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Freiheit und Gleichheit

Wir leben in einer Welt in der verschiedene Dichotomien ((Ja, es wird hier jetzt Fremdwörter geben. Das hier ist ziemlich ernst gemeint.)) verschwunden sind, die noch vor 20 Jahren allgemeingültig waren. Eine der größten ist sicherlich die zwischen Kommunismus und Kapitalismus. ((Ihr merkt, keine Links. Ich erklär die beiden Sachen eh hier.)) Dieser Unterschied endete zumindest für die „westliche Welt“ mit den friedlichen Revolutionen der 90er Jahre. Seitdem herrscht eigentlich nur noch der Kapitalismus und mit ihm das Paradigma der liberalen Ideen. „Untergegangen“ sind der Kommunismus und damit das Paradigma der Gleichheit. ((Gregor Gysi meinte schon in den 90ern, dass der Kapitalismus übrig geblieben ist und nicht gesiegt hat. Er hat da übrigens recht.))

Liberalismus

Diese beiden Werte, Freiheit und Gleichheit, stehen sich eigentlich schon mindestens seit Beginn der Industrialisierung gegenüber. Die entsprechenden Philosophien beruhen auf einem eher protestantisch-christlichen und auf einem atheistisch-materialistischen Weltbild. Die liberalen Gedanken drehen sich schon immer um die Frage des Eigentums. Angefangen mit John Locke stand immer die Frage im Mittelpunkt, wie man das eigene Eigentum im gesetzeslosen Naturzustand schützen kann. Das Eigentum erwirbt man in dem man seine eigene Arbeitskraft mit der von Gott gegeben Natur vermischt. Damit sehen wir auch schon, dass hier Freiheit wirklich bedeutet, dass jeder tun und lassen kann, was er will. Gleichheit kommt maximal als grundlegende Chancengleichheit vor. Das bedeutet, dass jeder sich so weit entwickeln kann, wie er kann. ((Oder im protestantischen Sinne: wie Gott es für ihn oder sie vorgesehen hat.)) Wer wenig kann, kann halt auch wenig erreichen. Diese Chancengleichheit bedeutet auch, dass die grundlegende Gerechtigkeit in einer liberalen Gesellschaft darauf beruht, dass jedem das zukommt, was er qua seiner Anlagen verdient.

Da gibt es natürlich auch ein paar Probleme aus denen dann die entsprechende politische Philosophie erwächst. Denn wenn ich in einer Welt lebe, in der ich viel Wohlstand anhäufen kann, in dem ich mein Potenzial voll ausnutze, dann habe ich eigentlich nur eine Sorge: dass die Freiheit der anderen so weit geht, dass sie es mir wegnehmen können. Und das ist der einzige Grund, warum wir laut den liberalen Theorien einen Staat brauchen. ((Okay, Locke entwirft dann die erste Verfassung, die eine Demokratie vorsieht und ist da relativ spannend, aber bis dahin ist das halt die Basis des Liberalen.)) Das findet dann seine extreme Form im Liberalismus von John Rawls und in den Theorien des Libertarismus, bei denen Staaten ganz klar nur dafür da sind, eine grundlegende Notversorgung des Einzelnen vorzunehmen ((Und teilweise nicht einmal das…)) und ansonsten gar nicht in die Wirtschaft oder die Gesellschaft einzugreifen. ((Große Proponentin hier ist Ayn Rand.))

Der Liberalismus ist also die Philosophie der Freiheit. Dabei sind wir alle so frei, dass sich im Zweifel auch niemand darum kümmert, wenn wir in Not sind. Dies ist der Freiheitsbegriff, den zum Beispiel die FDP anhängt. Freiheit als Prinzip des Politischen bedeutet, dass der Einzelne viel erreichen kann, aber halt auch frei ist daran zugrunde zu gehen. Sie ist nicht wirklich freundlich, wie auch liberale Ideen des Sozialsstaates nicht freundlich sind. Sie gehen immer davon aus, dass der Einzelne selbst an seinem Schicksal schuld ist, weil er ist ja frei daran etwas zu ändern. Und wenn es Drittfaktoren gibt, dann hat man halt Pech gehabt und soll das Beste daraus machen. Auch dann hängt es nur an dir.

