Buches ihre Jungfräulichkeit an den eher schleimigen Freund ihrer Mutter. Ab da folgt der Leser Minnie durch ihre Tagebucheinträge und ungefähr ein Jahr ihres Lebens, das sie mit Angst, Unsicherheit, anfangendem Erwachsensein und Abscheu gegenüber den echten Erwachsenen verbringt. Dabei schwankt sie von absolut zufälligem Verhalten und Assoziieren, meist auch in passenden Bildern zu Kommentaren über die Welt, die in ihrer Zerstreutheit auch pointiert sind. Dazwischen hat sie die ganze Zeit Sex mit Männern und Teenagern, die absolut schlecht für sie sind, zerstreitet sich mit ihren Freunden und kommt wieder zusammen, nimmt Drogen, trinkt Alkohol und das meiste davon unter Aufsicht oder Betreiben von Erwachsenen, von denen der ihr leicht selbstzentrierter Ziehvater Pascal der einzige zu sein scheint, der sich ernsthaft für Minnie interessiert, die den Egozentrismus ihrer Umgebung spiegelt. Dieser bricht erst am Ende des Buches, wenn ihre Mutter das Tagebuch entdeckt und damit auch herausfindet, dass Minnie regelmäßig mit ihrem Freund Monroe schläft, der ansonsten nur durch Alkoholismus und Ponzi-Scheme ähnlichen Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln auffällt. Ihre Mutter scheint das auch nur zu stören, weil Monroe auch mit ihr schläft und ihr damit untreu wird.

Das ganze Buch liest sich wie ein Horrorroman für Jugensozialarbeiter und zeigt wie gefährlich die Welt in den 70er Jahren war, als sich Erwachsene primär um sich selbst gekümmert haben und nicht die ganze Zeit panisch um ihre Kinder. Minnies Reise zur eigenen Mündigkeit ist eine Strasse voller ungeschütztem Sex, Drogen und mangelnder Fürsorge. Trotzdem kommt sie am Ende an einer Stelle an, von der sie in ein Leben starten kann, dass eine tiefere Bedeutung für sie hat. Damit ist Diary of a Teenage Girl ein Bildungsroman der Moderne, der durch die Zeichnungen und Gedichte wächst, die zwischen die Tagebucheinträge gestreut sind. Der Modus des fiktiven Tagebuchs bringt den Lesenden der Hauptfigur intim nahe, aber lässt einen auch immer Distanz gewinnen. Minnie scheint keine verlässliche Erzählerin zu sein, und damit schwebt das Buch in einer spannenden Ungewissheit.

Diary of a Teenage Girl scheint in amerikanischen Literaturkursen angekommen zu sein, und ich sehe warum dies der Fall ist. Man kann schön (sinnlos) an diesem Buch heruminterpretieren, ohne sich zu weit aus dem Fenster zu hängen. Allen anderen ist das Buch empfohlen, wenn sie sich auf eine persönliche Geschichte einlassen können ohne sofort in tausend Empörungen und Definitionen zu denken. Es ist ein anderes Leben, dass man erleben kann und das ist alles was Literatur leisten kann.

Rezension: Sunstone

Es heißt, dass sich Erotica von Pornographie darin unterscheidet, dass man bei Erotica weiterlesen möchte, nachdem man gekommen ist. Nachdem Pornographie im Internet überall zu erhalten ist, war es sehr erfrischend zu sehen, dass es auch erotische Webcomics gibt, die man lesen möchte. Als ich das erste Mal über das, was jetzt Sunstone ist, stolperte, war es nur ein Bondage ((Ich mag sowas durchaus. Man spare sich jegliche Meinung. Wenn ihr keinen Kink habt, dann habt ihr ihn nur noch nicht gefunden.)) Bild auf Deviantart. Doch als ich weiterlas stellte sich heraus, dass hier glaubhafte Charaktere agierten, auch wenn es erst einmal nur Bondagebilder waren. Nicht nur mein Interesse wurde geweckt und so sah sich der Autor und Zeichner Stjepan Sejic auf einmal einer Fangemeinde zu einem Comic gegenüber, den er so nie geplant hatte. 

