Archiv der Kategorie: Politik

Einfach mal die Fresse halten und machen…

Nach dem letzten, eher depressiven Beitrag, kommt hier jetzt der Krawall zurück. Es wird nämlich mal Zeit sich darüber zu unterhalten, warum das ganze soziale Gerechtigkeitsgelaber vielleicht doch nicht so gut ist, keinen Fortschritt bringt und am Ende nur den Konservativen in die Hand spielt. Wenn ich das aber tue, dann muss ich ja auch erzählen, wie es anders geht.

Hört doch mal auf zu quatschen.

Eine Weisheit der Soziologie ist, dass wenn über etwas geredet wird, es von den Kräften der Gesellschaft verarbeitet wird. Das ist dann das, was in Politik endet. Die landläufige Idee, wie Gesellschaftsänderung vonstatten geht, ist:

  1. Thema aufbringen
  2. Agenda Setting
  3. Politischer Diskurs
  4. Bessere Welt
  5. Rinse Repeat

Jetzt ist die Bevölkerung überaltert und das funktioniert nicht mehr, weil die Leute die Mehrheit im Diskurs haben, die gerne die Welt so hätten, wie es früher war. Dazu kommt, dass die einzelnen Teile der Gesellschaft eigentlich gar nicht mehr miteinander reden und wenn dann nur durch Vorwürfe und in schreiendem Ton. Gesellschaftliche Probleme werden als öffentlich nur noch als Spektakel behandelt und nicht mehr diskutiert, weil soundso jede Seite glaubt, dass sie recht hat und am Ende die alte konservative Mehrheit mit dem Stillstand gewinnt.

Die ganzen Versuche neue Ideen auf die Agenda zu setzen, in dem darüber geredet wird, sind also sehr kontraproduktiv. Zum einen reißen sie nur noch mehr Nebenschauplätze auf, zum anderen ist nur noch der Konflikt interessant nicht der Inhalt. Hinzu kommt, dass die konservative alte Mehrheitsgesellschaft das Thema dann in Ruhe versanden oder konservativ umdeuten kann. Das schafft wahlweise Perversionen des Fortschritts (Mindestlohn, Rentesystem) oder einfache Feindbilder („Feminazi“), die dann halt auch gerne wieder verschwinden. Gesellschaftlicher Fortschritt findet also nicht mehr statt.

Deswegen wäre es vielleicht mal gut, weniger zu quatschen, weniger anzuklagen, weniger zu schreien. Wenn dann sollte gefragt, erklärt und sich ausgetauscht werden.

Wer macht hat Recht!

Und das fragen, erklären und austauschen funktioniert viel besser, wenn die Leute einfach machen. Die normative Kraft des Faktischen gilt in postfaktischen Zeiten umso mehr. Wird eine Realität geschaffen, dann kann man sich darüber unterhalten und vor allem in dieser leben. Das bedeutet also, dass sich das Schaffen einer eigenen Realität gut dazu eigenen eine zu haben, in der man leben will. Das führt dann schon zum gesellschaftlichen Diskurs. Dieser wird aber nicht unter der Annahme geführt, dass alternative Lebensformen und Realitäten Spinnereien einer Minderheit sind, sondern mit den existierenden Phänomenen einer pluralen Gesellschaft. Will heiße, wenn eine Familie aus mehreren Elternteilen (2+) bestehen möchte, dann sollte sie das. Legal lässt sich das regeln. Wenn dann jemand fragt, wie das funktioniert, dann erzählt und erklären die Menschen das, die dieses Modell leben. Dabei müssen sie nicht die Person gegenüber überzeugen und auch keine große gesellschaftliche Debatte vom Zaun brechen. Die Gesellschaft ändert sich hier schon durch die neuen Lebensformen, die einfach gelebt werden.

