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Gewalt und Lehrer… – über ein falsches Berufsbild

Gestern oder so ging dieser Artikel vom Spiegel rum, in dem gar schauerlichste Dinge über das Lehrerdasein berichtet werden. Laut einer Studie wurden 6% der Lehrer Opfer von körperlicher Gewalt und run ein Viertel von psychischer Gewalt.

So ausm Gefühl raus, könnte das stimmen. Nach Schularten aufgerechnet würde es da sehr schnell sehr nüchtern werden. Ich möchte aber mal eine zweite Dimension aufführen: das ist leider auch Berufsrisiko. Lehrerinnen und Lehrer arbeiten in einem sozialen Rahmen, im Direktkontakt und das bedeutet auch, dass die sozialen Querschläger da auch dabei sind. Schön ist das nicht, vermeidbar ist es aber auch nicht. So, jetzt kann das alles beklagt werden und das ist wohl auch die Reaktion auf den Artikel, allein bringen tut es nix. Genauso übrigens wie der Appell bayrischer Lehrerinnen und Lehrer gegen Hassprache. Die Erfahrung hat ja gezeigt, dass solche Appelle sofort dazu führen, dass sich Schülerinnen und Schüler besser verhalten.

Also, was tun? Zuerst einmal anerkennen, dass Gewalt von Schülerinnen und Schülern schlicht nicht verhinderbar ist. Pädagogik ist eine Zielaufgabe, keine Verhinderungsmöglichkeit. Wir erziehen Menschen zu etwas. Wenn das klar ist, dann gibt es zwei Wege, die beide was mit Lehrerbildung zu tun haben: zum einen braucht es in der Lehrerbildung endlich mal eine Vorbereitung auf das Lehrerleben, zu dem auch ein Resilienztraining gehört, zum anderen würde es schon mal helfen, den Beruf als das darzustellen was er ist: eine soziale Arbeit, bei der soziale Interaktion und damit kompetentes pädagogisches Handeln notwendig ist. Aus meiner Erfahrung wird von allen Beteiligten viel zu viel über Pädagogik geschwafelt anstatt sich die Frage zu stellen, was konkret gemacht werden soll. Wenn junge Menschen sich entscheiden Lehrerin und Lehrer zu werden, dann sollte denen klar gemacht werden, welchen Beruf sie sich da zulegen. Ein Beruf, in dem die größte Herausforderung nicht ist, irgendwelche Zettel rot anzumalen, sondern im Angesicht des anderen Menschen authentisch zu sein und zu handeln. Bildungsvermittlung und Erziehung sind alles soziale Prozesse. Das Soziale ist aber zu selten Thema in der Diskussion um Lehrerbildung und diese Diskussion über Gewalt greift, wie immer, zu kurz.

Der Sinn und Unsinn von Kritik

Als Lehrer ist man hauptberuflich Kritiker und das wird einem auch gerne mal vorgeworfen. Wir Lehrer sind unangenehme Zeitgenossen, die immer alles besser wissen oder klugscheißen müssen und sich für schlauer halten als alle anderen Menschen.

Nun mag es das geben, aber für mich gesprochen erlaube ich mir im professionellen Umfeld Kritik und Urteil, und das nur in Bereichen in denen ich mich auszukennen glaube. ((Und in denen in den ich nur gesundes Halbwissen habrei ode, formuliere ich meine Annahmen auch meist so.)) Das ist einer der Gründe, warum mich verbessernde Kommentare unter Folgen des WRINT Politikunterrichts nicht stören sondern freuen. Ich gehe gar nicht davon aus, dass ich jedes Detail, was ich so erzähle richtig weiß. Das Miteinander im Wissen schaffen macht nicht nur mehr Spaß, es ist auch effektiver.

Doch es gibt auch Bereiche in denen ich von meinem Wissen und meinen Fähigkeiten überzeugt bin. Die großen sind die englische Sprache und Politik und Gesellschaft im Überblick ((Seht ihr, da ist schon eine Einschränkung drin!)) gefolgt von Psychologie, Soziologie und Pädagogik. In diesen Bereichen erlaube ich es mir andere Leute zu kritisieren. Das hat auch etwas mit dem Job zu tun. Es gehört dazu, dass man als Lehrer kritisiert, was allerdings auch bedeutet, dass man auch lernt, wie man kritisiert und warum.

Fangen wir mit dem warum an. Die landläufige Ansicht ist, dass Kritik gleichbedeutend mit Meinungsäußerung ist. Das ist sie aber nicht, Kritik hat den Zweck eine Verbesserung der Zustände zu erreichen in dem eine alternative Sichtweise geboten wird. Diese sollte fundiert sein und eine Begründung beinhalten, die sachbezogen, zielgerichtet und folgerichtig ist. Als Lehrer ist das einfach, weil man da den Wissensvorsprung hat, aber selbst als solcher sollte man aufpassen, was das Ziel der eigenen Kritik ist. Hilft es der Person, die ich kritisiere oder ist es sinnfrei oder verschlimmert es das Problem sogar? Eine ziellose Kritik verringert die eigene Glaubwürdigkeit und kann im Zweifel dazu führen, dass die Person gegenüber sich fragt, warum man sie aufbringt. Dann ist es keine Kritik mehr, sondern ein Angriff. Man braucht also immer ein Ziel.

Dazu macht hier der Ton die Musik. Kritik, die sachlich oder sogar wohlwollend (ohne herablassend zu sein) vorgetragen wird, funktioniert ziemlich gut. Sie ist das, was die Leute immer mit konstruktiv bezeichnen. Es ist ja nicht so, als wären alle Menschen bornierte Deppen, die fehlerbelastet durch das Leben gehen wollen. Doch was sie auch nicht möchten ist, als solche hingestellt zu werden. Stattdessen möchten die meisten Menschen ernst genommen werden ((auch und besonders Kinder!)) und deswegen hilft es Kritik freundlich und vorsichtig vorzutragen. Das Geschreie und die Besserwisserei, die sich oft als Kritik zu tarnen versucht ist eben keine mehr sondern eine Anschuldigung, die das oben genannte Ziel von Kritik schlicht unerreichbar macht. Wenn die Absicht ist die Welt zu einem besseren Ort zu machen, Wissen und Erfahrung zu teilen und Aufmerksamkeit für Probleme zu generieren, dann spielt nicht nur der relevante Inhalt sondern auch die Art, wie er an die Frau gebracht wird, eine Rolle.

Kritik ist also nichts, was mit Schildern oder durch Schreien geäußert wird. Kritik ist etwas, dass in seinem Inhalt und seiner Form die Person, die man kritisiert respektieren muss.