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Rezension: Sunstone

Es heißt, dass sich Erotica von Pornographie darin unterscheidet, dass man bei Erotica weiterlesen möchte, nachdem man gekommen ist. Nachdem Pornographie im Internet überall zu erhalten ist, war es sehr erfrischend zu sehen, dass es auch erotische Webcomics gibt, die man lesen möchte. Als ich das erste Mal über das, was jetzt Sunstone ist, stolperte, war es nur ein Bondage ((Ich mag sowas durchaus. Man spare sich jegliche Meinung. Wenn ihr keinen Kink habt, dann habt ihr ihn nur noch nicht gefunden.)) Bild auf Deviantart. Doch als ich weiterlas stellte sich heraus, dass hier glaubhafte Charaktere agierten, auch wenn es erst einmal nur Bondagebilder waren. Nicht nur mein Interesse wurde geweckt und so sah sich der Autor und Zeichner Stjepan Sejic auf einmal einer Fangemeinde zu einem Comic gegenüber, den er so nie geplant hatte. 

Sunstone ist jetzt in der Papierversion erschienen und macht als Paperback einen schicken Eindruck. Themengerecht werden hauptsächlich warme Farben verwendet, allerdings merkt man auch dem ersten Buch an, dass es hier nicht nur um fantasievollen Bondagesex zwischen zwei jungen Frauen geht. Wer nach dem ersten Buch noch glaubt, dass es hier keine Liebesgeschichte sondern nur harten Sex gibt, ist innerlich noch abgestorbener als ich.

In Sunstone geht es um die Geschichte von Ally und Lisa, die sich über das Internet kennenlernen und den gemeinsamen Fetish Bondage teilen. Lisa ist hierbei die submissive Partnerin, während Ally die dominante Rolle einnimmt. Dazu kommen noch ihre Bekannten und Freunde, die sich auch zum Geschehen äußern und schon ist ein ansprechendes Ensemble an vielschichtigen Charakteren dabei miteinander in gegenseitige Konflikte und Liebschaften zu treten. Dabei ist, wie bei jeder guten Romancenovel, klar, dass sich am Ende alle kriegen, egal wie groß das Drama dazwischen ist.

Ich kann Sunstone also nur empfehlen, denn es ist sehr schöne Erotica ohne die großen Klischees und mit mehr Tiefe als Pornographie.

Die Geschichte mit dem Strandbuggy

Ich fand diese Geschichte in Double Share aus den Trader Tales von Nathan Lowell. Der Kontext ist, dass der Protagonist der Geschichte von seinen Untergebenen gefragt wird, ob sie in einer anderen Abteilung helfen sollten und dabei kommt die Frage auf, ob es fair ist, wenn man sich extra Arbeit macht und andere davon dann einen Vorteil haben. Das Gedankenexperiment, das dann gegeben wird ist einfach sehr einleuchtend.

Gegeben ist, dass jemand ein Wagen mieten muss, um zu seinem Hotel am Strand zu kommen. Diese Person bezahlt den Wagen und zwar vollständig, weil sie ihn ja benutzen will. Was ist nun, wenn eine zweite, ihr bekannte Person auch zum Strand möchte? Die zweite Person mag vielleicht anbieten sich an den Spritkosten zu beteiligen oder ähnliches. Man wird sich sicher einig, denn man will ja zum Strand. Ist das fair? Sicher. Ist es auch fair, wenn die andere Person nichts dazuzahlt? Müssen tut sie nämlich nicht. Es sieht zwar so aus, als wäre es besonders großzügig, wenn man die andere Person mitnimmt, aber man hat den Strandbuggy eh schon bezahlt und die Fahrt mit mehr Leuten ist nicht nur umweltfreundlicher sondern hat im Zweifel sogar einen Mehrwert für sich. Wenn jemand die Spritkosten mitträgt, ist das schön, aber man fährt eh in die selbe Richtung.

Rezension: Beyond: Ready… Fight!

DSC0002Genereller Disclaimer: Ich kenne die Autorin schon lange persönlich, die Wahrscheinlichkeit, dass ich öffentlich je ein Buch verreißen werde ist deswegen sehr gering. ((Wer hier mitliest weiß das, aber auch.)) Aber die Wahrscheinlichkeit, dass ich das soundso tue, ist mittlerweile soundso gesunken.