Wer macht hat also erstmal Recht und muss nur erkennen, dass es keinen Grund gibt sich für das eigene Leben und die eigene Realitätsgestaltung rechtfertigen zu müssen, genauso wie es keinen Grund gibt, andere für deren Version anzugehen. Am Ende gelingt so ein Zusammenleben unheimlicher vieler verschiedener Menschen. Es muss zwar noch ein Rechtssystem, das die allgemeinen Regeln des Zusammenlebens durchsetzt, doch je mehr Dinge als alltäglich gelebt werden desto weniger können diese Regeln in alternative Lebensmodelle hineinpfuschen. Gelebter Pluralismus führt am ehesten dazu, dass sich sinnlose soziale Schranken auflösen.

Es ist also sinnvoller, zu versuchen ein Leben zu leben, dass einem selbst gefällt und erfüllt, als sich die ganze Zeit hinzustellen und anklagend zu versuchen die Welt von oben nach unten besser zu machen. Akzeptanz von alternativen Lebensvorstellungen führt zu gesellschaftlichem Fortschritt, nicht das heulende Einklagen diffuser Rechte, das immer in einem sinnlosen Vergleich der Privilegien endet. Anstatt Privilegien mit gesetzlicher Gewalt zu minimieren, hilft es mehr Menschen die Möglichkeit und Einstellung zu geben, dass sie sich Privilegien anderer nehmen können, wenn sie vergleichbares nur anders tun. Neid und Einklagen sind kontraproduktiv, sich selbst einen Platz zu schaffen nicht. Wenn das zum Standard unserer Sicht auf Pluralismus wird, dann wird es am Ende auch zu einer Politik führen, die Möglichkeitsräume öffnen muss, anstatt sich in Konflikten zu schließen.

Update: Die Vrouwelin hat sich in einem eigenen Artikel hierzu geäußert und eine wichtige Dimension hinzugefügt: Solidarität und Empathie. Ich möchte mich bedanken und ihr ausdrücklich zustimmen. Ich gehe implizit davon aus, dass Empathie und die daraus folgende Solidarität in jedem Menschen angelegt sind. Das ist vielleicht zu idealistisch gedacht, aber dann eine Aufgabe für unser Bildungssystem.

Update 2: Der Soziobloge hat sich mit einem zweiten Beitrag gemeldet, der vielleicht den wichtigsten Punkt aufmacht: mal entspannen im Diskurs. Ich schließe mich auch hier vollständig an und bedanke mich für den Beitrag.

Am Ende des Alphabets – Die Generation Z, die Zukunft und warum sie nicht kommt.

Ich habe Ferien und deswegen Zeit für längliche Artikel. Im ganzen Input, der gerade so über mich drüber fließt, und auch in der Betrachtung meiner Seminarfahrt nach Berlin, will ich mal darüber reden, was wir am Horizont sehen, was wir wissen, das sich bald ändert und warum die aktuelle Generation an Studierenden und Schüler*innen wahrscheinlich an dieser Zukunft scheitern wird.

Die Zukunft der Wirtschaft

Die Automatisierung kommt, wenn sie nicht schon da gewesen ist. Als nächstes sind die ersten white collar jobs dran, die wir gegen neuronale Netze ersetzen. Je rationalistischer und sachbezogener ein Beruf ist, desto weniger braucht man dafür noch Menschen. Je kreativer und sozialer ein Beruf ist, desto mehr braucht man dafür Menschen, doch bezahlt wird dafür umso weniger. Die Religion des Rationalismus frisst sich langsam selbst. aber immerhin macht es Spaß dabei zuzusehen.

Die Zukunft der Gesellschaft

Gleichzeitig fragmentiert sich die soziale Realität immer mehr in kleine Stücke, die durch Algorithmen mit immer den gleichen Informationen versorgt werden und sich damit von einer geteilten medial vermittelten Wirklichkeit immer mehr entfernen. Die Gesellschaft zerfällt also in kleine Teile, die alle nebeneinander stehen, aber nicht mehr mit einer gemeinsamen Realitätserzählung verbunden werden. Jeder lebt in seiner Blase, die schön bequem und gleichzeitig unwirklich ist.

