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Über Kleidung, Persönlichkeit und Identität

Nachdem ich letztens schon etwas garstig über Authentizität in der Kommunikation geschrieben habe, und wir uns im soziologischen Kaffeekränzchen über Identität unterhalten haben, möchte ich da eine weitere Dimension aufmachen. Wir hatten es auch in der Sendung über Identität, dass das viel mit Kleidung zu tun hat. Und an der Stelle möchte ich mal etwas abtauchen, vor allem auch, weil die Karnevalssaison vor der Tür steht und damit eine zweite Dimension.

Da ich ja der Typ mit den Texten und der Literatur bin, fange ich mit einer meiner Lieblingsstellen aus einem Podcastbuch ever an. Es ist die Podcastversion von Nathan Lowell’s Trader’s Tales in the Age of the Solar Clipper. Im zweiten Buch Half Share, wird der Protagonist Ishmael zu einem Nobelschneider geschleppt, um sich neu einzukleiden. Die ganze Szene ist eher so ein Coming-of-Age Moment und die entscheidende Szene ist die, in der Ishmael in Unterhosen vor dem Spiegel des Schneiders steht und dieser fragt: „Who do you think, you are?“. In der Folge finden sie gemeinsam einen Kleidungsstil, der Ishmael als Person entspricht. ((Hört den Rest der Szene, weil nunja, er ist sehr schön menschlich…)) Das ist der zentrale Punkt, um den sich dieser Text drehen soll.

Kleidung ist eines der hauptsächlichen Zeichen, die wir an die Welt senden und es generiert damit in der Welt einen großes Teil des Bildes, das wir von uns senden wollen, und auf das die anderen Menschen da draußen reagieren. Das bedeutet, dass Kleidung Identität für uns und gegenüber der Welt generiert. Diese Identität ist das Ergebnis einer Sozialisation ((Wir sind überrascht…)) und das bedeutet natürlich auch, dass die Analyse des Kleidungsstils Rückschlüsse auf die Sozialisation und damit die Identität zulässt, auf der das alles aufbaut. Menschen tragen also ihre Einstellungen, Sichtweisen und auch ihre Funktionen am Körper. Letzteres ist natürlich im wirtschaftlichen und beruflichen Kontext klar, und deswegen etwas, über das ich mich mal getrennt auslassen. Menschen sehen also Kleidung und äußerliche Erscheinung als Zeichen ihrer Persönlichkeit und Identität. Ich sehe so aus, wie ich aussehe, weil ich das möchte. Das bedeutet nicht, dass ich nicht Kleidungsstile annehme, die von verschiedenen sozialen Gruppen generiert werden, aber die Wahl obliegt erst einmal mir. Vor allem auch, die Entscheidung, wie sehr ich diese Kleidungsstile adaptiere oder nicht. Ich nehme mich mal als Beispiel. 

Wer mich auf Großveranstaltungen wie dem Congress getroffen hat, weiß, dass ich eigentlich immer in schlapprigen „Goa-Hosen“ rumrenne. Die sind halt total bequem und gleichzeitig ungewöhnlich. Dazu trage ich meist irgendwelche Nerdshirts und eine Jacke im Paganstil oben drüber. ((Wer genauer das genauer wissen will. Es gibt da einen Blogpost. Es fehlt meine Winter- und meine Übergangsjacke, aber ansonsten ist das vollständig.)) Das sind Klamotten, die mir gefallen in denen ich der bin, von dem ich denke, ich bin ich. Bedeutet das, dass ich arabische Kleidungsstile kulturell appropriiere? Nein, allein schon weil dieser Stil der Hose eigentlich auf der ganzen Welt verbreitet war. Sackartige Schnitte sind halt einfach zu gestalten. Es ist halt bequem und nicht normal und das gefällt mir irgendwie. Es ist mehr „ich“ als mich in enge Jeans zu zwängen oder aber Hemden und Unterbauchhosen anzuziehen, die ich nur im Übergrößenhandel shoppen kann. Stattdessen nehme ich die Gestaltung meines Wahrgenommenwerdens in die eigene Hand und zähle öfter mal die Leute, die mich blöde auf der Straße ansehen.