Andrea Bottlinger ist schon seit ein paar Jahren Fantasyautorin und Lektorin und hat Anfang dieses Jahres ihren ersten Roman Aeternum veröffentlicht. Da ging es um Engel und Dämonen und sowas interessiert mich eigentlich kaum. Doch sie meinte dann, dass sie auch einen Cyberpunkroman schreibt und da war ich dann eher interessiert. Doch bevor ich zum Inhalt komme, hier noch einmal schnell die Fakten zu Beyond. Beyond erscheint als Ebook in sechs Teilen. Ich habe es mit bei Apple im iBook Store gekauft und war erstaunt, dass ich nur 2,49€ für etwas bezahlen musste, dass sich durchaus als lange Kurzgeschichte oder eben der erste Teil eines längeren Roman begreifen lässt. Die Geschichte ist an sich abgeschlossen aber man merkt ihr an, dass es hier noch weiter geht und da der Preis und das Produkt wirklich gut sind, werde ich sicher auch Teil zwei kaufen und lesen. Generell finde ich das Konzept des Rohde Verlags hier sehr gut, weil es das Ebook als Medium ernst nimmt und gleichzeitig dessen Vorteile besser nutzt. Ich hoffe, besonders für den deutschen Buchmarkt, dass dieses Experiment gut geht.

Doch nun zum Werk selbst. Es ist moderner Cyberpunk und hat mich als solcher wirklich überzeugen können. ((Und das ist nicht einfach!)) Die Prosa fließt locker flockig vor sich hin und steht der Geschichte nicht im Weg. Ich finde es immer sehr angenehm, wenn Sprache Stil hat, aber gleichzeitig nicht zum Selbstzweck wird. Das schafft Andrea hier ziemlich gut. Die Welt von Beyond ist logisch an dem weitergedacht, was wir heute schon kennen. Google Ads werden automatisch und inhaltlich passend an jede Email angehangen. Diese werden auch grundsätzlich mitgelesen und wenn man mit seinen interaktiven Brillen oder Kontaktlinsen durch die Straßen läuft werden soviele Werbecodes eingelesen, dass man sie filtern muss, um nicht von den Elektroautos überfahren zu werden. Also schlicht, das was uns in zehn Jahren so blüht.

In dieser Welt begegnet uns Leander, ein desillusionierter und leicht bitterer Programmierer, der eigentlich nichts mehr mit Beyond dem augmented reality game, das der letzte Schrei unter allem hippen in dieser Welt ist, zu tun hat. Das ändert sich, als er eine Nachricht eines alten Freundes erhält und damit nach Beyond zurückkehren muss. Nicht, bevor er feststellen muss, dass anscheinend echte Gegner hinter ihm her sind. Er findet in Charlotte, der Ex-Freundin seines Bekannten eine Gefährtin und beide begeben sich nicht ganz freiwillig zurück nach Beyond. Kämpfe gegen lustige Metaphern und ähnliche Späße aus den üblichen Computerspielen. Rollenspieler und Computerspieler werden hier ihre wahre Freude haben.

Meine Freude war, dass ich dieses Buch wirklich mit Genuss abends im Bett lesen konnte. Es durchaus schon zeigt, wohin die Reise geht und trotzdem eine gewisse Leichtigkeit und Treue zum Genre besitzt, die ich sehr charmant fand. Also, wenn ihr mal kurzen, angenehmen und durchaus genretreuen modernen Cyberpunk lesen wollt: Greift zu Beyond.

Interview mit Andrea Bottlinger II (wg. Beyond)

Es ist mir zum wiederholten Mal eine Freude Andrea Bottlinger zu befragen. Sie hat vor Kurzem ihre Buchreihe Beyond auf allen digitalen Kanälen veröffentlicht, die es so gibt. Es handelt sich hierbei um eine Serie von „Büchern“, die in Folge veröffentlicht werden. Ich selbst habe mir das erste Buch Ready…Fight! im iBook Store von Apple gekauft und gelesen. Deswegen möchte ich heute mit ihr über das neue Buch reden.

Hallo! Da sind wir mal wieder. Diesmal habe ich dein Buch sogar gelesen. Doch bevor wir über den Inhalt von Beyond: Ready… Fight! reden, möchte ich erst einmal wieder etwas die publizistische Seite beleuchten. Was führt dich dazu Beyond als Ebook zu vertreiben?