Die Zukunft der Politik

Und damit wird Politik zum Selbstläufer, weil es keinen Sinn mehr macht die einzelnen granularen Gesellschaftsbrocken noch zu fragen. Also wird einfach nach Bequemlichkeit regiert. Solange die meisten Leute keine offensichtlichen Nachteile haben, ist alles okay. Es geht nur noch um Zufriedenheit als Wert, genauso wie in den sozialen Netzwerken. Politik versucht aus der Wahrnehmung zu verschwinden und nur noch Wohlgefühl hervorzurufen. Dabei geht die Idee der Gesellschaftsgestaltung komplett unter. Aber dann, eine granulare Gesellschaft ist auch nicht mehr zu gestalten.

Die Zukunft der Bildung

Setzt dem allen nichts entgegen, sondern forciert es. Es werden einfache formelhafte Lösungen, gesellschaftliche Anpassung und berechenbares Verhalten belohnt. Das Ziel der Bildung wurde für Selektion und Qualifikation aufgegeben und an den Hochschulen wird noch mehr Schule betrieben als an den Schulen. Die Kreativität und Freiheit, die Innovation möglich macht, wird unter Strukturen erstickt, anstatt Lernen freier zu machen, wird versucht es durch Organisation zu zähmen. Die Bildungssysteme sollen Bildung produzieren, aber dieser Gedanke allein macht Bildung unmöglich.

Die Zukunft des Planeten

Es wird über viele Dinge nicht ausreichend diskutiert, weil die überalternden Gesellschaften des Westens kein Interesse mehr an Zukunftsgestaltung haben. Konservativismus erstickt die sozialen, diplomatischen und ökologischen Diskussionen, die wir führen müssten.

Generation Z

Und in diesem Umfeld wächst eine junge Generation auf, der eingeredet wird, dass sie in den jetzt schon versagenden Regeln nur Erfolg haben wird, wenn sie diesen folgt. Dabei wird sie wie keine Generation zuvor mit falschen Aufstiegsversprechen gelockt und mit Existenzverlust bedroht. Uniformität und Anpassung an ein System, das jetzt schon ungeeignet ist Menschen auf die Zukunft vorzubereiten, wird als Allheilmittel gesehen und ist dabei nur ein Cargo Cult, dem sinnlos in der Hoffnung hinterhergerannt wird, dass man das alles noch gesund beten kann. Die Generation Z steckt zwischen Anforderungsüberfrachtung, Zukunftsangst und sinnfreien Ritualen fest und hat Angst sich zu bewegen, weil man da etwas falsch machen kann. Also wird Eskapismus zur größten Aufgabe, lieber noch mal schnell auf Snapchat, als in eine Welt blicken, die einem Angst macht. Irgendwo zwischen Duldungsstarre und Disengagiertheit versuchen den letzten sicheren Job zu kriegen, damit die Eltern nicht meckern.

Noch nie waren Jugendliche so angepasst wie heute, noch nie hatten Jugendliche so viel Angst sich selbst zu verwirklichen, noch nie haben die Alten so gut dafür gesorgt, dass sich Fortschritt nicht mehr durchsetzt und noch nie haben es junge Leute so bereitwillig akzeptiert.

In einem neuen Biedermeier werden Instagramfotos getauscht und sich selbst beweihräuchert, während die Welt um einen herum durch das Missmanagement der Großelterngeneration verrottet. Und während die Generation Y sich noch darüber streitet, welche Soja-Latte jetzt bei gleichzeitiger Umweltfreundlichkeit besser schmeckt und wie sie am besten gegendert wird, ist das der nächsten Generation schon egal, weil die nur noch hoffen kann, dass sie einen Arbeitsplatz bekommt, an dem sie nicht offensichtlich ausgebeutet wird.

Unsere Moderne ist nicht so modern…

Ich habe gerade auf piqd einen Anreißer gelesen, in dem eine Guardian Autorin mit dieser Perle zitiert wird:

We are finally beginning to recognise that sexuality is neither a binary nor fixed. That love, attraction, identity, attachment and sexuality are more layered and interesting than they have been allowed to be represented in public space until now and that as their complexity is opened to us the crudity of realising you were always gay or always straight is for many people a nonsense.