Diese Wahl der eigenen Kleidung ist grundsätzlich von Verkleidungen zu unterscheiden, auch wenn das anscheinend vielen Menschen schwer fällt, die glauben, dass alles was nicht dem modischen Mainstream entspricht eine „Verkleidung“ ist. Dabei funktionieren Verkleidungen nur im Kontrast zu einem „normalen“ Kleidungsverhalten. Ich selbst fühle mich im Anzug zur Abiturfeier verkleidet und obwohl ich etwas dafür tue, dass da immer noch Persönlichkeit durchscheint, finde ich diese Kleidung als überhaupt nicht meinem Bild von mir entsprechend. Dadurch wird eine Verkleidung. Wenn diese Verkleidung mit Kleidung verglichen wird, verwechselt man Identitätsebenen. Bei Verkleidungen wird die eigene Identität durch den Kontrast mit dem hergestellt, dass normalerweise der Identitätsgenerierung dient. Wenn du ein Langweiler in Jeans und Polohemd ist, dann ist das Tragen meiner Klamotten ein Kommentar darüber, dass du immer noch ein Langweiler in einer Goa-Hose bist. Der Kontrast macht Verkleidung wirksam. Erst von aus der Verkleidung die Kleidung wird, dann dreht sich die Identitätsgenerierung um.

Wir sind also, was wir tragen wollen und tragen. Doch wir sind auch, die Person, die sich in anderen Sachen unwohl fühlt. To be who we think we are, has a lot to do with what we wear…

Ein Blick in den Kleiderschrank

Nachdem ich den aktuellen Lila Podcast gehört habe, bei dem es um Jungs mit Rock ging, entspann sich auf ADN eine kurze Unterhaltung über maßgeschneiderte Klamotten und warum Männer eigentlich sowas nicht unbedingt tun. Deswegen gibt es jetzt mal meinen Beitrag dazu, der darin besteht, dass ich euch mal zeige, was ich mir im Laufe der Jahre habe schneidern lassen und das auch kommentiere.

Generelle Bemerkungen

Moderne Mode ist schnelllebig und meist billig unter schlechten Bedingungen produziert. Dazu bekommt mal als dicker Mann wenig coole Sachen, wenn man nicht auf Hemden und Unterbauchjeans steht. Maßgeschneiderte Sachen hingegen halten sehr lange, gefallen dann meist auch sehr lange und kosten auch entsprechend. Ich werde mal die groben Preise von dazu schreiben und warum ich diese Sachen liebe. Ein paar Designs sind komplett eigenständig, ein paar nur für große dicke Männer angepasst. Doch, bevor ich durch die Liste gehe, möchte ich erst einmal kurz über die Leute reden, die mir das geschneidert haben.

Hexenkontor

Ich hing schon mit 15-16 in Eisenachs kleinem Mittelalterladen, dem Hexenkontor, rum und nervte Yvonne, die Schneiderin und Inhaberin. So war es dann auch kein Wunder, dass ich mir irgendwann mit 18 das erste Kleidungsstück machen ließ und später das zweite. Yvonne hatte immer ihren eigenen Stil in den Sachen und stellte wirklich qualitativ hochwertige Sachen her, weil sie es überhaupt nicht mochte, den Leuten Schrott zu verkaufen und das merkte man den Sachen an.

Leider musste sie gesundheitsbedingt aufhören, weswegen ich dann irgendwann einen neuen Laden fand.

Senjo Clothing

Senjo Clothing ist eine kleine Firma aus Holland, die neben selbstgeschneiderten Sachen auch produzierte eigene Designs anbietet. Mathilda, die Schneiderin und Chefin hat auch einen Anspruch an ihr Design und an Qualität. Da ich halt groß und fett bin, sind alle meine Sachen tatsächlich handgemacht. Für die Mädels gibt es mehr als für die Jungs, weswegen ich bei den Mädels gerne wildere und gerade den Damen empfehle sich umzusehen. Die Preise für Damensachen sind moderater als für meine, aber dafür sind die teilweise auch professionell, aber immerhin in Europa genäht.

Mäntel

Modell „Gandalf“

Vorderseite

Rückseite

Fangen wir mit den Mänteln an und da mit dem ersten Mantel, den ich mir von Yvonne habe machen lasse.

Der Mantel ist jetzt ungefähr 13 Jahre alt und besteht aus dunkelblauem robustem Baumwollstoff (denk: Jeans). Er ist etwas an den Mantel von Gandalf angelehnt, bodenlang, wenn ich ihn trage und besitzt ausgestellte Arme. Er ist das einzige Kleidungsstück, dass eine kurze Kapuze ohne Zipfel hat, weil ich das damals für blöd hielt. Er hat mittlerweile tolle metallene Knöpfe und besaß schon immer die viereckigen Taschen, in die ein ganzer portabler CD Player passt. Es war noch diese Zeit. Der Mantel ist relativ dünn und kann auch im Sommergetragen werden, da ist er auch gerne mal die Picknickdecke beim Konzert und besitzt dazu eine doppelte Fleeceweste, die ich selten benutzt habe, aber die ihn im Winter erstaunlich warm macht. Zitat: „Damit du nicht frierst Junge!“

Kostenpunkt: ca. 130€

 

Modell „Faerie Warlock“

Ungefähr zwölf Jahre später entschied ich mich dann, mir von Senjo einen neuen Mantel machen zu lassen.