Mir hat das Konzept des Rohde Verlags gefallen, eine Geschichte in einer EBook-Reihe zu erzählen. Die Idee ist folgende: EBooks werden ein immer größerer Markt, aber es ist ein Markt, den die großen Verlage versuchen möglichst von sich fernzuhalten, indem sie ihre Bücher im EBook vielleicht einen Euro billiger anbieten als in gedruckter Form. Da muss es einen besseren Weg geben, und genau das wollen wir ausprobieren. Deshalb wird Beyond in Episoden zu je 2,45 Euro verkauft. Das ist ein Preis, den man sehr viel eher bereit ist zu bezahlen, um ein Buch von einem verhältnismäßig unbekannten Autor anzutesten.

Dazu kommt, dass der Rohde Verlag auch vom Genre her die richtige Idee hatte, wie ich finde: Science Fiction Leser gelten ja generell als technikaffin, also liegt es nahe, Science-Fiction-EBooks herauszubringen.

Das Ganze ist also ein Experiment. Ich möchte herausfinden, ob dieses Konzept funktioniert.

Das Buch erscheint ja in sechs Folgen oder Büchern, war das allein deine Entscheidung und was waren die Gründe das so zu tun?

Das Reihenformat gehört mit zum Konzept des Rohde-Verlags. Wir halten uns auch offen, mehr als sechs Folgen zu machen, auch wenn Band 6 definitiv die aktuelle Handlung abschließen wird. Ich baue in die derzeitigen Romane immer wieder kleine Hinweise ein, die ich später verwenden kann, um neue Geschichten daraus zu stricken.

Ich war sehr erstaunt über den relativ niedrigen Preis des Einzelkapitels, ist das Teil der Strategie? Immerhin ist Ready…Fight! durchaus schon ein gutes Drittel eines normalen Buches.

Das ist definitiv Teil der Strategie. Der Preis ist so berechnet, dass man, wenn man alle 6 Teile kauft, die zusammen ungefähr 600 Seiten haben werden, einen Preis gezahlt hat, der noch unter dem des durchschnittlichen 600-Seiten-Fantasy-Paperpacks liegt.

Denkst du, dass diese Art der Verbreitung und Vermarktung ein zukunftsfähiges Modell oder ein Modell der Zukunft sein wird?

Genau das will ich herausfinden. Ich sehe die Möglichkeit durchaus.

Doch nun zum Inhalt des Buches, oder besser des ersten Teils. Ich muss sagen, dass ich meinen Spaß mit Ready…Fight! hatte. Ich werde zwar hier im Blog noch einmal ausführlicher rezensieren, aber kann jetzt schon sagen, dass es mir gefallen hat. Die Anfangsfrage muss dann aber trotzdem sein: Cyberpunk? Ich dachte der sei tot!

Cyberpunk ist nicht tot. Die Ideen, die es früher in dem Genre gab, sind nur zu größeren Teilen Realität geworden oder wurden  noch übertroffen. Viele der alten Cyberpunkautoren konnten sich ja zum Beispiel die Möglichkeiten des W-LANs noch nicht vorstellen, oder die Idee, dass man mit seinem Handy von überall online gehen könnte.

Cyberpunk ist bisher einfach zu wenig mit der Zeit gegangen. Es braucht keine Leute mehr, die klobige Decks mit weniger Rechenleistung als ein heutiges Smartphone mit sich herumtragen, um sich irgendwo einzustöpseln. Das war zu den Zeiten von Neuromancer eine geniale Idee, aber wenn man in der heutigen Zeit Cyberpunk schreibt, sollte man von der heutigen Zeit ausgehen und versuchen, das ein Stück weiter in die Zukunft zu denken.

Wir leben ja eigentlich zumindest teilweise in der Welt, die die Cyberpunkromane der 80er beschreiben. Ist es schwer da noch etwas auf diese Welt draufzusetzen?

Wie gesagt gehe ich nicht von dem aus, was in den 80ern in dem Genre beschrieben wurde, sondern ich schaue mir an, was es heute gibt, und überlege, wie es in 20 oder 30 Jahren aussehen könnte. Ich denke, das ist mehr im Sinne des Genres, als einfach zu kopieren, was andere Leute vor Jahren geschrieben haben.

Wovon lässt du dich für die Welt von Beyond inspirieren?