Dazu fiel mir dann mal wieder auf, wie selbstbesoffen diese Diskussion geführt wird. Das hat zwei Gründe:

Zum einen wird davon ausgegangen, dass irgendwelche avantgardistischen Diskussionen in irgendwelchen Zeitungen ((Oder solchen Blogs hier…)) irgendeine Relevanz für einen Großteil der Welt haben. Das trifft nicht einmal für die Gesellschaften zu aus denen die Beiträge stammen. Im abgehängten Viertel irgendeiner Stadt interessiert es niemanden, dass wir jetzt Sexualität und Partnerschaft so komplex sehen, wie sie sind. Dort wird das nur gelebt. Teilweise in aller Privatesse, aber auch öffentlich. Geredet wird darüber nur in Medien, die jetzt mitbekommen, dass der Zeitgeist gegen die, von ihnen produzierten, Normalitäten weht. Da müssen jetzt Sachen öffentlich diskutiert werden, die soundso stattfinden, und deren mangelnde Öffentlichkeit hauptsächlich mit den selben Gatekeepern zu tun hat, die das jetzt als Thema entdecken.

Zum anderen ist das doch gar keine neue Erkenntnis. Sie wurde nur bisher nicht von gesellschaftlich als relevant angesehenen Medien ausgesprochen. Jedenfalls seit ungefähr 200 Jahren nicht mehr. Vorher war es eher so normal, weil die sozialen Kreise kleiner waren und damit auch permissiver, wenn es darum ging Abweichungen in ihrem Inneren zu erdulden. Diese Permissivität würde irgendwann mal gegen die Anonymität der Stadt ersetzt, aber dass Liebe und Sexualität komplex sind, ist nur eine Neuigkeit für die Moderne, wie sie medial verbreitet wird. Und diese orientiert sich in ihrer Modernitätserzählung spätestens am 19. Jahrhundert. Nur wurde da schon einiges an gesellschaftlichem Liberalismus durch Konventionen ersetzt, die dann später ernst genommen wurden. Was vorher war, können wir nur an wenigen Artefakten nachweisen, die von engen Bevölkerungsschichten mit konkreten Absichten erstellt wurden. Dementsprechend ist es vielleicht gewagt davon zu reden, dass in der Öffentlichkeit Sexualität und Geschlecht noch nie so offen verhandelt wurden. Wir wissen nicht, wie das so vor 1000 Jahren war und damit ist die Aussage doch etwas gewagt.

Man sollte sich vielleicht weniger auf die eigene Modernität etwas einbilden als sich die Frage zu stellen, warum Dinge für unsere Gesellschaft außergewöhnlich sind, die in anderen Kulturkreisen und Zeiten vielleicht schon total normal waren, bevor wir sie kolonialistisch wegmcdonaldisiert haben.

Digitalisierung im Unterricht – über einen abgefahrenen Zug

Ich mag das Bild mit dem abgefahrenen Zug derzeit sehr. Irgendwie fühlen sich unheimlich viele Dinge so an, als könnte am Horizont gerade noch so die roten Rücklichter sehen, während man das vollgeheulte Taschentuch wegsteckt. Okay, zumeist stecken die anderen das Taschentuch weg und setzen sich noch etwas verheult auf den Bahnsteig. Wir als Gesellschaft sind nämlich der Zug, der da fährt und der hält eigentlich nicht einmal an.

Doch genug von überstrapazierten Metaphern und zurück zum eigentlichen Thema dieses Textes. Angefangen hat alles mit der Bildungsministerin, die in den nächsten Jahre fünf Milliarden Euro in die Neuausstattung von Schulen mit Rechnern stecken möchte. Daraufhin folgten zweierlei negative Reaktionen: zum einen der Hinweis, dass Schule ja etwas anderes bräuchten als neue Rechner, wenn die Bausubstanz kaputt ist, zum anderen die Digitalisierungsfeinde, die den Untergang des Abendlandes herbeibeschwören. Den ersten sei gesagt: Bausubstanz ist Aufgabe des Sachaufwandsträgers. Das sind die Kommunen und wer hat die mit neoliberaler Scheißpolitik kaputtgespart? Die selben bornierten Statuswichser, die jetzt darüber meckern, dass der Flügel im Musiksaal nur einmal im Jahr gestimmt werden kann.