Sunstone ist jetzt in der Papierversion erschienen und macht als Paperback einen schicken Eindruck. Themengerecht werden hauptsächlich warme Farben verwendet, allerdings merkt man auch dem ersten Buch an, dass es hier nicht nur um fantasievollen Bondagesex zwischen zwei jungen Frauen geht. Wer nach dem ersten Buch noch glaubt, dass es hier keine Liebesgeschichte sondern nur harten Sex gibt, ist innerlich noch abgestorbener als ich.

In Sunstone geht es um die Geschichte von Ally und Lisa, die sich über das Internet kennenlernen und den gemeinsamen Fetish Bondage teilen. Lisa ist hierbei die submissive Partnerin, während Ally die dominante Rolle einnimmt. Dazu kommen noch ihre Bekannten und Freunde, die sich auch zum Geschehen äußern und schon ist ein ansprechendes Ensemble an vielschichtigen Charakteren dabei miteinander in gegenseitige Konflikte und Liebschaften zu treten. Dabei ist, wie bei jeder guten Romancenovel, klar, dass sich am Ende alle kriegen, egal wie groß das Drama dazwischen ist.

Ich kann Sunstone also nur empfehlen, denn es ist sehr schöne Erotica ohne die großen Klischees und mit mehr Tiefe als Pornographie.

Grafisches Erzählen im Comic

Nachdem ich gestern den Vortrag auf der Nerdnite gehalten habe, gibt es jetzt das alles noch einmal in Textform zum ruhigen Nachlesen und mitdenken. Deswegen fangen wir dann auch mal vorne an.

Repräsentationen von Realität

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Das nebenanstehende Objekt hat, je nachdem in welcher Sprache man es bezeichnet, ganz unterschiedliche Lautkombinationen, die von der Sprechergemeinschaft vereinbart wurden um auf es zu referenzieren. In der deutschen Sprache ist es ein Baum und in der englischen ein tree. Was es tatsächlich ist können wir nicht sagen, denn Sprache ist ein Referenzsystem für Objekte in der Realität. Gleichzeitig kann jeder von euch auf dem Bild sofort erkennen, was es für ein Objekt ist.

Damit ist auch klar, wo der Unterschied zwischen diesen beiden Arten der Repräsentation von Objekten ist. Visuelle Repräsentation ist direkter und immer detailreicher. Es werden viele Informationen gleichzeitig vermittelt und von unserem Gehirn verarbeitet. ((Übrigens sogar mehr als wir immer denken. Da wird ziemlich stark gefiltert.))

Bei dem Text, den ihr hier gerade lest, ist es genau anders. Text ist abstrakt. Zwar kann ein Wort mehrere Haupt- und Nebenbedeutungen haben, allerdings ist sehr viel mehr Text notwendig um die Informationen eines Bildes darzustellen, gerade wenn man alle Informationen verbalisieren wollen würde.

Das hat jetzt für eine Comic natürlich Konsequenzen. So wird das Geschichtenerzählen in einen visuellen und in einen verbalen Bereich aufgeteilt. Während die visuellen Informationen primär die Handlung und die Umgebung darstellen, wird Text für Gespräche aber auch abstraktere Informationen, wie Zeitsprünge oder Einordnungen benutzt. Letzteres ist ja ziemlich normal, aber wie die visuellen Informationen von uns so verarbeitet werden, ist eher spannend.

Besonderheiten sequenzieller Bilderzählungen

Nehmen wir mal einen schönen Comic von Jeph Jacques: Questionable Content. Öffnet den mal in einem zweiten Tab und folgt meinen Erklärungen. ((Und wenn ihr den noch nicht gelesen habt, gehet hin und lest ihn!))