Von allem Möglichen. Ich schaue mir an, was gerade erfunden wurde oder in der Entwicklung steckt und versuche mir vorzustellen, wie es wäre, wenn das Teil des Alltags wäre. Oder ich schaue mir derzeitige gesellschaftliche oder politische Entwicklungen an. Ich sage nur NSA. So lande ich dann zum Beispiel bei einer Welt, in der man keine Mail mehr schreiben kann, ohne dass irgendjemand mitliest und in der man einen Pop-up-Blocker braucht, um über die Straße gehen zu können, ohne dass man seine Glasses so voll mit Pop-ups hat, dass man die Straße nicht mehr sieht.

Ich fand es beim Lesen sehr angenehm, dass die Welt nicht gewaltsam konstruiert wirkte sondern sehr oft logisch an unserer weitergedacht war. Ist es da schwer sich nicht zu verrennen und unplausibel zu werden?

Es ist eher schwer, mit der Entwicklung mitzuhalten. Ich hatte die allgegenwärtige Überwachung für Beyond erfunden, bevor das mit der NSA bekannt wurde. Und danach saß ich da und dachte: „Wie setze ich da jetzt noch einen drauf?“

Im Roman bewegen sich die Charaktere durch eine Welt voller augmented reality. Dieses Konzept ist mir das erste Mal in Charles Stross‘ Halting State begegnet. Hältst du das für eine wünschenswerte Welt?

Ich halte neue technische Erfindungen generell für wünschenswert. Es ist halt immer eine Frage, was man dann damit anstellt.

Würdest du gerne in ihr leben?

In der Welt von Beyond würde ich nicht gerne leben, nein. Ich glaube nicht, dass Autoren da einen guten Stand haben. Im Zweifelsfall erginge es mir so wie der Reporterin Nina, die man in Band 3 kennenlernt.

In einer Welt mit Augmented Reality würde ich aber durchaus gerne leben. Das fände ich cool.

Kommen wir mal zu ein paar inhaltlichen Details. Ich fand die Werbung und auch den gelben Drachen sehr witzig. Letzteren kennen die Leser deines Blogs als allmächtige Metapher für unseren größten Logistiker. Wie viele dieser Ideen landeten im Buch, weil sie dich selbst nerven?

Ich glaube, jeder findet Werbung nervig. Die ist aber eher im Buch gelandet, weil es mir Spaß gemacht hat, sie zu schreiben – und weil ich es nur logisch finde, dass man sich in der Zukunft vor Werbung kaum mehr retten kann.

Der gelbe Drache hat sich einfach so ergeben. Meine Protagonisten müssen in dem Spiel Beyond eine Mission erledigen, die mit Post zu tun hatte, und ich brauchte einen Endgegner. Da habe ich wieder an das Bild gedacht, das ich schon vor Jahren entworfen habe: Der gelbe Drache, der auf den Briefen und Päckchen sitzt, die nie zugestellt wurden.

War es eine Genugtuung den gelben Drachen zu erlegen?

Das hat auf jeden Fall Spaß gemacht *g*

Ich fand die kleinen und großen Lacher im Buch sehr gelungen. Wie viel Freiheit hattest du beim Inhalt verglichen mit den anderen Werken?

Ich hatte vollständige Freiheit. Die einzige Vorgabe war, dass die Story auf 6 Bände passen muss, wobei jeder Band einen in sich abgeschlossenen Handlungsbogen hat. Das war kein Problem. Ich habe dann mit Markus Rohde erst über das Exposé und später noch mal über den eigentlichen Text gesprochen, und er hatte ein paar sehr gute Anmerkungen, aber es ist nicht so, als hätte er mich dazu verdonnert, irgendetwas zu ändern, was ich nicht ändern wollte. Die Zusammenarbeit mit ihm ist sehr gut.

Bisher hat ja der Hauptcharakter Leander einen gewissen Hintergrund bekommen, erfahren wir im nächsten Teil auch mehr über Charlotte?

Das tun wir tatsächlich. Wobei es im Gegensatz zu Leander nichts mit ihrer Vergangenheit zu tun hat, sondern wir in Band 2 sehen, was die derzeitigen Ereignisse aus ihr machen.

Das war es erst einmal mit meinen Fragen, ich hoffe, dass ich nach dem nächsten Teil wiederkommen darf. Ich danke für deine Geduld und Bereitschaft zu antworten.

Ich danke ebenfalls, und ich freue mich schon darauf, über den nächsten Teil wieder mit dir zu reden.

Also gehet hin und kauft Beyond: Ready…Fight! wo ihr es überall bekommt findet ihr hier.