Die Digitalisierungsfeinde sind da schon amüsanter. Sind es doch Leute, die selbst keine Angst mehr zu haben brauchen in der granularen, digitalisierten Welt der Zukunft einen Platz und vielleicht sogar Erfolg haben zu müssen. Das ist eine Angst, die ich auch nicht mehr haben muss, und die mich nur beschäftigt, weil meine Klientel sie haben sollte. Immerhin wird denen von allen Seiten erklärt, dass sie Erfolg haben müssen, weil das a) ihr einziger Wertbeweis für diese Gesellschaft ist und b) sie auf Dauer die ganzen ganzen grantelnden Rentner und Pensionisten durchfüttern müssen, die da gerade gegen eine Welt wettern, die sie nicht mehr verstehen müssen. Diese Rentner wiederum können ihr Bildungsbürgertum und die damit einhergehende Technikfeindlichkeit gerne als Distinktionsmerkmal ins Grab nehmen, allein hilft es gesellschaftlich nicht, wenn die Institution, die für die Bildung der zukünftigen Generationen zuständig ist, in ihrer Ausrichtung religiös rückständig ist. Das wird sie aber weiterhin sein, wenn Präsidenten des Lehrerverbands im Jahre 2016 noch nicht klar ist, dass Digitalisierung nicht nur sofort stattfinden muss, sondern eigentlich schon länger fertig sein sollte als der Berliner Großflughafen. Der Abstand der Bildungsrealität dieser Leute zur Lebensrealität der Schülerinnen und Schüler ist mittlerweile nur noch in Parsec zu messen.

Deswegen gibt es hier kurz die Liste zum modernen digitalen Unterricht:

  • Das Internet ist eine Quelle an Information, die in Schulen genutzt werden muss, weil sie es im Rest des Lebens auch schon genutzt wird.
  • Prozedurales Wissen ist in der Wissensgesellschaft das wichtige Wissen. Inhalten ist einfach beizukommen. Will Schule relevant sein, dann müssen wir aufhören von Skills, Kompetenzen so einen Quatsch zu reden und diese endlich vermitteln. Dabei bleibt klassischer Unterricht auf der Strecke, Punkt, Ende aus die Maus.
  • Jede Schule braucht WLAN und anständig Netz (100Mbit+!), alle Schülerinnen und Schüler sollten Zugang zu Hardware haben.
  • Code lesen können und grundlegendes Verstehen digitaler Geräte ist kein Spartenwissen, wollen wir die Hoheit über die Geräte und Informationen behalten. Informatik ist dafür nicht einmal im geringsten ausgestattet dies zu leisten. Der Lehrplan ist ein Witz, die Ausrichtung veraltet und der Fokus zu eng.
  • Kleinschrittiger Unterricht ist in der digitalen Gesellschaft kompletter Quark.
  • Es gibt Tastaturen, Mäuse und Trackpads. Es gäbe erstaunlich viele Schülerinnen und Schüler, deren Schriftbild und Lesbarkeit sich verbessern würde, es gäbe noch mehr von meinen, die sich wünschen würden, ich würde gar nichts mit der Hand schreiben.
  • Wir können es uns nicht leisten, Annahmen über die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu treffen.
  • Nur weil komplexe Aufgabenformen mit aktueller Lernsoftware nicht möglich sind, heißt das nicht, dass man sie nicht stellen sollte. Man sollte die Lernsoftware wegwerfen.

Der Zug der Digitalisierung ist aus dem Bahnhof draußen, der ist weg. Wir können heulend hinterwinken oder die Schulen auf ein Pferd setzen und ihn einholen. Das wird ein teures Pferd, doch so ist, wenn man einen beschleunigenden Zug mit 20 Jahren Vorsprung einholen will. 

HCH018 Nach Mecklenburg-Vorpommern

In dieser eher denkerischen Folge gibt es den Blick aus der Distanz auf die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Irgendwo zwischen Dystopie und Resignation erwächst auch hier wieder die Hoffnung im Kleinen.

Als kleine Anregung sei noch auf This is Water von David Foster Wallace hingewiesen, das einen ähnlichen Gedanken, wie ich ihn formuliere besser aufgreift.

