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Advi testet: Kingdom Death Monster 1.5

Ich habe letztes Jahr Kingdom Death Monster 1.5 mitgekickstartet und es im November irgendwann bekommen. Nun, im April habe ich endlich das Gefühl ein halbwegs belastbares Review schreiben zu können.

Grundlegendes über das Spiel

Kingdom Death Monster ist ein Horrorbrettspiel mit taktischen und strategischen Phasen. Es dreht sich um eine Gruppe von Überlebenden, die in einer dunklen Albtraumwelt voller Monster um ihr Leben kämpfen müssen. Dabei müssen sie diese Monster jagen, ihre Siedlung aufbauen und bevorzugt nicht zu schnell sterben.

Das Spiel besteht aus einer riesigen Kiste, über 40 Plastikminiaturen teilweise erstaunlicher Größe, einem riesigen Spielfeld plus zwei sekundäre Spielfelder und jede Menge Karten und Kärtchen. Es ist durchaus beeindruckend und ich habe bisher noch keinen Platz gefunden, wo ich es sinnvoll verstauen kann.

Spielphasen

Das Spiel beginnt immer mit der First Story, die neue SpielerInnen leicht geskriptet durch sämtliche Spielphasen führt. Diese sind eine Jagdphase, in der die Überlebenden das auserwählte Monster jagen und dabei Unbillen und Abenteuer erleben, eine Showdown-Phase, in der die Überlebenden mit dem Monster kämpfen und eine Siedlungsphase in der die Siedlung der Überlebenden weiterentwickelt wird.

Die Jagdphase und die Siedlungsphase finden auf einem kleineren Spielbrett an, da sie hauptsächlich aus dem Ziehen und Legen von Karten sowie dem passenden Würfeln besteht. Die Showdown-Phase findet auf einem großen begitterten Spielplan statt, In jeder der Phasen werden Miniaturen benutzt um die Überlebenden und das Monster zu symbolisieren.

In der Jagdphase decken die Überlebenden abwechselnd Karten mit Ereignissen auf, die sie positiv und negativ auf der Jagd nach dem Monster beeinflussen.

Die Showdown-Phase ist ein rundenbasierter Kampf, bei dem die SpielerInnen die Aktionen des Monsters mitspielen. Dabei wird ein AI Deck benutzt, das für jedes Monster speziell zusammengestellt wird. Die Kämpfe werden mit einem einfachen System gelöst, das auf modifizierten W10 Würfen beruht. Dieses gilt für die Monster, wie die Überlebenden. Allerdings werden für Treffer an den Überlebenden besondere Trefferzonenwürfel gewürfelt, während die Monster detaillierte Trefferzonenkarten besitzen. Auf diesen interagieren sie dann mit den Angreifern und manchmal auch dem schön gestalteten Terrain.

Die Überlebenden, die neben ihrer Miniatur durch einen Charakterbogen und das Ausrüstungsfeld dargestellt werden, haben dafür jede Menge Ausrüstung dabei und können sich gegen das Monster koordinieren. Dazu können die SpielerInnen gemeinsam die Monsteraktionen auch gegen das Monster wenden, was durchaus manchmal notwendig ist.

Ist das Monster besiegt kommt die Gruppe heim in die Siedlung, die durch als eine Art eigener Charakter durch einen großen Bogen dargestellt wird und in der Kultur entwickelt, aus den erbeuteten Ressourcen Ausrüstung und neue Innovationen hergestellt und dabei hoffentlich nicht gestorben wird. In dieser Phase können auch Monster die Behausung überfallen und ähnliche Katastrophen passieren. Das alles wird die ganze Zeit durch verschiedene Storyevents geleitet, die in einem wunderschön gestalteten Regelbuch zu finden sind.

Fazit

Kingdom Death Monster sieht anfangs wie ein rundenbasiertes Tabletop aus, erhält seine Besonderheit aber aus dem Universum, in dem es spielt, und dem Siedlungsbau, der bei jeder Entscheidung mitschwingt. Das Spiel ist für langfristiges Spielen ausgelegt und meine monatliche Spielrunde schafft derzeit einen Durchgang in drei Stunden. Das Spielsystem ist dabei so schlank und gradlinig, dass die Komplexität der Entscheidungen nicht durch komplexe Mechaniken behindert wird. Für erfahrenere Spielegruppen ist es definitiv empfohlen und bietet durch die Komplexität und mehrere Erweiterungen einen hohen Wiederspielwert. 

In der finsteren Zukunft gibt es nur weiße Männer…

Die Frage der Inklusion von Geschlechtern hat im Spielzeugmarkt schon viele Debatten ausgelöst. Große Ziele waren die Überraschungseier für Mädchen ((Persönliche Anmerkung: die haben doch nen Knall!) oder aber Legos Diversifikation in Jungen und Mädchenlego ((Die auch!))

Doch da gibt es noch Bereiche, in die bisher kaum gesehen wurde. Neben den eher bekannten Formen von Spielwaren gibt es auch noch Randbereiche der Spielwaren. Am ehesten der Masse bekannt sind die Sammelkartenspiele ((Yu-Gi Oh, Pokemon, Magic the Gathering sind hier bekannte Vetreter.)) Diese zeichnen sich durch eine hohe Anzahl an männlichen Spielern aus und verschlingen erstaunlich viel Geld. Sie sind aber nicht mein Hauptthema.

