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Über Teams und Kollektive

Was ist eigentlich ein gutes Team? Je nach philosophischer Ausrichtung ist die Antwort auf diese Frage sehr unterschiedlich. Eine Antwort, die ich letztens bekommen habe ist aus der holistischen Fraktion. Da heißt Team eigentlich nur, dass man gut zusammenarbeitet. Das Ziel ist festgelegt, man arbeitet gemeinsam darauf hin. Alles ist schön. Man versteht und unterstützt sich, alles ist gut.

Diese Art von Team kann man auch als Kollektiv begreifen. Das Wort ist etwas verbrannt, weil es auch in den sozialistischen Staaten des 20. Jahrhunderts für die Gruppe der Allgemeinheit benutzt wurde. In der DDR war jeder Betrieb ein Kollektiv. Man arbeitete gemeinsam auf die Planerfüllung hin und soll diese aber nicht hinterfragen. Denn das Kollektiv hat vorher eine Entscheidung getroffen und geht jetzt diesen Weg.

Diese Idee scheint gut zum monolithischen Charakter der DDR zu passen, doch heute wo alles irgendwie agile ist, scheint es bessere Wege zu geben. Im Zuge der Postmoderne wurde die Idee des Kollektivs durch die Idee des Individuums nahezu verdrängt. Man ist heutzutage ich-zentriert und damit ist auch schwer zu vermitteln, dass man sich einer festen Struktur, der das angebliche WIr entgegenstrebt unterordnen muss. Es muss in einem modernen Team jedem Mitglied klar gemacht werden, dass es in dessen Interesse ist, auf das Ziel zuzuarbeiten. Eine a-priori Setzung von im Zweifel engen Zielen ohne demokratischen Abgleich ist, wenn man die größtmögliche Unterstützung haben möchte, nicht mehr zielführend. Stattdessen sind breite Ziele und Mitbestimmung der Weg um zu einem Gruppenerfolg zu gelangen.

Breite Ziele und Mitbestimmung sind dann aber auch genau das Problem, das es bei diesen Prozessen zu managen gilt und dessen Management zu oft noch mit Autokratie versucht wird zu erschlagen anstatt durch Kommunikation zu lösen. Kommunikation bedeutet hierbei auch, dass die Projektführung eine oppositionelle Meinung versucht zu integrieren und nicht einfach Akkomodation oder gar Assimilation des Oppositionellen verlangt. Das kann am Ende dazu führen, dass sich die Gruppenziele ändern. Der Oppositionelle ist dabei nicht per se teamunfähig, sondern weißt mit seiner Anwesenheit auf das strukturelle Problem der Gestaltung eines Teams als Kollektiv hin: um erfolgreich arbeiten zu können muss das Ziel der Arbeit auch immer zur Debatte stehen. Denn nur dann kann man Pyrrhussiege oder komplette Debakel vermeiden. Die Systemfrage muss immer stellbar sein und befriedigend beantwortet werden können, sonst hat sich das Team mitsamt seiner Aufgabe als soziales Konstrukt überlebt.

Diese Idee des Hinterfragens ist übrigens nicht neu. Schon in den polytheistischen Religionen finden sich Trickstergottheiten, deren Aufgabe die Bildung durch Hinterfragen und Karikieren war. Die Aufgabe, meist übernommen durch Schmanenen und ähnliche soziale Sonderrollen, war hier immer, den status quo zu hinterfragen und damit die Leitenden und Führenden ehrlich gegenüber ihren Zielen und Aufgaben zu halten. Für einen guten Plan war es immer auch wichtig jemanden zu haben, der die Löcher in ihm findet. Der Narr war frei zu sprechen, damit er einen davon abhielt zu scheinheilig zu sein.

Immunisiert man aber die Ziele einer Gruppe von der Kritik der Beteiligten, dann erwartet man schlicht dumpfe Loyalität für ein Ziel, das im Zweifel nicht jedes Mitglied der Gruppe teilt und schafft sich damit auch das Problem an, dass diejenigen, die man auf ein Ziel angesetzt hat nicht zurückmelden können, wenn dieses Ziel seinen Zweck verfehlt. Das Ziel ist nämlich sakrosant und der Kritiker daran stellt nicht nur das Ziel sondern das System in Frage und das kann ein starres System nicht zulassen, da solche Angriffe seine Existenz direkt bedrohen.

Aus einer wirtschaftlichen Perspektive ist so ein Vorgehen höchst unklug, da man zwar eine Investition tätigt, aber sich vor jeder Überprüfung des Sinns dieser Investition immunisiert. Den etwaigen Verlust hat man dann zwar nicht gegenüber sich selbst zu verantworten, aber man hat auch alle Möglichkeiten aufgegeben genau diesen Verlust abzuwenden. So wird aus einem Team eine Schicksalsgemeinschaft, die dann am Ende auch nur noch dem Schicksal ausgeliefert ist.

Es ist also wichtig, dass in einem Team immer auch das Ziel zur Disposition steht, da man ansonsten weder mit einer vollständigen Mitarbeit der Mitglieder noch einer Anpassung des Zieles an eine sich ändernde Realität rechnen kann.