Lasst uns mehr über Geld reden…

In einem der geschützten Kommunikationsräume in diesem Netz bekam ich gerade einen Impuls meine Finanzen mal aufzuschreiben und darüber zu schreiben, wie die so aussehen. Es ist ein sehr interessantes Experiment, das hier seinen Ursprung hat. Dazu gibt es jetzt ein paar Gedanken…

Das verbotene Thema

Über Geld zu reden gilt als Tabu. Es bringt Neid, Ungerechtigkeit und so weiter. Das ist jedenfalls etwas, das meine Eltern sagen. Ich habe das nie so empfunden, was unter anderem daran liegt, dass mein Gehalt öffentlich ist. Doch es ist ein verbotenes Thema, aber warum eigentlich?

Status, Status, fuck you…

Es geht hier eigentlich um Status und es geht auch wieder um die Annahme, dass die neoliberale Denke des selbstbezogenen rational denkenden Konkurrenzmenschen, tatsächlich eine realistische Beschreibung von Menschen ist. Dass das Quatsch ist, habe ich nun mittlerweile so länglich beschrieben, dass ich es nicht noch einmal mache. Die Frage, die sich aber stellt ist: wer hat eigentlich davon noch einen Vorteil, dass die Gesellschaft nicht großflächig anfängt über ihr Einkommen zu reden? Es ist die neoliberal organisierte Wirtschaft, die Vorteile davon hat, dass Menschen Neid aufeinander haben und eben nicht vergleichen können, ob sie genauso viel Geld bekommen wie andere. Dann kann man nämlich jeder Person etwas anderes erzählen und mit dem angeblichen Gehalt der anderen den Preis drücken.

Dieses soziale Konstrukt hat wie in vielen anderen Bereichen unser Denken vergiftet. Nun gibt es Neid schon immer, aber man weiß trotzdem grob, welche finanziellen Verhältnisse andere Menschen haben und meist ist es gar nicht so wichtig. Geld ist für erstaunlich viele Menschen nicht der Mittelpunkt der Welt und wenn es für das für Menschen ist, dann eigentlich nur aus zwei möglichen Gründen: sie haben zuviel oder zuwenig davon. Letztere sind in ihrer Existenz bedroht, erstere wissen nicht was sie mit der Kohle anfangen sollen oder haben Angst sie zu verlieren. Beides verbaut die Sicht auf die wichtigen Dinge im Leben. Das bedeutet umso mehr, dass Geld ein Thema werden muss, über das man redet, allein schon aus gesellschaftlichen Gerechtigkeitserwägungen. Solange Geld von Menschen als Neidmotor gesehen wird, solange kann es einfach zur gesellschaftlichen Manipulation genutzt werden.

Lasst uns mehr über Geld reden…

Deswegen denke ich, dass es besser ist, wenn wir mehr über Geld reden. Nicht unbedingt mit der lieben weiten Welt, dafür ist die Zelt noch nicht bereit. ((Wir sind ja nicht Norwegen, wo die Steuerdaten von allen öffentlich sind.)) Denn dafür müssten die Deutschen in der Breite die Heterogenität der eigenen Gesellschaft akzeptieren und sich dann mit der Frage beschäftigen, was eigentlich die einzelnen sozialen Gruppen so ausmacht. Doch mit Freunden, Bekannten und so weiter, sollte man vielleicht regelmäßig über Geld reden, allein schon, weil die Person gegenüber vielleicht sogar eine Hilfestellung hat, wie man das eigene Problem lösen kann.

Über Explosionen, Amokläufe und Geschichten…

Seit ungefähr zwei Wochen scheint die Welt aus allen Fugen. Scheint. Die Welt ist nie gut, sie war es nie und wir Menschen sind daran ursächlich schuld. Soweit die depressive Realitätseinschätzung. Doch in Deutschland ist erst seit drei Wochen die Welt nicht mehr in Ordnung. Ungefähr seit wir gegen Frankreich aus der WM rausgeflogen sind.

