HCH024 Unterricht mit Smartphones

Ich wurde gefragt, ob ich mal sagen kann, was ich dazu mache und es wurde ein kleiner Rundumschlag durch die Didaktik, mit einem kleinen Abstecher dahin, was ich so im Sozialkundeunterricht mache.

Shownotes

6 Gedanken zu „HCH024 Unterricht mit Smartphones

  1. Sven

    Danke für diese Unterrichtseinheit. 😉 Ich find’s ganz spannend zu sehen, dass sich „im Geiste“ wenig verändert hat. Schon zu meiner Schulzeit (mittlerweile ein gutes Dutzend Jahre her) wollten eigentlich alle nur Musterlösungen haben. Wir hatten einen Geschichtslehrer, der sich alle zwei Stunden dafür gerechtfertigt hat, warum wir Lösungen anhand von Texten erarbeiteten, in denen die Lösungen ja gar nicht unmittelbar drinstanden. Im Gesichts-LK wurde es dann allerdings deutlich besser; da waren wir dann aber auch neun Leute, die alle gewillt waren, sich das Wissen auch entsprechend zu erarbeiten. Entsprechend mussten wir in allen Prüfungen auch immer begründete Werturteile abgeben. Stumpf ausgedrückt wollten vorher alle immer nur gefragt werden: „Nennen Sie die zehn Stufen Hitlers Machtergreifung“ statt beispielsweise „Nennen Sie die aus Ihrer Sicht drei wichtigsten Stufen bei der Machtergreifung Hitlers und begründen Sie Ihre Auswahl“.

    Insonfern fand ich’s ganz spannend zu sehen, dass sich dahingehend anscheinend nicht viel verändert hat, dass man aber mit dem Smartphone offensichtlich auch ganz sinnvolles Zeug machen kann, um dem entsprechend entgegenzuwirken. 🙂

    Ich mach mal einen kleinen Nebenkriegsschauplatz auf: mündliche Noten. Ich verstehe schon das Argument zu sagen, man kann als Lehrer quasi jegliche mündliche Note herbeiführen. Ich stimme aber nicht zu, dass man aus dieser Prämisse plötzlich „Mündliche Noten sind die reine ausgewürfelte Willkür“ folgt.

    Zumindest in meiner Schullaufbahn waren die Noten eigentlich immer sehr konstant. Sowohl über Schüler als auch über Lehrer und Fächer hinweg. Mareike ist gut in Englisch und schlecht in Physik. Fabian ist in Mathe schon ganz gut, aber Eike ist klar besser. Ricarda hat sich in den letzten zwei Jahren massiv verbessert. Wie punktgenau sich diese Relationen Bahn brachen, war dann natürlich immer auch etwas lehrer- und auch stimmungsabhängig, aber nie vollkommen willkürlich. Ob Eike jetzt 14 oder 15 Punkte bekam und Fabian im Vergleich 11 oder 12 … geschenkt. Aber das „große Ganze“ an sich blieb immer gleich. Tatsächlich gab’s vereinzelt auch mal Fälle, in denen ein „Fabian“ vom Lehrer offensichtlich nicht gemocht wurde und plötzlich bei 8 Punkten stand. Selbst wenn man Fabian selbst nicht mochte, gab’s eigentlich immer einen gewissen Konsens in der Schülerschaft, sich darum zu kümmern. Mit entsprechender Intervention – mal mehr, mal weniger intensiv –, war’s dann auch immer möglich, die entsprechende Person zumindest nahe an die eigentlich „verdiente“ Leistung heranzubringen. In diesem Fall dann vielleicht 10 Punkte. Insofern empfand ich persönlich mündliche Noten zwar nicht als 100%ig genau, aber doch immer auch als faires Bewertungsmittel; mit entsprechenden Korrektivmöglichkeiten, falls mal doch was aus der Reihe tanzte. Aber ganz ehrlich: Selbst Klausuren mit einem vorgegebenen Leistungshorizont unterlagen immer auch einer gewissen Auslegung. 🙂

    Man kann Noten (bzw. ihrer Aussagekraft) per se gegenüber kritisch sein, man kann das Konzept „mündliche Mitarbeit“ kritisch betrachten und man kann insbesondere Lehrpläne und Lehrinhalte fragwürdig finden. Aber die gesamte Notenlandschaft zu akzeptieren, dann aber mündliche Noten plötzlich als „man tippt irgenwelche Zahlen ein“ zu klassifizieren, befremdet mich dann doch etwas. 🙂

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    1. advi Beitragsautor

      Also, ich glaube, deine Kritik basiert auf der Annahme, dass ich mit der „Notenlandschaft“ irgendwie glücklich wäre. Das bin ich nicht. Ich akzeptiere sie, weil man mir Geld dafür gibt. 😉 Darüber darf man gerne moralisch empört sein, wenn man den ersten Stein werfen will. Ich tu das nicht.

      Ansonsten finde ich das alles einfach nur peinlich-amüsant. Testtheoretisch ist es fehlgeleitet, konstruktivistisch gesehen Blödsinn, soziologisch gesehen ist es Perpetuierung gesellschaftlicher Ungleichheit.