Das sind die noch interessanteren Miniaturenspiele. Diese Spiele basieren auf den Zinnsoldaten, die früher für Schlachtplanungen verwendet wurden und stellen heute komplexe Schlachtsimulationen dar, die auf gestalteten Spielfeldern ((Tabletops)) mit detaillierten Regeln gespielt werden. Das Geschäftsmodell der Spielehersteller basiert dabei darauf, zum einen die Miniaturen zu verkaufen und aber auch die Regeln zu gestalten. Das führt gerade beim Marktführer Games Workshop dazu, dass die Miniaturenverkäufe über die Regeln gesteuert werden. Zum Miniaturenspiel gehört neben Regeln und Miniaturen zur Schlachtsimulation auch eine Hobbykomponente, da die Miniaturen und Schlachtfelder von den Spielern selbst gebastelt werden müssen. Diese Mittel werden zumeist auch von den entsprechenden Firmen verkauft.

Die Kundschaft von diesen Miniaturenspielen und auch den entsprechenden begleitenden Medien ((primär Internetforen und Magazine)) ist aber primär weiß, mittelschichtig und männlich. Das kommt natürlich daher, dass mit diesen Spielen viele typische „Jungentätigkeiten“ ((Ey, ehrlich. Ich spiele sowas jetzt wieder, mir graust es vor dem Gebastel leicht. Ich war da nie wirklich gut.)) bedient werden:

  • handwerkliches Arbeiten
  • taktisches Verständnis im Kampf
  • Wettbewerb

Das ist erst einmal okay so, da es irgendwie historisch gewachsen und auch der Effekt eines sozialen Prozesses ist. Allerdings sollte es auch möglich sein, dass diese Spiele mehr Menschen in ihren Bann ziehen. Ich kenne durchaus junge Frauen, die lieber basteln als ich, warum also nicht? Nunja, es gibt wenig bei diesen Miniaturenspielen, das Frauen oder aber auch nur  anspricht. Gerade bei den Systemen von Games Workshop gibt es eigentlich nur eine Fraktion, die aus Frauen besteht und diese wird immer wieder gerne marginalisiert und ist sogar in den Regelbüchern Opfer von blutigen Gemetzeln geworden. Nur um das mal kurz klar zu machen: GW hat mindestens 60% des Marktes weltweit und ist die klassische Einstiegsdroge für diese Spiele. Neue Spieler werden also an eine düstere Sci-Fi oder Fantasywelt herangeführt, in der Rasse keine Rolle spielt und Frauen nur als Opfer stattfinden. Es werden also Produkte produziert die stereotypisch auf die hauptsächliche Käuferschaft abzielen anstatt Produkte zu kreieren, die den Markt öffnen können.

Doch es gibt da auch schon Licht. In anderen Spielsystemen haben Frauen eine größere Rolle. Das Spiel Infinity, das ich selbst spiele, hat etliche starke Frauenrollen und obwohl es durch seine mangaeske Gestaltung und die teilweise vorhandenen Pin-Up Model Miniaturen durchaus klischeehafte Frauenbilder hat, finden sich eben auch starke eigenständige Frauen und sogar Einheiten, deren ganze Geschichte auf radikalem Feminismus beruhen. Es gibt sogar variable Frauenbilder zu finden in solchen Spielen wie Carnevale. Dort findet man auch alte oder beleibte Frauen. Dasselbe gilt für das Steampunkspiel Wolsung, in dem man Frauen findet, die Wissenschaft betreiben und für die man neben der sexy Miniatur auch eine findet, die nicht halb nackt ist. Was alle diese Spiele dazu noch hervorhebt ist, dass es hier auch eine mehr oder minder beschränkte kulturelle Vielfalt unter den Fraktionen gibt. Es gibt eben neben weißen Männern auch Massai, Asiaten oder Katzenwesen.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die Sensibilitäten dieser Spiele sehr stark von dem Eindruck bestimmt sind, dass die Zielgruppe aus weißen Männern mit anglo-amerikanischem ((Ich fühle mich als Deutscher zum Beispiel mit vielen 2. Weltkriegsspielen nicht wohl. Hier wird halt auch die Seite glorifiziert, die zwar meine ist, die ich aber wirklich verabscheue.)) Hintergrund besteht. Dabei sind diese Spiele eigentlich ein tolles Hobby für jeden. Sie sind sozial, interaktiv, handwerklich und kognitiv fordernd. Ich würde mich freuen, wenn mehr Mädchen ihre Riot Grrlz losschicken um den Jungs in den Arsch zu treten. Doch dafür müssten sie diese erst einmal finden und den Mut besitzen in die leicht abgestandenen Gamerhallen zu gehen, die sehr oft diese maskulin-abschreckende Aura haben, die ihnen aus zuvielen Jahren geschlechtlicher Monokultur aufgeholfen wurde.

Vielleicht sollten wir mal Mädchengamertage machen…