Von da an ging’s bergab mit der Welt. Jedenfalls aus der Sicht der Mehrheitsgesellschaft. Erst Nizza, dann Militärputsch in der Türkei inklusive großem Aufräumen des Staatspräsidenten, dann Axtangriff in Würzburg, Amoklauf in München, heute Explosion in Ansbach. Das schöne heile Leben ist medienwirksam erschüttert worden. Die Welt wird nicht mehr verstanden, am besten daran zu sehen, wie bei der Sache in München die Tagesschau und das heute journal einmal geschlossen durchdrehen, nur damit sich danach rausstellt, das whopping 80% der geäußerten Theorien (Islamismus, Terror, Anzahl der Täter…) kompletter Quatsch waren.

Wenn wir eigentlich was hätten faktisch lernen sollen, dann ist es, dass unsere Polizei gut arbeitet und dass die Zivilbevölkerung gut reagiert. Die Kopflosigkeit aus anderen Ländern

Aber das ist langsam scheißegal.

Wir brauchen uns gar nicht erst damit beschäftigen, dass das alles Quatsch war, dass es da draußen Fakten gibt. Es geht hier nur noch im die Geschichte. Und weil man sich in einer Welt voller Geschichten am besten mit Literaturwissenschaft kratzt, schauen wir uns mal an, wie gut die Geschichten sind.

Los geht es mit Nizza. Ein Traum aus der Horrogeschichtenbude. Wir haben alle klassischen Möglichkeiten ausgeschöpft, die Angst erzeugen: Schusswaffen und Bomben sind doch nun ein alter Hut. Jetzt fährt jemand Amok und juhu, eine neue Dimension des Horrors, als sei es geskriptet worden. Und natürlich brauchen wir Videos von vor Ort und so weiter. Damit wir auch wissen, wie schlimm der Terror ist. Da wird dann sofort erzählt, dass es der IS ist, der sich zu allem dann auch automatisch bekennt. Ein klassischer Bösewicht, ein besonderer Modus operandi, alles super. Da kann man nochmal eine alte Story neu aufkochen.

Dann kam der Militärputsch. Hier ist jetzt schon schwierig, wer da der Böse und der Gute ist. Immerhin schreiben wir Erdogan die ganze Zeit als Demokrator runter, gleichzeitig ist der nunmal gewählt und wir in der „Flüchtlingskrise“ auf ihn angewiesen. Also, einmal abwarten und dann so tun, als wäre die Demokratie gerettet, weil Erdogan an der Macht geblieben ist. Man hätte das Gegenteil erzählt, wenn das Militär gewonnen hätte. Hauptsache wir waren immer auf der richtigen[™] Seite.

Würzburg, Ansbach und München sind dreimal dieselbe Geschichte. Menschen, die aus verschiedenen Gründen unzurechnungsfähig sind, üben Gewalttaten aus. Diese werden dann unter kompletter Ignoranz als Geschichten der Betroffenheit gestaltet. Natürlich nicht für die wirklich betroffenen Personen, sondern für die Mehrheitsgesellschaft, die a) nicht direkt betroffen und b) wahrscheinlich sogar ein Teil der Ursache des Problems ist. Aber die Geschichte ist natürlich die des verrückten Einzeltäters. Es ist wichtig, dass er nicht zu uns gehört, obwohl jeder durchknallen kann und dass es natürlich ein Versagen der Normalität ist, und nicht die Normalität. Es hat nichts mit uns zu tun und wenn die Person am Ende der Geschichte tot ist, gibt es keine Konsequenzen und man kann in Ruhe zum Freitagabendkrimi übergehen.

Es geht nur noch um die Geschichte: der islamistische Terror ist eine, die Demokratie zu retten, in dem man sie abschafft, die nächste und der verrückte Einzeltäter, der einfach so durchknallt, die nächste.

Denn nach solchen Geschichten kann man weiter in Ruhe schlafen, ohne sich je die Frage zu stellen, ob die Welt eben generell nicht in Ordnung ist.

HCH017 Normalitätsupdate 16.7.2016

Man kennt das hier schon aus dem Blog als Schriftversion, ich finde die Audioversion noch etwas lustiger.

Also, schauen wir mal, was heute normal ist. Viel Spaß beim Pokémon fangen und sich betrinken!

