Review – Ghostbusters (2016)

Ich war in Ghostbusters und es gibt viel darüber zu reden. Zum einen natürlich den Film an sich, zum anderen über die ganze eher so Metadiskussion und die gesellschaftliche Wirkung, sofern Filmesowas haben können. Doch, zuerst einmal zu Werk, bevor wir zur gesellschaftlichen Analyse kommen.

Ghostbusters ist ein genialer Film neuer Machart. Schnell geschnitten, guter Humor und er ist der erste Film, bei dem 3D wirklich etwas funktioniert hat. Die Effekte fand ich gut, aber die Interaktion war besser. ((Ich kann jetzt schon sagen, dass ich die deutsche Synchro scheiße finde.)) Die vier neuen Geisterjäger sind coole Frauen, die gut miteinander interagieren. Der Film schafft es auch binnen von ungefähr zehn Minuten den Bechdel Test zu absolvieren. Die Charaktere sind eigenständig und haben auch für eine Komödie eine entsprechende Tiefe. Okay, bis auf Kevin. Kevin ist strunzdumm, aber sieht unheimlich gut aus. Seine ganze Erscheinung wird tatsächlich auf einen Stereotyp reduziert, der aber liebevoll präsentiert wird. Die Damen wollen ihn retten, obwohl er eigentlich nur hohl und hübsch ist.

Die Hauptcharaktere sind coole Frauen, die New York retten. Was interessanterweise gegenüber dem Original geändert wird, ist dass die Ghostbusters ein eigenständiges Unternehmen sind. Sie werden sehr schnell vom Staat subventioniert. Der Bürgermeister ist auf ihrer Seite, öffentlich allerdings gegen sie. Das entspricht aber irgendwie den Ideen einer USA im Jahr 2016. War man 1984 als Geisterjäger noch ein Entrepeneur, hat das heute halt gleich Sicherheitscharakter und wird vom Staat bezahlt.

Es gibt am Ende natürlich eine große Kampfszene, die an Bombast kaum zu übertreffen ist, allerdings auch erstaunlich viel Spaß macht, weil die Damen sich nicht unbedingt ernst nehmen.

Der Film macht also Spaß, ist locker wegzusehen und gut gemacht.

Soweit so gut, jetzt kommt der ganze gesellschaftlich-soziale Kram im Metabereich. Wen das schon jetzt nervt, der liest bitte nicht weiter.

Der Film hat ja viel mit Geschlechterrollen und verletzten Kindheitsillusionen zu tun. Deswegen muss das jetzt mal auseinandergelegt werden. Es gab da so drei grundsätzliche Kritikpunkte:

Ihr habt mir meine Kindheit kaputt gemacht!

Bullshit. Ich habe Ghostbusters in den frühen 90ern auf VHS ((Ja, ich bin so alt.)) gesehen. Es ist ein anderer Film. Eine dunkle, fantastische Komödie aus den 80ern, in der vier Underdog-Wissenschaftler die Welt retten. Es gibt weitaus mehr sexuelles Innuendo, als man das heute in einen Film ab 12 packen würde. Die Geisterjäger waren die Helden der Nerds und man kann das verstehen. Aber die neuen Geisterjäger sind eigentlich genau dasselbe. Drei von den Damen haben einen akademischen Abschluss und die Vierte kennt aus unerfindlichen Gründen die Geschichte einzelner Gebäude in New York bis in die Frühzeit. Die Tatsache, dass die neuen Geisterjäger noch mehr Wert darauf legen ernstgenommen zu werden, hat vielleicht etwas mit ihrem Geschlecht zu tun, ist aber auch etwas, das den alten Fan durchaus anspricht.

Die Filme sind ähnliche Geschichten, aber es geht hier eben nicht um meine Kindheit, die ist vorbei. Es geht darum, ob der Stoff in der modernen Welt funktioniert und das tut er ausgesprochen gut. Zerstört es Erinnungen? Nein…

Kevin ist voll die Hohlbirne und ein dummes Stereotyp als Mann!

