Freiheit – Gleichheit – Sicherheit

Holger Klein hat in den WRINT Podcasts ((Disclaimer: ich mach da mit. Hört es euch an.)) in letzter Zeit öfter gesagt, dass er eine Verschiebung zur Angst in unserem Verhalten wahrnimmt. Das wiederum brachte mich zum denken und diesem Text.

Einer der großen Widerstreite in der politischen Philosophie ist, welches grundlegende Prinzip für politisches Handeln besser für das Gemeinwohl ist. Die liberalen Denker betonen immer das Prinzip der Freiheit, während sozialistische Denker das Prinzip der Gleichheit betonen. Dazwischen liegen sehr viele Facetten und Möglichkeiten, die erstmal kurz auseinandergelegt werden müssen.

Freiheit

Hach, die Freiheit. Jeder trägt sie im Mund, ein Lieblingswort von Politikern, laut denen sie das Wichtigste ist, was geschützt werden muss. Das klingt auch immer wie eine komplizierte Aufgabe, dabei ist nichts zu tun eigentlich nicht schwer. Denn Menschen sind an sich frei. Wir haben vollständige Handlungs- und Entscheidungsfreiheit bis zur Selbsttötung. ((Ja auch ihr. Falls euch jetzt auffällt, dass ihr sie nicht benutzt: Glückwunsch! Ihr seid ein funktionierendes Mitglied der Gesellschaft.)) Leider kommt uns dann das Soziale in die Quere, denn damit dies funktionieren kann muss die Freiheit der einzelnen Person eingeschränkt werden. Sonst hauen wir uns die ganze Zeit auf die Fresse und so und das ist ja unschön. Also absolute Freiheit ist jetzt irgendwie unerwünscht. So, gemäßigte und geregelte Freiheit ist besser. Das wäre dann auch die Aufgabe von Politik diese herzustellen. Jedenfalls, nachdem was da immer erzählt wird.

Gleichheit

Der Freiheit gegenüber steht die Gleichheit. Freie Menschen sind ungleich, weil sie alle in ihren Anlagen verschieden sind. Will man sie nun gleich machen schränkt man ihre Freiheit ein. Das ist, wie oben schon beschrieben, teilweise nötig, weil in sozialen Gruppen Regeln existieren müssen, damit diese funktionieren und diese behandeln dann (hoffentlich) alle gleich. Möchte man jedoch größtmögliche Gleichheit erreichen, muss die Freiheit der einzelnen Person auch größtmöglich eingeschränkt werden, denn die kleinste Entscheidungsfreiheit macht uns ja ungleich. Das führt dann irgendwie zum Polizeistaat und klappt am Ende eben doch nicht. Gleichheit ist also irgendwie das Gegenteil von Freiheit.

Aber halt! Die Neoliberalen haben da eine Lösung. Es kann Gleichheit und Freiheit geben. Es ist nur eine andere Art von Gleichheit: Chancengleichheit. Hier sind nicht die Menschen gleich, sie haben nur die gleichen Chancen. Es klingt also wie Gleichheit, ist aber eigentlich Freiheit und dazu nicht einmal die gemäßigte Freiheit, die oben erwähnt wird, sondern absolute Freiheit. Weil, es müssen ja nur die Chancen für jeden gleich sein und das lässt sich nominell einfach herstellen, wenn man solche Details wie Erbschaft und Kontinuität von Eigentum ignoriert. Chancengleichheit ist also weder das, was die Freiheitsfans, noch was die Gleichheitsfans möchten. Deswegen ist sie die Art von Gleichheit, die am meisten verkauft wird.

