Die Merkel-Technik (oder: wie ich das Bild der eigenen Partei stärke.)

Ich habe ja letztens darüber geredet, dass Heiko Maas wahrscheinlich weniger Prügel für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verdient, als er bekommt. Im damaligen Text habe ich schon etwas angedeutet, dass ich hier noch etwas ausführen will.

Angela Merkel hat mehrere Verdienste für die deutsche Politiklandschaft vorzuweisen. Der herausragendste von diesen ist die Tatsache, dass sie es geschafft hat, Farblosigkeit zu einer Waffe zu entwickeln und damit die, von den Medien herbeigeredete, Politikverdrossenheit dafür zu nutzen dauerhaft im Amt zu bleiben und ihre eigene Agenda voranzutreiben. Da wir uns in einer Welt befinden, in der Politiker versuchen ihre Wählerschaft zu umsorgen und von der Bürde des Sich-Sorgenmachens zu befreien, ist jede ernsthafte politische Entscheidung zu vermeiden. Denn diese wird eine Bevölkerungsgruppe beeinträchtigen und diese könnte dann unzufrieden sein und wegbrechen. Deswegen sind echte Entscheidungen zu vermeiden und Symbolpolitik empfohlen, und wenn dies nicht geht, braucht es Floskeln wie das unwahre alternativlos oder ähnliche Nebelkerzen.

Doch wie nutzt Angela Merkel diesen, von ihr wohl mitgesetzten, Trend um andere Parteien zu beschädigen? Nunja, in dem sie immer wieder einen Prozess anwendet, bei dem die Öffentlichkeit und auch gerade die Internetöffentlichkeit nur zu gerne mitspielt. Wir können uns das bei der aktuellen Debatte zur Vorratsdatenspeicherung ansehen.

Phase 1 – Agendasetting

Die CDU positioniert sich mit de Maizíere schön weit rechts außen. Als Innenminister sagt er an, dass er die größtmögliche Überwachung für unser Supergrundrecht Sicherheit haben will. Er fordert damit auch weitaus mehr, als er je weiß, dass er bekommen wird, aber er weiß auch, dass er da runterverhandelt wird, also wie beim TrödelTrupp: hoch ansetzen.

Der junge Justizminister der SPD wird beraten gegen die Vorratsdatenspeicherung zu sein, weil das die sinnvollste Handlungsweise ist. Er vertwittert das und macht es zu seiner Agenda, weil er damit beliebter ist als der Innenminister und es schlicht sinnvoll ist.

Vizekanzler und SPD Vorsitzender Sigmar Gabriel ist schon auf VDS Werbetour, weil er weiß, was kommt.

Merkel sagt nichts.

Phase 2 – Aushandlung

Der Innenminister trifft sich mit dem Justizminister und setzt ihm das Messer auf die Brust. Maas verhandelt aus einer absolut indiskutablen Position de Maizíeres eine halbwegs verhältnismässige heraus, kann aber natürlich aufgrund der beschriebenen Mehrheiten im Kabinett nur verlieren. Davon merkt die Bevölkerung nichts. Maas ist noch der Gute, de Maizíere der Böse. Merkel erscheint nicht, hat aber die Richtlinienkompetenz, also das Sagen.

Phase 3 – Verkündung

Jetzt kommt der eigentlich tolle Schachzug. Für die Bekanntmachung der neuen Gesetzesinitiative stellt die Regierung Heiko Maas hin. Ist ja auch klar: für ihn ist das, was er da präsentiert aus seiner Innensicht ein Erfolg. Er weiß ja auch, was er haben wollte und was das Innenministerium gerne gehabt hätte. Für Merkel und de Maizíere ist es aber Kalkül, dass er da steht. Denn diese wissen, dass er aufn Sack bekommt. Er ist hinter seinen Versprechen zurückgeblieben und muss dies nun auch noch als Erfolg verkaufen. Dafür wird er dann fröhlich von den Medien und der Twittergemeinde zerlegt und beschimpft. Die SPD ist wieder die Verräterpartei. Alle fühlen sich bestätigt und wer hat den Profit? Der Innenminister, denn er hat mehr als er vorher hatte und Angela Merkel, denn die SPD ist auch wieder beschädigt worden und zwar bei den Leuten, die ihrer stehenden Wahlmehrheit aus Kleinbürgern und Rentnern gefährlich werden konnte. Merkel ist dabei nicht einmal aufgetaucht, dabei trägt sie am Ende die Verantwortung und hat die Fäden in der Hand.

Und so macht man das, wenn man den politischen Gegner während der eigenen Regierung demontieren möchte. Die Bevölkerung spielt das Spiel gerne mit, weil Aufmerksamkeit in den Medien Trumpf ist, und nicht Analyse. Am Ende gewinnt da nur Angela Merkel als diejenige, die mit Kalkül im Hintergrund die Fäden zieht.

Ein Wort hier noch zu Sigmar Gabriel. Der wollte sich mit seinen Argumenten für die Vorratsdatenspeicherung schon mal in Sicherheit bringen, denn der hat schon gesehen, wohin dieser Zug fährt. Hat ihm leider auch nicht geholfen.

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