Ja, schön, dass das auch mal meinem Geschlecht passiert. Ich persönlich fand es teilweise so übertrieben, dass es wirklich nur noch lustig war, und habe deswegen kein Problem mit Kevin. Interessantweise hätte ich den aber auch draufgehen lassen. Er ist echt zu dumm zum leben. Interessanter ist aber, dass sich Männer davon angegriffen fühlen, dass man unser Geschlecht dran ist, ein negatives Stereotyp zu sein. Das ist ja eigentlich nur gerecht. Kevin ist ausnehmend hohl, wird von Erin objektifiziert und generell als das dumme Blondchen hingestellt. Allein die Ironie ist köstlich und er wäre ein Mensch, mit dem ich mich nicht eine Minute beschäftigen würde.

Für die Männerschaft ist das anscheinend total schlimm, wenn ihre Männlichkeit mal untergraben wird. Aber ist das nicht der Zwecke von Humor und Ironie? Und ganz unter uns Jungs: wenn wir so unsicher sind, dass wir uns nicht von Kevin distanzieren können, dann haben wir ein ganz anderes Problem.

Im übrigen sind alle anderen männlichen Charaktere in dem Film etwas, was uns mehr zu denken geben sollte:

  • Der Dekan, der von Anfang an nur Verachtung für Erin übrig hat und sie dann wegen einer Lappalie feuert.
  • Der College Chef, der einfach nur ein infantiles Arschloch ist.
  • Der Big Bad, der eigentlich ein weinerlicher Egozentriker ist, der glaubt, dass er der Welt dringend mit Gewalt zeigen muss, wie sehr sie ihn verletzt. Hier ist besonders spannend, dass er auch ohne Gadget auf das Metalkonzert hätte gehen können und vielleicht Gemeinschaft gefunden hätte, aber dafür war er dann zu arrogant.
Alles klassische Männerrollen, die Gewalt, Macht und Arroganz zeigen. Nur leider sind diese Leute eben nicht die Helden. Wenn sie das wären, würde sich aber keiner daran stören.

Das ist feministischer Dreck!

Nein, das ist schlicht ein Film, der kulturellen Fortschritt zeigt. Und dieser ist doch gar nicht so groß, wie man denkt. Es gibt jede Menge coole Wissenschaftlerinnen da draußen. Das ist Normalität.

Was nicht normal ist, dass es irgendwie niemand erträgt, dass diese Wissenschaftlerinnen in einem Film Overalls tragen und Monster jagen. Dabei ist das eine sehr gute Botschaft. Es wird schon seit Jahrzehnten geweint, dass in den MINT Fächern Mädchen unterrepräsentiert sind und wenn man dann mal coole Rollenvorbilder anbietet, wird geweint, dass die cool sind, Mann keine Titten sieht und die doch ernsthaft keine Kerle brauchen. So fucking what? Das brauchen die Heldinnen in unserer echten sozialen Welt doch auch nicht! Ich helfe meinen Kolleginnen nicht beim Kopieren, ich trage ihnen nicht die Tasche und den besseren Unterricht bereiten die meist auch noch vor. Ich wusste nicht, dass das meine Männlichkeit beschneidet.

Wenn Ghostbusters dafür sorgen kann, dass wir mehr coole junge Frauen haben, die sich für Wissenschaft interessieren und ihr Ding machen, dann ist das ein reiner Gewinn für diese Gesellschaft.

Die Einzigen, die das problematisch finden, sind diejenigen, die eine Welt nicht verstehen in der sie schon seit mindestens fünfzehn Jahren nicht mehr leben. Die Regeln haben sich schon lange geändert und Ghostbusters ist ein Symptom dafür und ein Symptom für die Verzweiflung, die die Reaktion erreicht hat.

Also alles in allem: genauso wie der Vorgänger ein wichtiger und dazu absolut unterhaltender Film.

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