Sicherheit

Spätestens seit dem 11.September 2001 hat sich ein neues Paradigma in diese Diskussion geschlichen. Die Sicherheit ist heutzutage die normative Grundlage von Politik. Dabei ist komplett unklar, was Sicherheit bedeutet. Es scheint sich hierbei auch nicht um einen definierten gesellschaftlichen Wert zu handeln, sondern um ein diffuses Gefühl der Regierten. Sicherheit ist dabei komplett agnostisch gegenüber der Frage von Gleichheit und Freiheit, wobei Freiheit aus einer Sicherheitsperspektive kritisch gesehen werden muss. Immerhin kann Freiheit das Sicherheitsgefühl beschädigen. Die Leute da draußen könnten eigenständig Sachen tun, die technisch gesehen immer gefährlich sind. Gleichzeitig ist aber auch zu wenig Freiheit ein Problem für die Sicherheit, weil dann hat man Revolutionen und sowas und das ist auch unsicher. Letzteres ist aber kein Problem, wenn Sicherheit eine Ideologie ist, die sich in der Gesellschaft durchsetzt, weil dann geben die Menschen ihre Freiheiten freiwillig auf! Und sie bekommen dafür nicht einmal mehr Gleichheit. Sie bleiben schön an der Stelle der sozialen Ungleichheit, wo sie gerade sitzen und sind glücklich darüber, dass sie sicher sind. ((Dann noch etwas Facebook und schon ist alles okay.))

Damit aber Sicherheit überhaupt als gesellschaftlicher Wert und Ideologie funktioniert, braucht es Gefahren und deren Vermittlung. Das bedeutet, dass es die Aufgabe von Sicherheitspolitik ist Unsicherheit dar- und herzustellen und generell allem und jeden einzureden, dass die Welt furchtbar unsicher ist. Nun, ehrlich: das ist sie. Aber dagegen können wir kaum etwas tun, schon gar nicht politisch. Politische Lösungen sind meist soundso Verbote, die nur darin wirken, dass man sich nicht um gesellschaftliche Probleme kümmern muss und die Verantwortung bei den Menschen liegt, die diese Probleme haben. Das Verbieten von allem, was unsicher ist, ist unmöglich. Komplette Kontrolle ist unmöglich, nicht einmal teilweise Kontrolle ist realistisch. Trotzdem kaufen unheimlich viele Menschen diese Sicherheitsideologie. Man möchte nämlich nicht daran erinnert werden, dass ein Schritt auf die Strasse der eigene Tod ist, dass einem das Haus überm Kopf einstürzen kann und so weiter. Sicherheit ist das Pfeifen im Walde und gesellt sich damit zur Biedermeierromantik sinnloser Agitation ohne Wirkung, die unsere aktuelle Gesellschaft auszuzeichnen scheint. Diese ist besonders deutlich wenn die angebliche Sicherheit des Weltbildes oder sogar der Welt bedroht ist. Seien es Fremde, der kleinbürgerliche Wohlstand oder das Paradigma des gesunden täglichen Rindersteaks für 5€, sobald an den sicheren Wahrnehmungen der Welt gewackelt wird, kommt die Reaktion wie ein Vorschlaghammer auf die angeblichen Störenfriede hernieder und die Politik ist Gewehr bei Fuß bereit zu helfen, denn Sicherheit ist wichtiger als Freiheit oder Gleichheit, weil steuerbar.

Und nu?

Am Ende dieser Betrachtung kann eigentlich nur eines stehen: wir brauchen eine Politik, die die Freiheit der/s Einzelnen regelt. Während Gleichheit zu Staatsterrorismus führt, führt der aktuelle Trend zur Sicherheit nicht nur zu diesem, sondern auch noch dazu, dass die Probleme, die eine gleichheitsorientierte Politik totregeln wollen würde, überhaupt nicht mehr verhandelt werden, solange sie das Sicherheitsempfinden der Bürger nicht beeinträchtigen und danach im Sinne der einfachen Lösung meist nur Verboten werden. Politik unter der Ideologie von Sicherheit muss sich um nichts mehr kümmern, wenn sie alles verbietet und hat gleichzeitig die komplette Kontrolle über Menschen, die diese freiwillig aufgegeben haben. Es zeigen sich jetzt schon die ersten Demagogen, die dies ausnutzen wollen und einer von diesen wird mit Sicherheit erfolgreich sein und die Welt erneut in Brand stecken.

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