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Es geht um Glaubwürdigkeit…

Annette Schavan ist in Schwierigkeiten. Nicht nur, weil Angela Merkel ihr schon vor einiger Zeit das vollste Vertrauen ausgesprochen hat und das ja eigentlich automatisch den langfristigen politischen Tod bedeutet.

Ihr wurde vom Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf ihr Doktortitel aberkannt. Im offiziellen Statement ist davon die Rede, dass ein wichtiger Punkt, der dagegen spricht, ihr den Titel zu belassen „das öffentliche Interesse am Schutz der Redlichkeit wissenschaftlichen Qualifikationserwerbs“ ist.

Dieser Punkt scheint mir auch am wichtigsten. Es gibt sehr viele Akademiker in Deutschland, die viel Zeit und Energie in ihre Promotionen und Habilitationen aber auch die einfachen Studienabschlüsse investiert haben. Es wäre ein Schlag in deren Gesicht, wenn eine Arbeit mit schweren Fehlern Bestand hat. Der Wissenschaftsbetrieb benötigt halt Glaubwürdigkeit, sonst brauchen wir gar kein Geld mehr in Wissenschaft investieren und können das Feld auch den Scharlatanen, Esoterikern und Kreationisten öffnen. Wenn Bildung unsere wichtigste Ressource ist, dann müssen wir genau diese auch schützen, wie wir andere Ressourcen schützen, auch und besonders davor, dass sie von innen weiterhin entwertet wird. Die Intellektuellenfeindlichkeit, die sich in der Gesellschaft hält, wird sich nach diesem Skandal sicher nicht abschwächen.

Dazu haben wir auch ein Vermittlungsproblem? Wie soll ich als Lehrer einem Schüler erklären, dass er durch sein Abitur fällt, wenn er Plagiat betreibt, aber eine unserer äußerst öffentlichen Politiker und dazu die Bildungsministerin eben keine Konsequenzen von diesem Fehlverhalten hat? Dies würde halte eben besagte Redlichkeit des wissenschaftlichen Qualifikationserwerb stark beschädigen und somit ist diese Entscheidung des Fakultätsrats dann wohl auch zu begrüßen. Es ist übrigens genau diese Redlichkeit, die Schavan selbst im Fall zu Guttenberg selbst eingeklagt hat. Dies fällt ihr nun doppelt auf die Füße, denn sie muss sich nun mit denselben Maßstäben messen lassen, die sie damals an Karl-Theodor angelegt hat, sonst ist ihre Glaubwürdigkeit umso mehr beschädigt.

Wohlgemerkt bedeutet dieses Fehlverhalten nicht, dass Frau Schavan dringend zurücktreten muss, denn ein Doktortitel ist keine Vorraussetzung für ein Ministeramt. Da reicht eine Ernennung durch den Bundespräsidenten. Doch ein Geschmäckle hat es eben gerade schon, dass es sich hier um die wohl bekannteste Bildungs- und Wissenschaftspolitikerin Deutschlands handelt. Musste zu Guttenberg seinen Posten als Verteidigungsminister räumen, so wäre es vielleicht sogar zwingend notwendig, dass sie ihren auch räumt. Doch Schavan hat hier einen Vorteil, sie hat sich nie in dem Umfang medial gewehrt, in dem das zu Guttenberg gemacht hat. Ihr Nachteil wiederum ist eben die Glaubwürdigkeit. Kann jemand, der Wissenschaft nicht hoch genug schätzt um eine entsprechende Arbeit abzulegen und damit das akademische Silberbesteck klaut wirklich das Ministerium repräsentieren, dass eben diese Wissenschaft zum Zentralthema hat? Technisch sicherlich, politisch eher nicht.