Kommunismus/Sozialismus

Ganz anders sieht es da bei den politischen Philosophien aus, die auf Gleichheit aus sind. Diese Ideen kommen auch aus einer Betrachtung von Wirtschaft und vor allem, was die Wirtschaft mit Menschen macht. Während also der Liberalismus sich mit der Frage beschäftigt, wie man den einzelnen in der Wirtschaft beschützen kann, fragt sich der Kommunismus wie man den ihn davor beschützen kann, dass er im Kapitalismus seine Menschlichkeit verliert. Karl Marx sagt an der Stelle, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt und wenn man in der Industrie arbeitet, dann wird man zu einer Art Maschine, die immer nur wirtschaftliche produziert und zwar zum Wohle anderer. Es geht Marx also irgendwie um die Frage, was der Kapitalismus mit denen macht, die im Kapitalismus keine Macht haben. Also diejenigen, die nach der Logik des Liberalismus soundso nichts Höheres verdient haben. ((Der vergisst da übrigens, dass jeder von uns seine Chancengleichheit von seinen Vorfahren vererbt bekommt.))

Seine Analyse ist dann halt auch die, dass es diesen Menschen, die im Kapitalismus unten stehen, eigentlich mehr hilft sich zu kollektivieren. Denn das einzige, was die Massen für sich als Vorteil haben ist die Tatsache, dass sie die Massen sind. Es können halt sehr viele Menschen an kleinen Positionen die Welt stürzen. Das ist auch schön und gut, allerdings muss dann verhindert werden, dass wieder eine Ungerechtigkeit auf der Basis von Chancengleichheit entsteht. Da diese auf dem Konzept der Freiheit beruht, muss also ein anderes Konzept her und dieses ist Gleichheit. Gleichheit ist die Gerechtigkeit, die jedem dasselbe gibt, unabhängig davon, was er kann. ((Also das Gegenteil von Freiheit.)) Aus der Sicht der Kommunisten ist diese Gleichheit dann halt auch die ultimative Freiheit, weil wenn alle gleich sind, sind alle gleich frei und können nicht vom anderen unterdrückt werden. ((Hat nicht funktioniert… Wenige waren gleicher als der Rest.))

Allerdings ist das dann auch nicht so romantisch. Schliesslich bedeutet Gleichheit für alle auch, dass ein Staat diese Gleichheit immer gewähren muss. Da wir von Natur aus unterschiedliche Eigenschaften haben, führt dies zu einem Szenario in dem man die Menschen mit hohem Potenzial bremsen muss und die mit weniger Potenzial ewig anschiebt. Letzteres ist für eine Volkswirtschaft problematisch und ersteres führt im Zweifel zu Staatsterrorismus. Da gerade dieser Staatsterrorismus das Bild des Kommunismus prägt, ist es natürlich nicht verwunderlich, dass Gleichheitsphilosophien eher verpönt sind.

Abwägungen

Wenn man sich das jetzt so ansieht, dann stellt man fest, dass man eigentlich in keiner dieser Welten leben will und derzeit in einer davon lebt. Wir leben in der liberal-libertären Welt der Chancengleichheit in der der Staat sich immer weiter zurückzieht und der wirtschaftliche Erfolg alles ist. Das führt halt dann auch dazu, dass wir wieder Entwicklungen zu einem modernen Proletariat haben. ((Nur diesmal wird diesem sogar noch erzählt, dass es an seiner Lage selbst schuld ist und die Leute glauben das.)) Also müssen wir zu einer größeren Gleichheitskomponente in der Politik zurück. Die Politik muss halt mehr langfristige Ungleichheiten ausgleichen, damit zum einen irgendwie der Frieden bewahrt wird ((Nicht vergessen: Marx sagt die proletarische Revolution voraus, wenn die Proletarier zu prekär leben.)) und zum anderen der Staatsauftrag ((Fürsorge für die Bevölkerung.)) zumindest grundlegend erfüllt wird.

Das Perfide ist nun, dass heutzutage jeder sich für einen Kapitalisten hält und es zu einen Mem geworden ist, das sich die anderen nicht genug anstrengen und man sich selbst nur genug anstrengen muss, damit es klappt. Dem ist aber gerade bei einem Blick in die Bildungssoziologie nicht so. Solange Menschen aus Gründen der Sozialstruktur von Bildungsmöglichkeiten abgehalten werden, solange braucht man diesen Käse gar nicht glauben. Trotzdem wird es immer wieder getan. Wir glauben, dass wir nur mehr Freiheit brauchen, damit wir besser dran sind, aber die meisten wären eigentlich besser dran, wenn sie weniger Freiheit und mehr Staatseingriff hätten.