Rückseite

Vorderseite

Diese ist nahezu ein Unikat, da noch einer existiert, bei dem ich mich vermessen hatte und der um die Schultern zu eng war. Die Parameter waren: warm, weite Arme und die ausgefransten Nähte, die auch die Morrigan Weste weiter unten kennzeichnen. Hier ist die Kapuze dann schön zipfelig und lang und geht mir beim Tragen bis zum Hintern. Der Mantel ist ungefähr wadenlang und auch erstaunlich warm im Winter. Er hat tiefe Taschen und ist erfahrungsgemäß bei Temperaturen über 10 Grad Celsius zu warm und ziemlich wasserfest, da er aus einem groben Baumwollgewebe und einem dicken Jersey-Innenfutter genäht ist. Die immer länger werdenden Fransen des Baumwollstoffes sind übrigens das Tollste an dem Kleidungsstück. Man wird auf Straße auch im Winter weniger angesprochen, wenn man diesen Mantel trägt.

Kostenpunkt: durch zweimal machen 600€

Westen

Morrigan Weste

Rückseite

Vorderseite

Die Morrigan Weste von Senjo ist tatsächlich ein Kleidungsstück direkt für die Jungs. Sie ist an eine Weste angelehnt, die Steve ‚Sic‘ Evans van der Harten von Omnia trägt.

Sie gefiel mir auf Anhieb und wird auch regelmäßig getragen. Die ausgestellten, sehr kriegerisch wirkenden Schultern gefallen mir sehr, wie die großen Taschen. Die Kapuze ist noch kurz und verdeckt gerade im Sommer mal gut den Kopf, wenn es regnet oder zu sehr die Sonne scheint. Die Weste ist aus einem leichten Jerseystoff und sehr gut tragbar.

Kostenpunkt: 145€

Wildcat Weste

Rückseite

Vorderseite

Als ich letztes Jahr auf dem Castlefest den Stand von Senjo besuchte meinte Mathilda, dass mir eine Wildcast Weste stehen würde. Also haben wir das mal ausprobiert.

Die Weste besteht eigentlich aus zwei dünnen Lagen Stoff, allerdings ist die innere Lage und die Bordüre aus Kunstfell und damit ist die Weste erstaunlich warm und kuschelig. Ich trage sie gerne im Herbst und Winter. Sie schließt vorne nur teilweise durch die Klammern, aber das reicht. Sie ist aber nicht wirklich wasserfest oder winddicht, also eher was für die schöneren Herbst- und Wintertage. Sehr süß ist der kleine Fellpuschel am Ende der langen Kapuze.

Kostenpunkt: 400€

Beinkleider

Chaosrock

Hachja, ich und das Chaos. Es taucht überall auf, also auch auf meinem Rock. Er ist auch schon etwas älter und trotzdem trage ich ihn immer wieder gern.

Er ist zweifarbig und besteht im Endeffekt aus verschiedenen Stoffresten, die an einen breiten Ledergürtel mit zwei Schließen angebracht sind. Am Ledergürtel sind D-Ringe, an die man allerlei dranhängen kann. Er ist sehr leicht und gerade im Sommer gut zu tragen. Allerdings darf ich nicht mehr so viel abnehmen, sonst rutscht er noch mehr, oder ich muss ihn enger machen lassen. Das musste ich auch schon mal, weil das Leder sich am Anfang dehnte. Generell verleiht ihm das ein schönes selbstgemachtes Flair.

Kostenpunkt: 100€ wenn ich mich recht erinnere

Aladdin Trousers Special Edition

Die Aladdin Trousers gibt es eigentlich nur in dünnem Jersey. Da ich aber laut Mathilda für die Mullberry Trousers nicht wirklich geschaffen bin, was ich glaube, gab es halt diese Sonderedition.IMG_0788

Die Hose ist aus silberig-schwarzem Cord und plustert sehr schön. Ähnlich wie der Rock ist das im Sommer toll, weil luftig und wenig schwitzig. Der Bund ist aus elastischem Gewebe aber ich habe kurz nach dem Kauf schon so abgenommen, dass da nur Gürtel helfen. Der passende Gürtel ist übrigens sehr lang und brauchte auch schon neue Löcher.

Kostenpunkt: 70€

 

Accessoires

Die Archer Sleeves sollen noch kurz Erwähnung finden. Sie sind die kleine Hilfe, wenn die Westen im Herbst oder Winter langsam zu kalt werden.

Zukunftsmusik

In nächster Zeit kommen noch eine Morgana Jacket und eine zweite Aladdin Hose, diesmal in dunkelrot, dazu. Erstere, weil meine Fleecejacke kaputt ist und zweitere, weil man ja mal was braucht bei dem der Rest einen wieder blöd anschaut.

IMGP3259

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