Wahlen in Bayern – persönliche Eindrücke

Habt ihr es schon mitbekommen? Es sind Wahlen! Politiker tun so, als würden wir sie interessieren und die ganzen Straßen sind mit Wahlplakaten voll. Es ist etwas wie Weihnachten, nur die Straßendekoration ist bunter. Ich stehe natürlich auch vor der Wahl ((Hier in Bayern auch Landtags- und Bezirkstagswahl.)) und weil ich das mit dem politischen Meinungsbilden professionell gelernt habe, begab ich mich letztens in die Innenstadt um mich von den Parteien informieren zu lassen. Ich habe jede relevante Partei gefragt, was ihre Claims sind, in drei Begriffen und mir den relevanten Wahlkampfflyer mitgeben lassen. Bei Abweichungen habe ich das vermerkt.

Piratenpartei

Hier muss ich gleich sagen, dass ich das Personal der Piratenpartei persönlich kenne, und dass ich keinen Flyer mitgenommen habe, weil mir die Positionen durchgehend bekannt sind. Das Personal war deswegen natürlich sehr offen und wir hatten eine gute Unterhaltung. Mein Eindruck des Wahlkampfes der Piratenpartei ist, dass hier solide intelligente Menschen gegen eine Hypothek kämpfen müssen, die ihnen egomanische Vollpfosten eingebrockt haben. Inhaltlich sind sie progressiv auf eine sozialliberale Art. Ich denke, dass die Piraten eine sehr heterogene Gruppe von Menschen ansprechen können, aber es sehr schwer ist das zu tun, wenn die Leute dich auf journalistisch erarbeitete Klischees reduzieren.

Die Grünen

Die Grünen machen hier Lokalwahlkampf und tradieren ihre Bundeswerte für die Bundestagswahl. Die Kandidatin für den Bundestagswahlkampf wollte ein Bild mit mir für die Internetseite, weil ich interessant ((Lies: Eigenartig genug.)) aussehe. Nachdem ich ihr erklärte, dass ich das aus Berufsgründen nicht machen kann und werde ((Der goldene Engel, den sie da hielt war auch ein Argument.)), war sie etwas verwirrt. Aber die inhaltliche Diskussion war sehr fruchtbar. Sie hat sich klar als Spartenpolitikerin bekannt und ich traue ihr in dieser Sparte auch Kompetenz zu. Ich fand das erfrischend ehrlich. Der Flyer der Grünen enthält Thementexte und die meisten Forderungen in bestem Neusprech „Schuldenbremse für Banken“ als Listen auf der rechten Seite. Dabei wird mal gar nicht darauf eingegangen, was das alles bedeutet. Nunja, als unwissender Bürger wüsste ich nur das, was ich mir so einbilde zu wissen. Generell wirkt der Flyer vage und soll das wahrscheinlich auch sein. Die Hauptpunkte sind wohl: Umwelt, sozial und bitte schnell vergessen unter welcher Regierung der soziale Kahlschlag begonnen hat.

FDP

Die FDP hat es ja nicht leicht, aber schlägt sich tapfer. Spannend war im Gespräch mit dem Bezirkstagskandidaten, dass der kalten Liberalismus super über so eine Verantwortungsschiene verkaufen konnte. Im Land kam hier das Argument, dass eine starke FDP vielleicht die renitente CSU beeinflussen kann.((Moment… *bwahahahaaa*)) Alles in allem wird hier sehr viel Wahlkampf gemacht, der darauf zielt, dass die FDP die einzigen sind, die den Konservativen etwas Menschlichkeit abringen können. Da passt dann auch der Flyer, der mit dem Slogan aufmacht: „Geld ist einfach heller als Schwarz.“ Gut, das trifft jetzt auf jede Farbe zu, aber der Versuch wird respektiert. Das Programm ist auch kurz gehalten und dreht sich um Deregulierung, die aber gerne als Förderung von Eigenverantwortung getarnt wird, und um Bürgerrechte. Letzteres ist ihnen dankt der Justizministerin wenigstens teilweise abzunehmen.

Die Linke

Hatte ich an diesem Tag nicht gesehen, aber vorher schon getroffen. Das spannende war der minderjährige Wahlhelfer, der zuviel Marx gelesen hat und etwas an der Tatsache verzweifelte, dass ich nicht so idealistisch bin. Die Unterhaltung war auch gut. Die Linke ist sich ihrer Rolle als Underdog bewusst und deshalb umso schamloser in der Platzierung ihrer Inhalte. Hier wird klar gesagt, was alles in diesem Land stinkt und versucht Antworten zu geben. Mit denen kann man dann glücklich sein, oder eben nicht. Wichtig ist: sie geben welche.

SPD

Die SPD kämpft natürlich auf allen Fronten und da lokal die SPD den Bürgermeister stellt, spielt der auch eine Rolle bei der Wahl. Im Land ist die SPD seit über 50 Jahren die zweite Geige und will das mit dem Münchner Oberbürgermeister Ude als Spitzenkandidat ändern. Hier wird Personenwahl gemacht, egal wo. Da verwundert es einen nicht, dass der Wahlflyer voller Gesichter ist. Generelle Claims: alles einfach in sozial. Also soziale Energiewende, soziales Bildungssystem und so weiter. Konkret ist da nichts, warum man die jetzt der CSU vorziehen sollte, keine Ahnung, wurde mir nicht gesagt.

CSU

Die CSU hatte schon abgebaut, als ich kam: 13 Uhr ist eindeutig zu spät um den Bürger zu informieren. Immerhin weiß ich jetzt, dass die Kandidatin für Bamberg, die mir bisher nichts sagte wohl Gesundheitsministerin werden könnte.

AfD

Zu guter Letzt die aufstrebende Partei des gepflegten Nationalismus. Die gaben mir gleich zwei Flyer, haben aber nicht mit mir geredet. ((Ist auch besser so.)) Die Flyer sind voller Vorwürfe an die Politik und komplett ohne Lösungsvorschläge. Dazu kommt dann noch Pseudo-identifikation mit „Wir sind keine Berufspolitiker sondern Bürger!“ Darunter stehen dann nur Menschen mit Doktoren und Professorentitel. Das ist klar, dass die Menschen, die diese Partei führen auf keinen Fall das Wahlvolk geringschätzen oder missachten werden. Mein Lieblingsslogan ist: „Der Euro spaltet Europa.“ Das man sowas ironiefrei schreiben kann zeugt von einer Wahrnehmungsverzerrung, die dringend psychologisch untersucht gehört.

Fazit

Je näher eine Partei der tatsächlich Machterlangung ist, desto weicher werden die Inhalte, bis sie dann komplett verschwinden. Immerhin gibt man sich gegenüber dem geübten Auge nicht mal mehr die Mühe vorzugeben man hätte diese Inhalte. Die AfD ist zu beobachten, sie fischt mit plumpen Wutparolen den Stammtisch ab, verachtet diesen jedoch in dem, was man beim Programm sehen kann.

2 Gedanken zu „Wahlen in Bayern – persönliche Eindrücke

  1. Florian

    Und das mit den beruflichen Gründen hat Dir die Dame aus der Partei der Oberstudienräte tatsächlich geglaubt? 😛

    Btw, wäre Wahleindrücke in Bamberg nicht treffender als Überschrift?

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    1. advi Beitragsautor

      Joa, persönliche Eindrücke machts besser. Wo ist nicht so wichtig. 😉

      Die Dame hats dann geschluckt. Ansonsten hätte ich sagen müssen, dass der Engel gegen meine Religion verstößt.

      Antworten

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