Fangen wir mal mit der Frage des Handlungsverlaufs an. Wie ihr seht, haben wir eine Figur, die sich durch die Gegend bewegt. Im ersten Panel ist sie noch auf der Straße, während wir im zweiten Panel die Tür des Cafés hinter ihr zugehen sehen. Jeder weiß sofort, dass sie sich von dem einen zum anderen Bild bewegt haben muss. Dies passiert aber eigentlich im Gutter.  Der Gutter ist der schwarze Strich zwischen den Bildern. Dieser Strich beinhaltet die gesamte Handlung zwischen beiden Bildern. Wir füllen diese durch Deduktion aus. Das bedeutet, dass unser Gehirn aus den beiden Bildern eine Handlung ableitet, die dazwischen stattgefunden haben muss. ((Nuja, eigentlich muss sie das nicht, aber das menschliche Gehirn neigt dazu Plausibilitäten aufzumachen und zu gestalten.))

Damit kann man dann natürlich auch Spaß haben und nichtlineare Zeitverläufe gestalten. Schaut euch mal genau an, wie die Zeit zwischen den verschiedenen Panels vergeht. Die Unterhaltung in Panel 3-5 ist sicherlich viel kürzer als die Bewegung, die am Anfang des Comics stattgefunden hat, aber sie nimmt mehr Panels ein, als die anfängliche Bewegung. Das kann dann übrigens noch auf die Spitze getrieben werden, wenn man anfängt die Zeit für das Sprechen auch noch hereinzurechnen. Dann fällt einem auf, dass Reden eine zeitlose Handlung im Comic sein kann.

Spaß mit Semiotik

Die Semiotik ist die Wissenschaft und Lehre von den Zeichen und Symbolen. Es gibt noch ein Phänomen, dass bei der absoluten Kombination von Text und visuellen Mitteln auftreten kann. Zuerst begegnet ist mir das in Neil Gaimans Sandman, in dem auch viel Gebrauch davon gemacht wurde. Im Sandman werden nämlich die Sprechblasen der Charaktere in vielen Fällen grafisch gestaltet. Der Hauptprotagonist Dream, sowie seine Schwester Deilirium haben grafisch gestaltete Sprechblasen. Dream besitzt invertierte Sprechblasen, während Delirum in unsteter Schrift und mit   psychodelischen Farben hinterlegt spricht.

Beides passt gut zu den Charakteren, aber die spannendere Frage ist, was verstehen wir eigentlich. Was bedeutet es eigentlich, wenn ein Charakter in psychodelischen Farben spricht? Hier wird uns ein Gefühl, ein Eindruck vermittelt, der zwar eigentlich jedem klar ist, aber kaum verbalisierbar und beschreibbar ist. Hier entwickelt das Medium Comic Kommunikationsmöglichkeiten gegenüber der Leserin, oder besser ihrem Gehirn, die das normale Textmedium nicht hat. Leider werden diese Möglichkeiten noch zuwenig in den Comics genutzt, die ich bisher so konsumiert habe.

Fazit

Das Besondere am Comic ist also die Kombination aus visuellen und verbalen Repräsentationen der Realität und bietet damit Autorinnen Möglichkeiten ihre Leserinnen auf mehr Ebenen anzusprechen, die ihnen mit reinem Text nicht zur Verfügung stehen.

Nachklapp Nerdnite

Nur schnell ein kleiner Bericht über die Nerdnite gestern. Ich hatte meinen Vortrag über Grafisches Geschichtenerzählen im Comic gehalten und es war eher ein Ritt durch das Thema und solche Sachen wie Semiotik, Sprachtheorie und Zeitverlauf im Comic. Das war eigentlich das ganz lustig. Dem wenigen Publikum scheint es gefallen zu haben, die Kellerbühne im E-Werk ist etwas eigenartig, weil man im Endeffekt nach oben redet.

Danach gab es einen losen Vortrag über Entwicklungshilfe und Steuerflucht, dessen Quintessenz wohl damit zusammengefasst werden kann, dass die Nationalstaaten der globalisierten Wirtschaft nichts entgegenzusetzen haben.