Kommentar zu „Schule gibt Verweis für Bundeswehrablehnung“

Twitter spülte mir heute eine mittlerweile depublizierte Meldung der jungen Welt in den Stream. Hierbei geht es um einen jungen Mann, der an einer bayerischen Wirtschaftsschule ein eher ungewöhnliches Erlebnis hatte, nachdem er sich kritisch gegenüber der Bundeswehr positionierte.

Hinweis: Ich schreibe hier das nieder, woran ich mich noch aus dem Artikel erinnern kann. Korrekturen zu Details sind erwünscht, sie machen einen Unterschied in der Bewertung aus.

Ich setze mich erst einmal mit der schulrechtlichen Seite auseinander, bevor ich etwas zum Konflikt sage, der da ausgefochten wird und wie man damit aus meiner Sicht umgehen sollte.

Schulrechtliches

Der 17-jährige Schüler gab an, dass er als Mitglied der Organisation VVN-BdA während der Berufsbildungstage der Schule einen von dieser Organisation betreuten Infostand gegen die da auch anwesende Bundeswehr mitorganisiert und in der Pause besucht hat. Als er dann wieder auf das Schulgelände wollte, wurde er von den drei Hausmeistern des Schulzentrums ((Es sind eigentlich zwei Schulen in einem Haus…)) aufgehalten und verdächtigt, Sticker mit politischen Inhalten geholt zu haben um diese im Schulhaus anzubringen. Sie wollten ihn und seinen Rucksack durchsuchen und nachdem er das verweigerte wurde die Polizei geholt, die allerdings keinen Grund sah aktiv zu werden.

Hierzu sind erst einmal mehrere Sachen zu sagen. Die grundlegende Frage ist, ob der Schüler überhaupt das Schulgelände hätte verlassen dürfen. Dies ist nämlich minderjährigen Schülern nicht immer erlaubt. Die Regelung trifft aber die Schule. Die Durchsuchung ist allerdings auch widerrechtlich, denn dazu haben Hausmeister natürlich keine Befugnis. Nicht einmal Schuldirektoren haben das so ohne weiteres. Allerdings haben beide Hausrecht in der Schule und können somit den Schüler vor die Tür setzen. Das Anbringen und Verteilen von politischer Propaganda in Schulen ist tatsächlich strafbar, genauso wie es Sachbeschädigung an sich auch ist. Dem sollte man sich fügen, sonst begeht man Hausfriedensbruch.

Der Schüler wurde dann am nächsten Tag ins Direktorat gebeten und bekam erklärt, dass sich die Lehrer von ihm in „Diskussionen überwältigt fühlten“ und er deswegen einen verschärften Verweis erhält und gefälligst nicht mehr solche linken Ideen verbreiten soll. Der Verweis sei wie eine Androhung der Schulentlassung zu werten und er kommt nur deshalb nicht vor den Disziplinarausschuss weil seine Mutter auch schon da Schülerin war. Der Schüler wurde im Laufe dieser Unterhaltung vom Direktor wie auch den Hausmeistern noch einmal unter Druck gesetzt.

Also, da sind ein paar schöne Sachen drin. Denn was die Schule da macht ist ein alter Trick, aber leider schön justiziabel. Also, ein verschärfter Verweis ist eine Ordnungsmaßnahme und eigentlich Verweis, den der Direktor unterschreibt. Er ist aber mitnichten eine Androhung der Schulentlassung. Diese kann nämlich Laut Art. 86 BayEUG nur die Lehrerkonferenz aussprechen und diese ist erst nach einer Ankündigung mit Wochenfrist entscheidungsfähig und wird meist zuvor durch den Disziplinarausschuss vertreten, beide sind hier nicht eingeschritten. Der Schüler wird also mit Chimären bedroht. Ordnungsmaßnahmen wie Verweise bauen auch nicht aufeinander auf, also ist der Verweis einfach nur ein Zettel, den der Direktor unterschrieben hat. Aber man kann es ja mal probieren. Der Schüler berichtete, dass auch die Noten in Sport eingebrochen seien. Das ist scheißegal, die sind nicht relevant für irgendetwas auch nicht sein Bewerbungszeugnis. Spannend ist übrigens auch, was auf dem Verweis als Begründung stand. Schülern steht zwar Meinungsfreiheit (Art. 56 BayEUG) zu, allerdings nicht, wenn sie als politische Werbung gesehen werden kann (Art.85 BayEUG). Ich denke nicht, dass es bei dem Verhalten des Schülers um letzteres gehandelt haben kann. Es wirkt eher so, als wollte man einen Störenfried loswerden und bedrängen.

Der Schüler berichtete dann noch, dass auch die Klassenleiterin ihm Redeverbot erteilt hätte im Unterricht wie in den Pausen, weil er seine Schüler argumentativ überwältige und indoktriniere.