Militärputsch in der Türkei – Spickzettel

Ich schreibe das hier nur schnell auf, damit man drauf referenziertem kann. Das sind alles die Frage, die man nicht vergessen sollte in allem was da gerade los ist:

Was ist mit den syrischen Flüchtlingen?

Was ist mit dem Deal von Merkel?

Was ist mit dem Verhältnis zu Russland?

Was ist mit dem Verhältnis zum IS?

Wie ist die Lage zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Türkei?

Das mit der Demokratie…

Politik ist das Lösen gesellschaftlicher Konflikte und irgendwie hat sich durchgesetzt, dass man die gesamte Gesellschaft ((Oder zumindest einen möglichst großen Teil…)) an dieser Konfliktlösung beteiligen sollte, damit die dann auch irgendwie eine nennenswerte Resonanz hat und nicht mit (übermäßiger) Gewalt durchgesetzt werden muss.

Das nennt sich dann landläufig Demokratie, also die Herrschaft des Volkes. Diese gilt als der Königweg der dysfunktionalen gesellschaftlichen Problemregelung. Doch damit Demokratie funktionieren kann, braucht es bestimmte ideologische und strukturelle Voraussetzungen in einer Gesellschaft. 

Dabei ist generell zu wissen, dass diese Voraussetzungen vorpolitisch sind, und damit etwas, das Gesellschaften beachten müssen, möchten sie dauerhaft demokratisch sein.

Die erste Voraussetzung ist Offenheit. Nur eine offene Gesellschaft kann auf Dauer demokratisch sein, jegliche Art von Schließung gegenüber bestimmten Ideen diskreditiert nicht nur das demokratische Bestreben sondern macht auch blind für eine Änderung der Umstände, auf die reagiert werden sollte. Und ja das beinhaltet auch Ansichten, die erst einmal nicht mehr den Konsens der Gesellschaft widerspiegeln. Denen darf man entgegentreten, aber sie müssen zugelassen werden, denn gerade die Ansichten, die selbst eine Ausgrenzung können mit der eigenen Ausgrenzung weitaus besser gerechtfertigt werden. Man muss sie also zulassen, um dieses Argument zu entkräften und dann bessere Argumente haben.

Die zweite Voraussetzung ist Transparenz. Nur, wenn klar ist, nach welchen Regeln die Gesellschaft zusammenleben will und wie diese funktionieren, dann kann dieses Zusammenleben auch gelingen. Wenn die Regeln zu komplex werden, dann müssen sie umso besser erklärt und im Zweifel vereinfacht werden. Hier geht es nicht um eine Einschränkungen der Entscheidungsfähigkeit, die aus mangelnder Transparenz erwächst und zu Willkür führen kann, sie ist auch wichtig um sich besser gegen Angriffe zu immunisieren, die dem gesellschaftlichen Konsens entgegen stehen. Transparenz sorgt für Vertrauen, weil sie keine Unklarheiten zulässt, die Vertrauen vermindern können.

Die dritte Voraussetzung ist Verbindlichkeit. Gibt es gesellschaftliche Regeln, dann sind diese verbindlich einzuhalten und ihre Verbindlichkeit durchzusetzen. Das spielt mit der Transparenz zusammen, hält sich eine Gesellschaft nicht mehr an die Regeln, die von den meisten als geltend angenommen werden, dann zerfällt jegliche Möglichkeit eine Entscheidung als Gemeinschaft zu treffen. Verbindlichkeit ist das einzige, was als Firewall gegen Willkür in einer Gesellschaft eingesetzt werden kann. Nur wenn ausreichend Menschen annehmen können, dass ein bestimmten Problem auf eine bestimmte Art behandelt wird und dass bestimmte Meinungsäußerungen verbindlich sind, kann überhaupt noch politisch gehandelt werden.

Diese Voraussetzungen sind zwingend auf irgendeine von der Bevölkerung akzeptierbare Art zu erfüllen, möchte man eine demokratische und nicht eine Willkürgesellschaft haben. Die eigenen Regeln zu brechen, Informationen zu verschleiern oder Meinungen zu verbieten ebnet auch (und besonders!) wohlgemeint immer den Weg zu Willkür und Diktatur.