      Ich bin generell bereit das Konzept einer kriterienbasierten Bewertung zu akzeptieren, solange die Kriterien für alle nachvollziehbar sind. Das ist bei mündlichen Noten eben nicht der Fall. Die werden primär für soziale Interaktion ohne klare Kriterienbasis vergeben. An meiner Schule ist es üblich mündliche Noten zu geben, die mit den schriftlichen konsistent sind. Das, was du oben beschreibst ist für mich gerade das Problem: das ist alles sozial ausgehandelt. Wenn wir Leistungsbewertung ernst nehmen, dann ist das halt wirklich unangebracht, wenn es irgendwie sozial ausgemauschelt wird. Das ist weder den LehrerInnen und SchülerInnen würdig.

      Die Klassifikation der mündlichen Noten als „ich tippe was ein“ ist die Beschreibung der Realität. Ich habe gerade etlichen Schülern eine mündliche Note geben müssen, weil es die Schulorganisation verlangte. Ich habe da überall eine eingetragen, die die Betroffenen die Probezeit bestehen lässt. Hat die was mit Schülerleistung zu tun? Nein. Deswegen sollte es die Situation, dass ich das tun muss nicht geben und damit bevorzugt eben keine reinen mündlichen Noten, denn die sind nicht nachvollziehbar und damit von Würfeln nicht zu unterscheiden.

      Ich empfehle da auch mal unsere Folgen im Schulsprecher Podcast: http://www.schulsprecher-podcast.de

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  2. Sven

    Hmm. Ist das soziale Gemauschel bei den Noten schriftlich denn groß anders? Auch da hab ich in meiner Schulvergangenheit erlebt, dass man da nachverhandelt hat, wenn vergleichbare Leistung nicht vergleichbar bewertet wurde (übrigens meist bei denselben Lehrern, bei denen es auch mündlich mal Streit gab). Aber ich seh deine Punkte.

    Aus Interesse: Wie isses konkret in der geschilderten Situation? Weshalb musst du da Noten vergeben, die du eigentlich nicht vergeben kannst? Oder anders: Weshalb fehlt da die Basis, auf die du dich stützen kannst/könntest? Schweigt da einfach ein Teil konsequent? Ist die Zeit zu gering (bzw. die Klasse zu groß), um überhaupt alle mal zu Wort kommen zu lassen?

    Den anderen Podcast schau ich mir auch mal an, danke. 🙂

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    1. advi Beitragsautor

      Also, schriftlich habe ich vorgegebene Kriterien. (Siehe Schulsprecher). An die halte ich mich. Die Arbeiten werden sortiert und dann wird ohne aufn Namen zu guggen durchgezogen bis die Punkte eingetragen sind. Meine eigene Meinung und wessen Zettel da vor mir liegt ist größtmöglich ausgeblendet. Diese Kollegen machen das genau andersrum. Transparenz der Kriterien erspart erstaunlich viel Ärger.

      Es gibt bei uns Probezeiten für die 12. Klassen auf Antrag. Der Unterricht ist aber darauf ausgerichtet, dass die mündliche Note erst am Ende vom Halbjahr steht, Portfoliomethode halt. Also muss ich jetzt außer der Reihe etwas ins Notenbuch lügen, dass gegenüber der ernsthaften Note nicht haltbar ist. Alles andere was du beschreibst taucht so auf und ist ein weiterer Grund. Ich hab keine Lust in 8 Wochen 30 mündliche Noten in einem Zwei-Stunden-Fach zu machen.

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  3. blub

    Ich stimme dir zu das Handys verbieten unsinn ist.
    Ich denke allerdings das du falsch liegst mit der Annahme das Frankreich nicht versucht das durch zu setzen.
    In Frankreich sind Schulen (zumindest in Städten) komplett abgesperrt. Von Außen denkt man das sei ein Knast, aber nein, ist ein Lycee.
    Mit Polizei an der Tür. Ich hab das nicht geglaubt bis ich gesehen hab. Und das war schon vor den Terrorpanik wellen und unbegrenztem Ausnahmezustand so.
    Die Infrastruktur um das durchzusetzen haben die.

    btw: Der beste Übersetzer ist deepl.com/translator der ist wirklich unfassbar gut und findet wirklich fast immer das in dem Satz richtige Wort.

    Was du übers bayrische Schulsystem erzählst gibt mir nicht unbedingt den Eindruck das Ziel se es aufgeklärte und selbstständig handelnde Menschen auszuspucken.

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    1. advi Beitragsautor

      Okay, dann haben sie auch ne realistische Chance. Ich hab mal in Schottland ne Schule in einem „Problembezirk“ gesehen, die eine Sicherheitsschleuse hatte. Ich dachte nicht, dass die Franzosen schon so drauf sind.

      Schau ich mir mal an. 🙂

      Also, das steht halt so in der Verfassung. Das Problem ist aus meiner Sicht strukturell: es werden Annahmen über die Schülerschaft gemacht, die nicht überprüft werden und dann daraufhin Unterricht aufgebaut, der mit falschen Anreizen ausgestattet ist. Das System belohnt die Bildung zu aufgeklärten und selbständig denkenden und handelnden Menschen nicht.

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