Generell halte ich es für ein Armutszeugnis, wenn Lehrer Angst haben von Schülern argumentativ überwältigt zu werden. Falls es einem dennoch passiert hat man genug Autorität des Amtes um den Schüler doch niederzuknüppeln. Aber ehrlich: man sollte in der Lage sein, einem kleinen Linken die Butter vom Brot zu nehmen. Bei anderen Schülern sieht das etwas anders aus. Dort sollte die Schule im Zweifel schützend eingreifen, aber das geht wohl am besten in dem man das Problem im Unterricht thematisiert und nicht in dem man Zettel ausstellt.

Der politische Konflikt

Und da sind wir auch bei der letzten Teil. Der Konflikt, der hier dahinter steht, ist auch eine Betrachtung wert. Da gibt es auf der einen Seite eine Bundeswehr, die um Soldaten werben muss und das schon seit Jahr und Tag mit dem Verbrechen hochwertiger Berufsausbildung und dem gleichzeitigen Verschweigen der Tatsache macht, dass man bei dieser erschossen werden kann und Leute erschießt. Auf der anderen Seite gibt es eine Gruppe von Menschen im politisch linken Spektrum, die die Bundeswehr als eines der größten Übel der Welt sehen, weil Armeen schießen und sind böse. In diesem Bereich gibt es auch viele junge Menschen, die sich mit linker Ideologie vollpumpen und pseudophilosophische Parolen daherquatschen ohne den Überbau ihrer Philosophie tatsächlich zu kennen und erfasst zu haben. Diese Schüler kenne ich auch, sie rennen meist in ein scharfes Messer, wenn sie das erste Mal versuchen mit mir über Sachen zu diskutieren, die sie eigentlich nicht verstehen, sondern nur auswendig gelernt haben. Diese jungen Leute sind auch Fans von Aktionismus und ihre verschrobene Weltsicht muss man auffangen und im Diskurs zum Denken anregen. Das Mundtotmachen von Menschen mit radikaleren Ansichten ist kontraproduktiv. Diese fühlen sich schon unterdrückt, da hilft es nicht, wenn man das bestätigt, schon gar nicht, wenn man sich nicht einmal grenzwertig an das geltende Recht dabei hält.

2 Gedanken zu „Kommentar zu „Schule gibt Verweis für Bundeswehrablehnung“

  1. mkzero

    > Der Schüler berichtete, dass auch die Noten in Sport eingebrochen seien. Das ist scheißegal, die sind nicht relevant für irgendetwas auch nicht sein Bewerbungszeugnis.

    Na das wage ich aber mal zu bezweifeln. Es gibt genuegend Gruende, auf die Fitness potentieller Mitarbeiter zu schauen, sei es, weil es der Beruf abverlangt oder, weil man einfach Mitarbeiter moechte, die nicht staendig krank und mit 30 mit dem ersten Herzinfarkt im Krankenhaus sind.

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    1. advi Beitragsautor

      Du hast mit deinem Einwand erst einmal recht. Als Arbeitgeber wünsche ich mir diese Information. Allerdings ist das letzte, was man dafür zu Rate ziehen sollte eine Note im Schulfach Sport. Dafür gibt es mehrere Gründe:

      1. Sport ist nicht „vorrückungsrelevant“. Das bedeutet, dass man mit einer 6 in Sport die Jahrgangsstufe nicht wiederholen muss oder auch nur damit durchs Abi fällt. Dementsprechend folgt darauf:
      Die Sportnote gibt nicht an, welche Fitness ein Schüler oder eine Schülerin hat, sondern wie sie sich in mehr oder minder subjektiv beurteilten Tests in bestimmten Sportarten bist. Ich war immer ein 3er Schüler in Schwimmen, aber hatte vor Geräteturnen Angst und damit eine 6. Bin ich jetzt fit oder nicht?
      3. Man kann auch ohne Sportnote versetzt werden. Wie diese fehlende Sportnote zustande kommt, also ob es Arbeitsverweigerung oder aber z.B. eine schwere psychische Erkrankung wie eine Borderlinestörung war, das erfährst du nicht. Da steht halt das Äquivalent von einer 6 drin und es kann alles gewesen sein und die Schule wird dir nichts dazu sagen.
      4. Viele Krankheiten spiegeln sich nicht in der Note wieder. Ich hab hohen Blutdruck aber bin unter Medikamenten ein solider Handballspieler. Da steht dann eine 3 im Zeugnis und du weißt nichts.

      Deswegen würde ich Arbeitgebern, die sich um die Fitness ihrer Mitarbeiter sorgen machen, tatsächlich eine Untersuchung beim Firmenarzt empfehlen. Meine eigene Erfahrung in der Schule ist auch, dass du Fitness niemandem ansehen kannst und die Noten da gar nichts sagen.

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